Tagesordnungspunkt 31
Eine „Grüne Liste Prävention“ für Sachsen-Anhalt - Qualität durch zertifizierte Präventionsprogramme sichern
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/3403
Einbringerin ist Frau Hohmann. Frau Hohmann steht bereits vorn am Rednerpult. - Frau Hohmann, Sie haben das Wort.
Monika Hohmann (DIE LINKE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Deutschland gibt es eine unüberschaubare Fülle von Präventionsprogrammen. Nur wenige davon sind aussagekräftig evaluiert. Der Einsatz nicht effektiver Programme birgt das Risiko des vergeblichen Einsatzes von Ressourcen oder gar unerwünschter Ergebnisse. Programme hingegen, deren Wirksamkeit in wissenschaftlich gut abgesicherten Untersuchungen nachgewiesen wurde, können eine gute Investition der knappen Mittel darstellen.
Genau über diesen Sachverhalt haben wir im Bildungsausschuss mit Expertinnen diskutiert. Es sollte eigentlich eine gemeinsame Beratung des Bildungsausschusses mit dem Sozialausschuss werden.
(Unruhe)
Leider war die Teilnahme der Abgeordneten aus dem Sozialausschuss recht überschaubar. Was waren wesentliche Inhalte der Diskussion? Ich fasse es einmal kurz zusammen. Es kamen vermehrt Fragen zu Qualitätskriterien oder Hinweise darauf, dass bei einem Anbieter kritische Punkte bei der Durchführung des Präventionsangebots festgestellt wurden. Immer häufiger werden wir gefragt, ob wir Anbieter empfehlen können, um Präventionsangebote in den Schulen durchzuführen. Weiterhin ist die Frage zu beantworten, ob die vorhandenen Qualitätskriterien ausreichend sind oder ergänzt werden müssen, so die Vertreterin der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz von fjp-media.
Die Vertreterin des Bundesministeriums der Justiz und Verantwortliche des Arbeitsbereichs „evidenzbasierte entwicklungsförderliche Gewaltprävention“ antwortete auf die Frage nach einer eigenen Landestelle so - ich zitiere :
Die Frage, ob es eine Länderliste braucht, wird deswegen so verstanden, dass es darum geht, ob es darüber hinaus noch eine Liste mit Empfehlungen geben soll, die nur in Sachsen-Anhalt gilt oder die mehr regional verfügbare Programme umfasst. Dazu wäre unsere kurze fachliche Antwort: ja, unbedingt. Wir würden ein solches Vorhaben uneingeschränkt begrüßen. Sachsen-Anhalt könnte das erste Land sein, das eine solche Liste erstellt. Da es ein kleines Bundesland ist, wäre das vielleicht auch machbar. - Zitatende.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor Programme in die „Grüne Liste Prävention“ aufgenommen werden, müssen sie sich Auswahl- und Bewertungskriterien unterziehen. Dabei sind folgende Fragen zu stellen: Welche Programme können mit Aussicht auf Erfolg wo, wann und wie eingesetzt werden, um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen? Auf welche Weise beugen diese Programme der Entstehung oder der Verfestigung von Problemverhaltensweisen vor? Und schließlich: Was weiß man darüber, ob diese Programme funktionieren und zu welchen Ergebnissen sie führen?
Sehr geehrte Damen und Herren! Auch im Krisenordner, der an allen Schulen im Land Sachsen-Anhalt vorhanden ist, findet man auf den Seiten 209 bis 212 unter der Überschrift „Bewertung von Präventionsangeboten“ einige wichtige Hinweise. Auch wird hier auf die „Grüne Liste Prävention“ aufmerksam gemacht. Doch wenn man im Internet auf die „Grüne Liste Prävention“ klickt und dann die Suchwörter Sachsen-Anhalt eingibt, werden gerade einmal zwei Projekte angezeigt: „Be smart - don't start“, der Wettbewerb für rauchfreie Schulklassen mit einem Ansprechpartner aus Kiel, und das Projekt Prev@WORK - Suchtprävention in der Berufsausbildung - mit einem Ansprechpartner aus Berlin.
Das macht deutlich: Es sind nur bundesweite Angebote gelistet - keine Angebote aus Sachsen-Anhalt, keine regionalen Angebote. Somit stellt diese Liste nur eine minimale Unterstützung für Lehrkräfte dar.
