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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Falko Grube (SPD):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gürth, Sie haben mich unterschlagen. Ich bin auch Stadtrat in Magdeburg.

(Zuruf - Lachen)

Das klären wir mal bei einem Kaffee.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Meine Vorrednerinnen und Vorredner, jedenfalls die meisten davon, haben das schon gesagt. Herr Gürth hat das gesagt, die Ministerin hat das gesagt. An den Preisen des Jahres 1992 wird man grundsätzlich etwas machen müssen.

Ich habe auch die Zahlen für Magdeburg mal mitgebracht. Ich habe gerade noch einmal in die statistischen Monatsblätter geguckt, was den ÖPNV betrifft. Im Jahr 1993 hat eine Fahrkarte noch 1,50 DM gekostet.

(Zuruf: Dann kam die SPD!)

Das ist ungefähr das 3,2-fache - ich habe den Taschenrechner bemüht - von dem, was wir bald haben werden. Dann sind es 2,40 €. Also, die Frage, wer sich wie leisten kann, um in die Stadt zu kommen, ist eine spannende.

Zu dem, was Frau Lüddemann eingangs gesagt hat: Diese Verlockung für den Stadtrat oder die Stadträtin, darüber entscheiden zu dürfen, ganz hohe Parkpreise zu nehmen, ist kein Honig. Das ist eher Essig, weil ich mir, ehrlich gesagt, gar nicht so richtig sicher bin, wie die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat der Stadt Magdeburg wären, wenn jemand tatsächlich sagen würde, ich mache hier mal eine andere Zahl als 1 €. Die Verlockung, darüber entscheiden zu dürfen, ist also eher der Zwang, darüber entscheiden zu müssen.

Aber die Freiheit und die Möglichkeit zu haben, wenn man eine Angebotsverbesserung für die Bürgerinnen und Bürger im ÖPNV haben will, das möglicherweise dann auch im Dialog mit Parkgebührenerhöhungen zu haben, wäre richtig.

(Zustimmung)

Bei den Anwohnerparkausweisen tue ich mich ein bisschen schwer, weil wir hier in der Landeshauptstadt mittlerweile über die Frage von Gentrifizierung, von Verdrängung von Menschen mit geringeren Einkommen aus guten Wohnlagen auch in der Innenstadt reden. Da stellt sich schon die Frage, ob ich den Leuten, die dort noch eine günstige Miete und kein hohes Einkommen haben, aber das Auto brauchen, um in Magdeburg oder im Umland zu arbeiten, tatsächlich noch mehr Geld aus der Tasche ziehe, weil sie ihr Auto irgendwie im Umkreis parken wollen. Damit tue ich mich ein bisschen schwer. Das müssten wir tatsächlich im Ausschuss noch einmal besprechen.

(Zuruf: Ja, ist recht!)

Beim Thema ländlicher Raum hat Herr Gürth die Lebenswirklichkeit beschrieben. Aber es macht trotzdem sachlich Sinn, die Verkehrsprobleme, die wir in der Magdeburger Innenstadt haben, anzugehen und zu lösen. Die meisten von Ihnen werden zur Landtagssitzung oder zu Ausschusssitzungen schon einmal mit dem Auto nach Magdeburg hineingefahren sein. Ich verzichte darauf, die Leute sich einmal melden zu lassen. Aber ich würde behaupten, jeder von Ihnen hat beim Herkommen schon einmal im Stau gestanden und steht auch nachher im Stau, wenn er wieder nach Hause fährt. Und keiner findet das total super.

Nun könnte man sagen, wenn die Baustellen, die wir in Magdeburg haben, irgendwann mal fertig sind, dann wird das alles besser, weil wir mehr Platz haben. Aber   das ist jetzt echt die schlechte Nachricht   das mit den Baustellen wird sich über kurz oder lang nicht verbessern. Das hat einen ganz einfachen Grund. Wir müssen die Magistralen anfassen, damit wir barrierefreie Haltestellen kriegen. Das ist die erste Wahrheit. Und auf der Tangente sind die Brücken in den nächsten zehn Jahren so marode, dass sie alle saniert werden müssen. Das heißt, die Tangente wird eine Dauerbaustelle werden. Das ist doof, aber das ist so.

