Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Programm „Aktiv und selbstbestimmt - Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020“ hat die Landesregierung im Jahr 2008 herausgegeben. Es enthielt Leitlinien für die Seniorenpolitik sowie für Altenhilfe und Pflege, welche bis zum Jahr 2020 festgeschrieben wurden. Hierzu hat die Fraktion DIE LINKE jeweils Große Anfragen in der sechsten und siebenten Legislaturperiode mit teilweise ähnlichen Fragestellungen eingebracht, die umfänglich beantwortet wurden.
Die vorliegende Große Anfrage fokussiert ein weiteres Mal auf teils schon lange beendete Sachstände der seinerzeit im seniorenpolitischen Programm aufgeführten Maßnahmen und Projekte der Landesregierung. Darüber hinaus wird sozialpolitischen Fragestellungen zur Gruppe der Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt nachgegangen. Nicht zuletzt aufgrund des fortgesetzten demografischen Wandels und der zumeist als Projekte konzipierten Maßnahmen konnten diese eine solch lange Zeit nicht überdauern. Es hätte den heutigen Bedarfen und Interessenlagen von Seniorinnen und Senioren auch kaum mehr gerecht werden können.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die nun vorliegende Große Anfrage, zu deren Beantwortung das Ministerium für Inneres und Sport, das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz sowie das Ministerium für Infrastruktur und Digitales beteiligt worden sind, verfolgt zum wiederholten Mal das Ziel, eine abschließende Evaluierung dieser alten Maßnahmen und Projekte sowie die Abfrage des Sachstands weiterer seniorenpolitischer Initiativen seit 2019.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Für die Landesregierung möchte ich den Blick nach vorn richten und als Erstes grundsätzlich feststellen: Senior*innenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe und insbesondere im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung unter Einbeziehung einer Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren, gerade auch der Seniorinnen und Senioren selbst als Expert*innen in eigener Sache, umzusetzen.
(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)
Deshalb ist es auch zutreffender, von Leitlinien zu sprechen als von einem seniorenpolitischen Programm der Landesregierung. Die im seniorenpolitischen Programm von 2008 ausformulierten 24 Leitlinien sollten genau das zum Ausdruck bringen und den Fokus bewusst auf die mit den aufgeführten Maßnahmen und Projekten verbundenen Chancen für die Kommunen selbst lenken. Denn die Initiierung von dauerhaften Maßnahmen der Altenhilfe ist und bleibt Aufgabe der Kommunen, das kann hier nicht oft genug betont werden.
Wir sind hier nicht zentralistisch unterwegs, sondern wir leben von den Regionen und den Kommunen, und in der Altmark mögen bestimmte Projekte besser funktionieren als in Mansfeld-Südharz. Das sollen die Menschen vor Ort selbst entscheiden dürfen.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Marco Tullner, CDU)
Was ist nun mit den verschiedenen Maßnahmen und Projekten über die Jahre und im Ergebnis erreicht worden? Die Bewertung der Landesregierung hierzu ist ganz überwiegend positiv, sofern ihr dazu Erkenntnisse vorliegen. Das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung besteht darin, dass sie dem Land eben nicht Bericht erstatten muss, dazu keine Pflicht besteht und deshalb viele Fragen in den Regionen beantwortet und dort Informationen gegeben werden müssen.
Daraus folgt, dass die Landesregierung wegen fehlender Informationen bei nicht wenigen Fragestellungen keine Aussage über den Erfolg der Maßnahmen treffen kann, insbesondere dann nicht, wenn diese nicht durch Förderung des Landes unterstützt werden.
Gleichwohl bestätigten sich in der Bilanz der letzten Jahre Handlungsbedarfe, dass der Ansatz der Prävention und Gesundheitsförderung für Sachsen-Anhalt als Bundesland mit dem weiterhin höchsten Altenquotienten als besonders bedeutsam zu berücksichtigen ist.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, auch zu den weiteren Bereichen der Lebenssituation von Seniorinnen und Senioren, wie Digitalisierung, barrierefreies Wohnen und Mobilität, Vermeidung von Altersarmut und nicht zuletzt zu dem bedeutsamen Problem der Einsamkeit älterer Menschen, konnte gezeigt werden, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Möglichkeiten handelt.