Weiterhin findet man im Krisenordner der Schulen auch Ansprechpartner aus Sachsen-Anhalt. Allerdings ist zu hinterfragen, wie aktiv der Krisenordner vor Ort genutzt wird. Mir ist beim Lesen im Krisenordner aufgefallen, dass hier der Verein fjp-media mit seiner Servicestelle Kinder- und Jugendschutz ein wichtiger Ansprechpartner für Schulen ist. Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, dass gerade im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes die Förderung für einen zuverlässigen und gefragten Partner eingestellt werden soll und per Ausschreibung ein neuer Anbieter vorgesehen wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir kennen und wissen, dass es landesweit verschiedenste Präventionsangebote und Projekte gibt. Gerade bei Angeboten im Bereich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen durch Dritte, sowohl im analogen als auch im digitalen Raum, müssen wir sensibel und achtsam sein. Problematisch hierbei ist, dass es bei all diesen Angeboten nur verschwindend geringe Evaluationsangebote gibt, an denen sich Schulen, Kitas und andere Einrichtungen orientieren können. Sie können die Qualität des jeweils ausgewählten Angebots nur schwer abschätzen.
Hierbei geht es um hochsensible Bereiche, die eine ebenso hoch spezialisierte wie auch professionelle Herangehensweise erfordern, um einerseits bestehende Ressourcen sinnvoll einzusetzen und andererseits unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden.
Deshalb fordern wir in unserem Antrag eine Kooperation mit dem Landespräventionsrat und dem Landesjugendhilfeausschuss, um ein Zertifizierungsverfahren für die Evaluierung von regionalen und landesweiten Präventionsangeboten und -projekten zu erstellen. Nach erfolgreicher Evaluierung dieser Angebote und Projekte sind sie in einer öffentlich zugänglichen „Grünen Liste Prävention“ zu erfassen und zu veröffentlichen.
Davon würden Schulen, Kitas und andere Einrichtungen durchaus profitieren. Sie müssten nicht länger im Internet nach passenden Angeboten suchen und bräuchten sich nicht zu sorgen, ob die Qualität des Anbieters gegeben ist. Auch Eltern würden wissen, dass nur pädagogisch und fachlich geeignete Anbieter Projekte mit ihren Kindern umsetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere in der jetzigen Situation, in der Schulen öfter auf Präventionsprojekte zurückgreifen, um Unterrichtsausfälle zu kompensieren, und sie von uns als Haushaltsgesetzgeber mehr Budgets zur Eigenverantwortung zur Verfügung gestellt bekommen, sollten wir ihnen eine qualitative und übersichtliche „Grüne Liste Prävention“ anbieten.
(Beifall bei der LINKEN)
Gerade auch aufgrund der mit dem Bundeskinderschutzgesetz einhergehenden höheren Sensibilität sollten wir an der Schultür nicht die Augen verschließen.
(Beifall bei der LINKEN)
Uns muss es im Sinne des Kinderschutzes ein Anliegen sein zu wissen, wer Angebote in Schulen durchführt. Damit verhindern wir, dass sogenannte schwarze Schafe an unsere Schulen gelangen. Das Gleiche gilt auch für Kitas und weitere Einrichtungen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss habe ich doch noch eine Anmerkung. Beim Lesen der Redner*innenliste zu diesem Tagesordnungspunkt war ich etwas irritiert. Neben der Sozialministerin, die gleich reden wird, werden auch Abgeordnete der Koalition aus dem Sozialausschuss reden. Ich bin deshalb verwundert, da wir im Sozialausschuss noch nicht einmal über das Thema diskutiert haben und keiner der Abgeordneten, die dann reden werden, an dem Fachgespräch im Bildungsausschuss teilgenommen hat.
(Dr. Katja Pähle, SPD: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht, Frau Hohmann!)
- Reden Sie nachher dazu?
(Dr. Katja Pähle, SPD: Frau Gensecke war da! - Zuruf von Dr. Gunnar Schellenberger, CDU - Weitere Zurufe: Das stimmt nicht! - Marco Tullner, CDU: Lasst doch mal die Moni ausreden! - Eva von Angern, DIE LINKE: Ach, Herr Tullner!)
