Ulrich Thomas (CDU):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Geschichte der Sonntagsöffnungszeiten vor Augen führt, dann wird man feststellen, viele Kommunen, viele Gemeinden hatten Sonntagsöffnungszeiten geplant, hatten Feste organisiert, hatten gesagt, kommt zu uns in die Stadt, ihr könnt hier ein Erlebnis haben, ihr könnt essen, ihr könnt einkaufen, ihr könnt eine schöne Zeit haben. Zum Schluss wurde am Freitagnachmittag durch Gewerkschaften oder andere Organisationen gerichtlich erwirkt, dass diese Sonntagsöffnungszeiten nicht genehmigt wurden. Das ist, glaube ich, ein Zustand, den wir nicht wollen. Wir wollen Planungssicherheit für alle, für diejenigen, die es veranstalten wollen, und auch für die Kunden. Deswegen ist es richtig, dass wir mit diesem neuen Gesetz Rechtssicherheit schaffen, sodass wir auch in Zukunft sagen können, jawohl, was ihr hier veranstaltet, das wird dann auch genehmigt.
(Zustimmung von Alexander Räuscher, CDU)
Meine Damen und Herren! Wenn man sich das Einkaufen einmal vor Augen führt, dann ist ja viel Psychologie dabei. Natürlich ist beim Einkaufen heutzutage, wenn man es sich einmal vom Onlinehandel zum Einzelhandel vor Ort anschaut, viel Psychologie dabei. Ich kann mich sonntagsnachmittags auch auf meine Couch setzen und meinen Laptop nehmen und bei Onlineversandhändlern einfach klick machen. Komischerweise habe ich das Produkt auch am Montagnachmittag. Also scheint auch der Onlineversand sonntags zu arbeiten. Das ist eine Wettbewerbssituation. Der muss man sich stellen. Die Gelder fließen dann nicht vor Ort ab, sondern sie fließen in das Internet ab und die Wertschöpfung vor Ort ist nicht da. Wir als CDU-Fraktion stehen stark dafür, dass wir Wertschöpfung vor Ort wollen. Wir wollen die Kommunen stärken.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir wollen - das will ich ganz deutlich sagen - lebendige Innenstädte.
Gucken wir es uns einmal an. In den letzten zwei Jahren ist durch Corona, glaube ich, kaum eine Branche so gebeutelt worden wie der Einzelhandel: auf, zu, mit Maske, ohne Maske. Gartencenter durften aufmachen, die Einzelhändler mussten zumachen. Keiner hat es verstanden. Wir haben uns hier über Quadratmeterzahlen unterhalten, ab wann was erlaubt ist. Das hat dazu geführt - das können wir doch nicht ignorieren, liebe Kollegen von der LINKEN , dass sich das Einkaufsverhalten vieler Menschen geändert hat. Sie haben gesagt, wir gehen nicht mehr los, sondern machen klick von zu Hause aus.
Wir haben dann aber genau diese Diskussion in den Stadträten und Kommunalparlamenten. Wir haben Leerstand in den Innenstädten. Wir haben den Einzelhändler, der sagt, ich schaffe es nicht mehr.
Nun überlegen wir, wie können wir wieder zu einem Erlebnis, zu einer Belebung der Innenstädte kommen. Dafür machen wir ein Angebot. Wir machen nicht mehr als ein Angebot und sagen, neben den bisher, ja, gesellschaftlich akzeptierten vier Sonntagen geben wir euch in den Jahren 2023 und 2024 die Möglichkeit - ich will es deutlich sagen; es ist doch kein Zwang , noch an zwei Sonntagen zusätzlich zu öffnen. Wenn ihr es nutzen wollt, dann probiert es, wenn nicht, dann ist es eure Entscheidung vor Ort.
Daraus zu folgern, wir würden die Unternehmen oder gar die Beschäftigten in eine Zwangslage bringen, das ist die linke Abenteuerlichkeit, von der ich manchmal nachts träume und dann schweißgebadet wach werde.
(Lachen bei der CDU und bei der LINKEN)
Zum Schluss entscheidet immer noch der Unternehmer selber, schließe ich meinen Laden auf oder schließe ich ihn nicht auf. Wenn er ihn sonntags aufschließt, dann wird er dies mit einem guten Gefühl tun.