Dann kommt noch eines dazu: Die A 14, die nicht alle im Haus, aber die meisten haben wollen, wird nach Norden aufwachsen. Das heißt, es wird immer attraktiver, auf der A 14 in Richtung Norden und Süden zu fahren. Einer der letzten Abschnitte, die fertig werden, ist übrigens der Abschnitt 1.1 zwischen dem Autobahnkreuz und Colbitz. Das heißt, alle die, die dann diese Strecke benutzen, werden über die Tangente in Magdeburg fahren. So.

Wenn Sie dann den Verkehr, den Sie herausnehmen könnten, wenn Sie in Magdeburg einen attraktiven ÖPNV wenigstens für die Magdeburgerinnen und Magdeburger haben, nicht rausnehmen, also von den Magistralen herunternehmen, aus der Innenstadt herausnehmen oder auch von der Tangente herunternehmen, dann können Sie Auto fahren, wie Sie wollen. Dann können Sie für gar nichts parken. Dann kommen Sie einfach nicht mehr hin.

Deswegen macht es Sinn, über die Frage, wie man mit dem innerstädtischen Verkehr klarkommt, sowohl für die Leute, die hier leben und davon betroffen sind, weil mehr Verkehr auch immer mehr Belastung ist, als auch für die Leute, die hierher kommen wollen, weil sie auch ein berechtigtes Interesse haben, zu reden. Das Thema Arztversorgung ist nur eines. Wir haben hier das Justizzentrum um die Ecke   das kommt ja auch noch dazu  , Krankenhäuser usw. Deswegen macht es Sinn, sich über das Thema Höhe des Betrages in der Verordnung zu unterhalten.

Ich denke, wir werden da im Ausschuss - die Ministerin hat es gesagt, Herr Gürth hat es gesagt - sicherlich über eine Erhöhung der Obergrenze reden. Wir werden sicherlich nicht zu einer Freigabe kommen. Ich muss ehrlich sagen, ich habe auch keine Lust darauf, dass wir im Stadtrat der Stadt Magdeburg mit Anträgen zu tun haben, in die dann irgendwie 10 € hineingeschrieben werden. Ich sehe so etwas kommen. Da hätte ich jetzt auch keinen Bock drauf.

(Lachen)

Aber wir sollten sagen, das aus dem 1993 passen wir mal an die Gegebenheiten an, jedenfalls das, was die Möglichkeit betrifft.

Wenn ich jetzt wetten müsste, ob da nachher tatsächlich eine höhere Zahl beschlossen wird, würde ich jetzt nicht so viel Geld auf Ja setzen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Grube, vielen Dank für Ihre Ausführungen. - Herr Gürth hat eine Frage. Beantworten Sie die?


Dr. Falko Grube (SPD):

Selbstverständlich.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Selbstverständlich. - Herr Gürth, bitte.


Dr. Falko Grube (SPD):

Zuerst mal eine Entschuldigung wegen des Vergessens.


Detlef Gürth (CDU):

Ja, geschätzter Kollege Dr. Grube, ich muss mich tatsächlich entschuldigen. Ich bin untröstlich, weil ich nicht mit angemerkt habe, dass Sie schon lange Stadtrat hier in der Landeshauptstadt sind. Ich möchte mich auch für Ihre Hinweise auf die jetzigen und die noch hinzukommenden Verkehrsprobleme, wenn ich an die Tangente denke, bedanken.

Ich würde dann darüber nachdenken und sozusagen auch anbieten, vielleicht ist es gar nicht gut, dass die Landesregierung hier in der Landeshauptstadt Magdeburg ist, die verkehrstechnisch so dramatisch ist. Ich biete Aschersleben an.