Erlauben Sie mir aber einen Blick in die nähere Zukunft und damit zur Frage der Fortentwicklung des im Jahr 2020 ausgelaufenen seniorenpolitischen Programms. Es ist uns ein explizites Anliegen, aufeinander abgestimmte Maßnahmen und Instrumente zu entwickeln, um den zentralen seniorenpolitischen Herausforderungen, wie Vereinsamung, Wandel der Wohn-, Versorgungs- und Betreuungsmodelle sowie Teilhabe im Quartier, gerecht zu werden.
Hierzu wird das Sozialministerium selbstverständlich mit den Expert*innen in eigener Sache und ihren Selbstvertretungen, insbesondere den Landesseniorenvertretungen, Bedarfe identifizieren und die strategisch und inhaltlich konzeptionelle Neuausrichtung der seniorenpolitischen Leitlinien abstimmen, ganz im Sinne des auf verschiedenen Ebenen erfolgreich praktizierten gesellschaftlichen Prinzips „Nichts über uns ohne uns“. Hierfür wird das Sozialministerium der Landesseniorenvertretung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben noch stärker Unterstützung anbieten.
Anders als beim Vorläufer wird es damit diesmal einen transparenten, beteiligungs- und vor allem dialogorientierten Entstehungsprozess geben, und zwar auf der Basis valider Daten, die aus einer vorgelagerten Istanalyse der kommunalen Altenhilfe zu jenen Themen und Handlungsschwerpunkten generiert werden, die von der Landesseniorenvertretung selbst identifiziert werden. Selbstverständlich werden wir hierbei auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der Coronapandemie in besonderem Maße die unterschiedlichen, aber insgesamt gewachsenen Bedarfe und Möglichkeiten von barrierefreier Partizipation berücksichtigen.
(Unruhe)
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Fortschreibung des Leitlinienkonzeptes verstehen wir als ein wichtiges Instrument für eine zukunftsorientierte Seniorenpolitik in einer pluralistischen, differenzierten Gesellschaft, die sowohl an die aktuellen Problem- und Lebenslagen von Seniorinnen und Senioren als auch der sie vertretenden kommunalen Seniorenvertretungen im Land anknüpft. Im Leitlinienkonzept wird es zugleich Raum geben, um prozessbegleitend seine Wirkung zu prüfen und das Konzept
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Ministerin, warten Sie einmal kurz. - Vor dem Hintergrund, dass einige nicht erst in fernerer, sondern in baldiger Zukunft von diesem Thema individuell betroffen sein werden,
(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
würde ich darum bitten, dass wir dem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe widmen.
(Zuruf von Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)
Danke, Herr Tullner. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte noch einmal betonen: Frau Abg. Hohmann hatte Kolleginnen und Kollegen ab 55 Jahre angesprochen.
(Zuruf von Juliane Kleemann, SPD: Ja, danke!)
Genau, da könnte man sagen, das ist schon an eine große Schar an Kolleginnen und Kollegen gerichtet, die auch die 55 bereits überschritten haben, meine Person eingeschlossen.
Aber ich möchte noch einmal betonen ich habe mir ziemlich viel Zeit gelassen : Ich bin sehr froh darüber, dass die Koalitionsfraktionen noch einmal deutlich gemacht haben, wo wir hinsichtlich der Seniorinnen- und Seniorenpolitik hinwollen. Es gibt sehr viele Projekte, die bereits angelaufen sind hinsichtlich Pflege im Quartier, Leben im Quartier, all die Punkte, die wir auch über das Corona-Sondervermögen, z. B. hinsichtlich des gesamten Bereiches der Vereinsamung, fahren. Das sind alles schon Hilfestellungen, die wir zusammen erarbeitet haben.
Mir kommt es insbesondere darauf an die Landesseniorenvertretung ist heute anwesend und hört zu , dass es nur mit ihnen gemeinsam geht. Ich denke, dass wir bereits eine ganze Menge dazu erreicht haben. Ich will nicht verhehlen, dass wir es auch geschafft haben, die Landesseniorenvertretungen nicht nur allgemein zu fördern und zu sagen, wie toll sie sind, sondern dass sie jetzt erstmalig auch im Haushalt Niederschlag gefunden haben und damit viel mehr tun können, weil sie sich nun auch eine hauptamtliche Struktur geben können und damit den Seniorenvertretungen im Land eine gute Unterstützung geben können, und dafür sind wir sehr dankbar. - Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)