Kollege Meister, neben Ihnen sitzt eine Kollegin aus Quedlinburg, einer Welterbestadt, die genau weiß, dass wir gerade am Wochenende eine hohe Frequentierung von Touristen haben. Deshalb gibt es ein hohes Interesse daran zu sagen, wir möchten die Möglichkeit haben, diesen Touristen auch Einkaufsmöglichkeiten zu geben; denn zum Schluss sitzt eine Familie, so wie ich sie kennengelernt habe, unter Umständen Sonntag früh am Frühstückstisch und fragt sich, wo fahren wir heute hin.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Einkaufen!)
Fahren wir in den Tierpark oder fahren wir einkaufen,
(Eva von Angern, DIE LINKE: Nein!)
machen wir etwas gemeinsam? Egal, wofür sie sich entscheidet,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Bei uns findet Sinnstiftung woanders statt!)
entscheidend ist,
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Thomas, Sie kommen jetzt bitte schnell zur Entscheidung.
Ulrich Thomas (CDU):
diese Familie entscheidet sich dafür, etwas gemeinsam zu machen. Wenn das ein Einkaufserlebnis ist, mein Gott, dann sollten wir es ihnen gönnen. Deswegen, denke ich, ist es ein guter Kompromiss, den wir vorgeschlagen haben, auch in dem Sinne, was die Ergebnisse der Coronapandemie sind. Ich werbe für Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Wir werden darüber aber natürlich noch in den Ausschüssen diskutieren. - Damit wäre ich am Ende. Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Thomas kam zur Entscheidung, indem er nämlich für die Ausschussüberweisung geworben hat. - Frau Sziborra-Seidlitz? - Frau Sziborra-Seidlitz hat eine Frage.
(Marco Tullner, CDU: Könnt ihr das nicht in Quedlinburg klären! - Lachen bei der CDU)
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Das wollte ich gerade sagen. Ich bin ja persönlich angesprochen worden. Deswegen meine Frage - auch Sie kommen ja aus Quedlinburg : Ist Ihnen bewusst, dass die Geschäfte für den touristischen Bedarf, und das wird - das sind, glaube ich, unser beider Erfahrungen - sehr weit ausgelegt, ohnehin jeden Tag öffnen dürfen?
Ulrich Thomas (CDU):
Zunächst muss ich mit Verwunderung entgegennehmen, weil es jetzt von den GRÜNEN kommt und auch von der LINKEN kritisiert wurde, das Bundesland mit den meisten Öffnungstagen am Sonntag ist das Bundesland Berlin mit acht Öffnungsmöglichkeiten. Dass Sie sich jetzt darüber beschweren, wir würden, zeitlich befristet, von vier auf sechs gehen, verwundert mich. Das zeigt aber auch die Glaubwürdigkeit, dass Sie in Berlin das eine sagen und hier das andere. Das will ich nur einmal feststellen, für das Protokoll. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.
Frau Sziborra-Seidlitz, Sie haben das Problem genau richtig skizziert. Wenn jemand touristische Erzeugnisse zu mehr als 75 % verkauft und damit auch sonntags öffnen kann - Kollege Silbersack hat es richtig ausgeführt für Mecklenburg-Vorpommern , dann muten wir es ihm zu und sagen, wenn du es willst, dann mach es so. Das heißt Bürokratie! , jemand, der mehr als sechs verkaufsoffene Sonntage haben möchte, muss sein touristisches Angebot ausweiten. Ja, wie fair ist das denn? Es wird wieder etwas passend gemacht, damit es ins Bild passt. Das kann doch nicht unser Anspruch sein, sondern wir wollen doch eine mögliche Liberalisierung. Wir wollen doch den Leuten die Möglichkeit geben, daran teilzunehmen. Deshalb läuft dieses Argument vollkommen ins Leere.
Ich will noch einmal dafür werben, dass wir den Städten die Möglichkeit geben, durch Aktionen, durch Stadtfeste, durch andere historische Feste verkaufsoffene Sonntage zu ermöglichen. Dann unterhalten wir uns, Herr Gallert, weil ich Sie gerade in der Blickachse habe, in zwei Jahren gern wieder darüber, ob es ein Erfolg war oder ob der Einzelhandel sagt, um Gottes willen, was ihr uns verordnet habt, das war alles ganz schlimm und hat uns geschadet. Ich sage aber heute schon, daran glaube ich nicht. - Vielen Dank.