(Zustimmung - Lachen)

Da haben wir ein Autobahnkreuz. Wir schaffen Platz für die Behörden in der Nähe des Bahnhofes. Da kommt man besser hin. - Aber jetzt was ganz Ernstes.

(Lachen)

Und zwar: Müssten die Stadträte, jetzt um einmal am Beispiel Magdeburg aufzuzeigen, nicht noch eine ganz andere Lenkungswirkung entfalten, worauf sie vielleicht gar keinen Einfluss haben? Sie haben ja, auch die Kollegin Lüddemann, zu Recht darauf hingewiesen, dass das ein besonders attraktiver, begehrter und dann leider eben auch verkehrsreicher Raum hier in der Innenstadt um den Dom herum ist. Deswegen könne man ja auch da, weil wertvoll, die Gebühren erhöhen.

Aber genau hier rings um den Domplatz sind ganz viele Serviceeinrichtungen der Stadt Magdeburg für das Umland. Hier gibt es Ärztehäuser, hier sind die Notare, hier sind die Justiz und die Investitionsbank, wohin zwangsläufig viele Pendler müssen. Dann müsste man doch, wenn das ohnehin schon so stark frequentiert ist, darauf hinwirken können, dass genau solche Dienstleistungen, die auch einem Versorgungsauftrag entsprechen, künftig außerhalb solcher hoch frequentierten Zentren angesiedelt werden müssen. Können Sie das überhaupt? Dann muss ja die Oma oft auf einen teureren Parkplatz.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Grube, Sie sind dran. Herr Gürth fängt sonst noch mit weiteren Schilderungen an.


Dr. Falko Grube (SPD):

Herr Gürth, das können wir nicht. Das wissen Sie als Abgeordneter und als Stadtrat. Wir können als Landeshauptstadt   das kann keine Kommune in diesem Land und in dieser Republik - einem Arzt oder einer nicht Ärztin sagen, wo sie sich ansiedeln sollen. Das ist einfach so.

Dann habe ich jetzt noch eine schlechte Nachricht für Sie. Es gab letztens - dann müssten wir uns über Parkgebühren am Domplatz gar nicht mehr unterhalten - im Stadtrat den Vorschlag, dass man am Domplatz gar nicht mehr parken darf, dass es eine reine Fußgängerzone wird. Sie können darüber gern mit jemandem diskutieren, den Sie sehr gut kennen. Das ist ist nämlich von Ihrem CDU-Stadtratskollegen Michael Hoffmann gekommen. Es war kein Scherz an der Stelle. Das war sehr ernst gemeint.

Ich will das gar nicht überfrachten, weil die Diskussion darüber, ob man das tatsächlich macht, wenn man es kann, und wo man es macht, wenn man es könnte - das ist eine sehr diffizile Diskussion, weil eben so etwas eine Rolle spielt und weil diese globale Ansicht, wir hätten hier mehr Geld, um für mehr ÖPNV zu sorgen  , auch hier in Magdeburg eine sehr abstrakte wäre.

Aber vor dem Hintergrund dessen, dass es zum letzten Mal im Jahr 1993 angefasst wurde und dass wir auch hier in der Innenstadt eine Belastung der der Bürgerinnen und Bürger, die hier leben, durch Straßenverkehr haben, sollten wir es wieder anfassen.

Auf dem flachen Land haben wir ganz viele Bürgerinitiativen - wir haben sie auch im Ausschuss gehabt  , weil Schwerlastverkehr durch die Orte geht, weil Bundesstraßen durchgehen. Da bauen wir Ortsumgehungen. Das können wir in der Innenstadt für die Leute, die hier leben, nicht. Das heißt, wir brauchen andere Möglichkeiten zur Entlastung.

Ich finde, die Instrumente, das zu machen, sollte man wenigstens haben. Die Diskussionen darüber, ob man sie nachher anwendet, werden, wie gesagt, eher konfliktbehaftet sein.