- Ich bin deshalb verwundert. Aber ich lass mich gern positiv überraschen.
Vielleicht können wir mit unserem Antrag dazu beitragen, dass wir über das Anliegen auch im Sozialausschuss diskutieren werden, wenn auch nicht bald, dann aber vielleicht doch auf der Grundlage des Selbstbefassungsantrages, der noch im Sozialausschuss vorliegt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Hohmann, das alles können wir gleich klären; denn Frau Pähle hat eine Frage und Sie werden diese bestimmt beantworten. Frau Pähle kann sie stellen. - Bitte sehr.
(Dr. Katja Pähle, SPD, spricht ohne Mikrofon - Marco Tullner, CDU: Mikro! - Lachen bei der CDU)
Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Herr Tullner.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das war jetzt abgesprochen! - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Die Lümmel von der letzten Bank!)
Wir haben gestern schon erlebt, dass die Rednerliste, die eingereicht wurde, manchmal nicht korrekt ist. Darum geht es mir gar nicht.
Mir geht es um eine andere Passage in der Rede. Werte Kollegin Hohmann, Sie haben auf die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz und auf den Träger hingewiesen. Ist Ihnen bekannt, dass die Förderung bei dem Träger FJP Media bis zum 31. Dezember 2024 - das ist kein Versprecher - abgesichert ist und die Arbeit an der Servicestelle deshalb aktuell so fortgesetzt werden kann, wie sie bisher sehr gut geleistet wurde?
(Zuruf von Tim Teßmann, CDU - Marco Tullner, CDU: Das ist aber ein billiges Argument!)
Ist Ihnen weiterhin bekannt, dass sich FJP Media in dem Verfahren natürlich auch um die Weiterführung der Servicestelle bewerben kann, wenn sie das will? Ist Ihnen das bekannt oder nicht?
(Zuruf von Marco Tullner, CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können antworten.
Monika Hohmann (DIE LINKE):
Ich denke, Frau Dr. Pähle, wir haben uns in den Ausschüssen und in den Finanzberatungen, als es um den Haushalt ging, sehr dazu positioniert.
(Stefan Ruland, CDU: Das war nicht die Frage!)
Natürlich hat FJP Media bis 2024 Bestand. Aber sie haben vom Sozialministerium Post erhalten - noch bevor wir unseren Haushalt heute hier verabschieden , dass ein Ende für das Jahr 2024 angelegt worden ist und dass sie
(Zuruf)
- doch, das Schreiben gibt es - darauf reagieren sollen. Sie müssen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann fristgemäß entlassen.
(Dr. Katja Pähle, SPD: Ein ganzes Jahr! Ein Jahr vorher! - Dr. Andreas Schmidt, SPD: Ein Jahr im Voraus! Das macht kein Träger im ganzen Land!)
- Ein Jahr vorher hat das Ministerium ein Schreiben an den Träger herausgegeben.
(Jörg Bernstein, FDP: Sonst wird immer Kurfristigkeit bemängelt!)
Wie gesagt, wir haben uns dazu verständigt. Ich denke, wir werden uns dazu auch in Zukunft noch austauschen. Denn neben den Schreiben, die wir erhalten, erhalten auch Sie jetzt natürlich die Schreiben aus den Landkreisen, die eine eindeutige Sprache sprechen.
Ich denke, wir sollten wir uns noch einmal tief in die Augen schauen, um herauszufinden, ob es wirklich klug war, so etwas zu tun.
(Zustimmung von Tim Teßmann, CDU - Marco Tullner, CDU: Dieser Vorgang ist noch nicht zu Ende!)
Frau Dr. Pähle, ich habe deshalb nur recht wenige genannt, weil in der Niederschrift bei den Anwesenden aus dem Sozialausschuss nur Frau Anger aufgeführt war. Frau Gensecke war nicht aufgeführt. Von ihr stand auch nichts im Protokoll.
(Dr. Katja Pähle, SPD: Aber sie war dort!)
Deshalb habe ich jetzt Aber sie redet ja. Ich weiß, dass sie gern redet.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Gut, das können wir jetzt, denke ich, als geklärt betrachten. Das müssen wir jetzt nicht weiter auswerten. Es gibt keine weiteren Fragen, Frau Hohmann; es ist in Ordnung.