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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung): 

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema des vorliegenden Antrages beschäftigt die Landesregierung seit Jahren. Bereits Ende 2018 - Frau Hohmann, Sie haben es erwähnt - wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Problematik der Rentenüberleitung befasst hat und die Ungerechtigkeiten und Fehler bei der Zusammenführung zweier doch sehr unterschiedlicher Rentenversicherungssysteme aufzeigen sollte. Dabei wurde eine Vielzahl von Personengruppen und Versicherungstatbeständen untersucht, um sich ein Bild über den Umfang des Kreises der Betroffenen zu verschaffen. Damals war festzustellen, dass dieser Personenkreis statistisch nicht erfasst wurde, sodass eine halbwegs verlässliche Zahl der potenziell Anspruchsberechtigten nicht ermittelbar war. 

Auch wenn sich die Arbeitsgruppe nicht mit dem Umfang und mit der Höhe der Leistung befasst hat, war aufgrund der Forderungen der Betroffenen sehr schnell klar, dass ein Härtefallfonds deren Erwartungen nicht gerecht werden würde. Dies hat uns bzw. die regierungstragenden Parteien in der aktuellen Landesregierung bereits dazu veranlasst, im Koalitionsvertrag die Errichtung eines Gerechtigkeitsfonds zu fordern. 

Die Bundesregierung hat nun am 18. November 2022 die Errichtung einer Stiftung unter dem Titel „Abmilderung von Härtefällen aus der Ost-West-Rentenüberleitung, für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler“ beschlossen. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir, im Einzelnen auszuführen, für welchen Personenkreis überhaupt eine Anspruchsberechtigung bestehen wird.

Die Leistung der Stiftung richtet sich an Personen, die am 1. Januar 2021 eine Rente bzw. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem monatlichen Zahlbetrag von insgesamt weniger als 830 € netto bezogen und am 1. Januar 1992 das 40. Lebensjahr bereits vollendet hatten. Zudem mussten diese Personen im Beitrittsgebiet mindestens zehn Jahre bei der Deutschen Reichsbahn, bei der Deutschen Post oder im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt gewesen sein oder mindestens vier Jahre mit der Pflege von Familienangehörigen beschäftigt gewesen sein und zur Wahrnehmung dieser Pflegetätigkeit ihre vorherige Beschäftigung vollständig aufgegeben haben oder mindestens fünf Jahre mit einer bergmännischen Tätigkeit, in der Karbochemie oder Braunkohleveredelung beschäftigt gewesen sein. 

Anspruchsberechtigt sind auch Personen, die für insgesamt mindestens zehn Jahre unter Aufgabe der eigenen beruflichen Beschäftigung mit dem Ehegatten für einen dienstlichen Aufenthalt in das Ausland gereist waren, oder nach DDR-Recht Geschiedene nach mindestens zehnjähriger Ehe, die während der Ehezeit mindestens ein Kind erzogen hatten, oder Balletttänzerinnen, die nach Beendigung der aktiven Laufbahn eine berufsbezogene Zuwendung bezogen und deren Rente nach dem 31. Dezember 1996 begann. 

Spätaussiedlerinnen bzw. Spätaussiedler sowie jüdische Kontingentflüchtlinge sind ebenfalls anspruchsberechtigt, wenn sie vor dem 1. April 2012 in Deutschland aufgenommen wurden und bei der Aufnahme das 50. bzw. 40. Lebensjahr vollendet hatten.

Es ist schon erwähnt worden, dem genannten Personenkreis wird bekanntermaßen eine einmalige pauschale Geldleistung in Höhe von 2 500 € gezahlt. Die Leistung erfolgt auf freiwilliger Basis ohne Anerkennung einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht. Aus der Sicht der Betroffenenverbände erfüllt diese Höhe jedoch nicht einmal im Ansatz die Erwartungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Länder können der Stiftung spätestens bis zum 31. März 2023 beitreten, wenn sie sich dazu verpflichten, ihren finanziellen Anteil für die von ihnen zu tragende pauschale Einmalzahlung für die zwei bzw. drei Personengruppen einzubringen. Dann würde sich die einmalige Entschädigungssumme auf 5 000 € erhöhen. Allerdings haben die Länder darüber hinaus keinen Einfluss auf die Höhe der Entschädigungsleistung. Bis auf Mecklenburg-Vorpommern hat sich bisher kein anderes ostdeutsches Bundesland für einen Beitritt zu dieser Stiftung ausgesprochen. 

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt sieht den Bund in der rentenrechtlichen Nachregulierungspflicht. Sie steht im Austausch mit den ostdeutschen Ländern, zuletzt bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 8. Dezember 2022. Davor tagte schon die Arbeits- und Sozialministerkonferenz, die sich auch nicht auf eine gemeinsame Beschlusslage und eine tragfähige Lösung einigen konnte. Deshalb sollen die Gespräche fortgeführt werden. 

Deswegen bin ich den Regierungsfraktionen sehr dankbar, dass wir als Landesregierung mit dem vorliegenden Alternativantrag noch einmal darum gebeten werden zu prüfen, ob ein Beitritt des Landes zur Stiftung und damit eine Erhöhung der einmaligen Entschädigungssumme in Betracht kommt. 

Ich kann Ihnen versichern, dass es sich die Landesregierung in der bis zum 31. März 2023 geltenden Frist nicht einfach machen wird, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu gelangen. Es stehen immerhin 30 Millionen € im Raum. Das ist sicherlich ein sehr hoher Betrag, aber im Sinne der Rentengerechtigkeit ggf. notwendig. 

Immerhin - das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart - bedarf es einer Lösung, um die Verzerrungen im Rentensystem zwischen Ost und West auszugleichen. Ob ein gerechter Ausgleich durch einen einmaligen Betrag in Höhe von 2 500 € gelingt, erscheint mehr als erörterungsbedürftig. Wir werden uns daher im Kabinett mit dem Prüfauftrag in dem vorliegenden Alternativantrag der Koalitionsfraktionen intensiv befassen. - Herzlichen Dank. 

(Zustimmung bei der SPD)