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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 12

Erste Beratung

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/4452


Bei der ersten Beratung bringt die Landesregierung den Gesetzentwurf ein. - Frau Zieschang, bitte.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Unsere Demokratie ist eine großartige Errungenschaft, die tagtäglich gelebt und vor allem auch geschützt werden muss.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben das von Anfang an gewusst und haben Sicherungen vorgesehen. Eine dieser Sicherungen ist der Verfassungsschutz. Das ist auch in Sachsen-Anhalt gesetzlich so vorgesehen. Dieses Gesetz soll nun auf den aktuellen Stand gebracht werden.

Als Frühwarnsystem hat der Verfassungsschutz die Aufgabe, Bedrohungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung frühzeitig zu erkennen, zu analysieren und darüber zu informieren; denn niemand soll sagen können, er habe es nicht gewusst.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, jede Form des Extremismus in den Blick zu nehmen. Der Verfassungsschutz ist auf keinem Auge blind. Daher beobachtet er den Rechtsextremismus genauso sorgfältig wie den Linksextremismus oder den Islamismus in Sachsen-Anhalt. Die Demokratie muss sich auf allen Gebieten als wehrhaft und handlungsfähig zeigen. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes, potenzielle Bedrohungen zu identifizieren und zu beobachten, ist ein unabdingbarer Baustein unserer Sicherheitsarchitektur.

Der Verfassungsschutz ist daher eine der zentralen Institutionen, die dafür sorgen, dass unsere Demokratie vor Bedrohung von innen und außen geschützt wird. Diese Arbeit ist von unschätzbarem Wert.

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU)

Die Arbeit des Verfassungsschutzes erfolgt nicht im luftleeren Raum. Sie unterliegt zum einen einer besonderen parlamentarischen Kontrolle. Und zum anderen sind Maßnahmen und Entscheidungen des Verfassungsschutzes gerichtlich überprüfbar. Die Arbeit des Verfassungsschutzes hat im Rahmen der Gesetze und unter Wahrung der Grundrechte zu erfolgen. Deshalb greift dieser Gesetzentwurf aktuelle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes auf.

Was sagt das Bundesverfassungsgericht genau? - Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Bayerischen Verfassungsschutzgesetz im April 2022 klargestellt, dass die Datenerhebung und Datenübermittlung der Verfassungsschutzbehörden strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen unterliegt. 

Im Beschluss vom September 2022 hat das Bundesverfassungsgericht die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes kritisch beleuchtet. Insbesondere ging es um die Weitergabe von personenbezogenen Daten an andere Stellen. Diese Praxis muss zukünftig strenger kontrolliert und klarer geregelt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2022 in seinem Beschluss zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern grundlegende Erwägungen zum Kernbereichsschutz beim Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauenspersonen angestellt. Mit der vorliegenden Novelle zum Verfassungsschutz wollen wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umsetzen und damit die Rechtsgrundlagen für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel sowie den Schutz der persönlichen Freiheit deutlich verbessern.

Was wird nun konkret geregelt? - Der Schutz des Kernbereiches persönlicher Lebensgestaltung wird gestärkt. Die neuen Regelungen stellen sicher, dass in den besonders sensiblen Bereichen des Privatlebens keine staatlichen Eingriffe ohne strikte verfassungsrechtliche Grundlagen erfolgen dürfen. Dies betrifft insbesondere den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen. Damit regeln wir unter anderem auch gesetzlich, was zuvor bei uns bereits gegolten hat, nämlich das Verbot intimer Beziehungen zwischen verdeckten Mitarbeitern und Vertrauenspersonen mit der jeweiligen Zielperson.

Der Einsatz von längerfristigen Observationen durch verdeckte Mitarbeiter und Vertrauenspersonen darf nur unter strengen Auflagen und bei erhöhter Eingriffsintensität nur mit vorheriger gerichtlicher Genehmigung erfolgen. Wir schaffen damit klare und rechtsstaatlich fundierte Grenzen für den Einsatz dieser nachrichtendienstlichen Mittel.

Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere staatliche Stellen wird klarer und restriktiver geregelt. Wir stellen sicher, dass personenbezogene Daten nur weitergegeben werden, wenn dies zwingend erforderlich und verfassungsrechtlich zulässig ist.

Zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit führen wir eine unabhängige Vorabkontrolle für den Einsatz spezifischer nachrichtendienstlicher Mittel ein. Diese Kontrolle wird von einer unabhängigen Instanz ausgeübt und stellt sicher, dass alle Maßnahmen auf ihre Rechtmäßigkeit hin geprüft werden, bevor sie zum Einsatz kommen.

Manche mögen argumentieren, dass wir mit diesem Gesetzentwurf die Arbeit des Verfassungsschutzes unnötig erschweren. Für mich ist entscheidend: Nur eine Verfassungsschutzbehörde, die sich strikt an rechtsstaatliche Prinzipien hält, kann das Vertrauen der Bevölkerung genießen. Vertrauen ist die Grundlage jeder erfolgreichen Sicherheitsarbeit. Ohne dieses Vertrauen verlieren wir den Rückhalt, den wir brauchen, um Extremismus und Terrorismus effektiv zu bekämpfen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke.