Tagesordnungspunkt 17
Schulsozialarbeit für alle Schulen - jetzt dauerhaft und kontinuierlich gewährleisten!
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/2633
Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD, FDP - Drs. 8/2724
Einbringen wird den Antrag der LINKEN der Abg. Herr Lippmann.
Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens nach den Diskussionen über die Folgen der Coronamaßnahmen in den Schulen und über die zunehmenden Belastungen durch den ausufernden Lehrkräftemangel sollte allen klar geworden sein, dass es ohne ein breites und dauerhaftes Angebot an Schulsozialarbeit keine Chance gibt, den wachsenden Entwicklungsproblemen von immer mehr Kindern und Jugendlichen wirksam zu begegnen. Wir geben eine ganze Generation auf, wenn wir ihnen weiterhin die notwendige Unterstützung auf dem Weg durch ihre Schulzeit verweigern.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb muss es jetzt dringend darum gehen, wie wir den Kreislauf beenden können, bei dem durch politische Entscheidungen immer wieder mit dem Hintern eingerissen wird, was in den Schulen durch die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mit dem Kopf und den Händen aufgebaut wurde.
(Beifall bei der LINKEN)
Es muss auch darum gehen, den unnötigen bürokratischen Aufwand für die Antragstellung und für die Berichte endlich auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren;
(Beifall bei der LINKEN)
denn dadurch werden Beschäftigte und Träger unnötig belastet und immer mehr von ihnen verlassen inzwischen enttäuscht und genervt den Bereich. Die Beschäftigten und die Träger wollen nicht ständig Papier beschreiben, sondern mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten. Und für diese wichtige und erfolgreiche Arbeit in unseren Schulen ist ihnen an dieser Stelle einmal sehr herzlich zu danken.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aktuell stehen wir gerade wieder vor einem neuen Auswahlverfahren, bei dem einmal mehr erhebliche Kollateralschäden zu erwarten sind. Nach nur zwei Jahren werden die Projektauswahlkriterien erneut geändert, was wieder zu Änderungen und damit auch zu Verlusten beim Einsatz führen wird. Diese ständigen Wechsel, die Unsicherheiten und die prekären Arbeitsverhältnisse sind Gift für die Schulsozialarbeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Die unterstützenden Wirkungen durch die Schulsozialarbeit können nur auf der Grundlage von Vertrauen und in gefestigten Strukturen entstehen. Unabdingbare Voraussetzungen dafür sind vor allem Kontinuität und Verlässlichkeit. Diese müssen jetzt endlich geschaffen werden, sonst werden die bisher erreichten Erfolge immer wieder infrage gestellt und das Geld wird letztlich zum Fenster hinausgeworfen.
Der erste Teil unseres Antrages enthält deshalb klare Anforderungen an das bevorstehende Auswahlverfahren. Wir formulieren Voraussetzungen, um beim Übergang zum Schuljahr 2024/2025 Reibungsverluste so weit wie möglich zu vermeiden. Wahrscheinlich ist, dass sie keine Beachtung finden und dass wir wieder sehen werden, dass das Tuch viel zu klein ist, an dem hier unaufhörlich gezerrt wird. Denn jede Änderung, die nach einer Umverteilung an einer neuen Schule die Einführung von Schulsozialarbeit ermöglicht, weil sie dort unbedingt gebraucht wird, streicht die Schulsozialarbeit an einer anderen Schule, an der dieses Angebot bisher aber ebenfalls unbedingt erforderlich war und auch weiterhin erforderlich ist. Es ist mit Blick auf das Anliegen von Schulsozialarbeit sinnlos, immer wieder Löcher aufzureißen, um an anderer Stelle Löcher zu stopfen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es führt kein Weg mehr daran vorbei, die Schulsozialarbeit schrittweise, aber systematisch zu erweitern. Denn der Grund des Übels sind die ausschließliche Finanzierung der Schulsozialarbeit mit ESF-Mitteln und die Weigerung der Landesregierung, mehr als die bisherige Kofinanzierung aus der Landeskasse für diesen wichtigen pädagogischen Bereich einzusetzen. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine nachhaltige Entwicklung möglich.
(Beifall bei der LINKEN)
Es darf nicht so weitergehen, dass immer wieder erfolgreiche Maßnahmen aus Bundes- oder EU-Programmen aufgegeben werden, wenn eigenes Geld eingesetzt werden muss. Wir jedenfalls werden weiterhin alles dafür tun, dass der Schulsozialarbeit dieses Schicksal anderer Programme erspart bleibt.
Deshalb fordern wir im zweiten Teil unseres Antrages mit Blick auf die Aufstellung des Landeshaushalts 2024 zum wiederholten Mal den Einstieg in ein eigenes Landesprogramm Schulsozialarbeit. Wir sehen den dringenden Bedarf für eine solche Erweiterung über die Stellen aus dem ESF-Programm hinaus. Nach dem Ende der EU-Förderung soll darüber ab 2027 auch die komplette Übernahme aller bis dahin geförderten Stellen in die Regie des Landes erfolgen.
In einem ersten Schritt sollen im Jahr 2024 mindestens all die Stellen ersetzt werden, die durch die neue Auswahl aus der ESF-Förderung herausfallen. Es muss verhindert werden, dass Schulen im Übergang zum Schuljahr 2024/2025 ihre Schulsozialarbeit verlieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt auch für die von den Kommunen geforderte finanzielle Beteiligung. Die deutlichen Hinweise aus den Landkreisen und den kreisfreien Städten auf bestehende Finanzierungsprobleme des Anteils von 20 % der anfallenden Projektkosten müssen ernst genommen werden. An dieser Forderung darf das Land nicht festhalten, wenn dadurch eine Kürzung des bisherigen Einsatzes droht. Dazu zählen in vielen Kommunen auch die eigenen kommunalen Beschäftigten, die dort eingesetzt werden, wo die ESF-Stellen für den Bedarf längst nicht ausreichen.
Heute Mittag haben alle drei kreisfreien Städte Resolutionen ihrer Stadtparlamente zur Fortführung der Schulsozialarbeit an den Petitionsausschuss übergeben. Die Landesregierung und die Koalition sind gut beraten, die Sicht der Kommunen hier nicht weiter zu ignorieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Schulsozialarbeit ein Zukunftsprojekt für die Schulen, für das sich auch die Kommunen engagieren müssen.
(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)
Der geforderte Anteil muss aber der Finanzsituation der Kommunen Rechnung tragen und muss von allen leistbar sein. Wir schlagen einen zehnprozentigen Anteil vor und darüber hinaus die Möglichkeit, dass der Aufwand für eigene kommunale Schulsozialarbeit hierauf auch angerechnet werden kann.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will abschließend noch kurz auf den Brief des Landesschulamtes an die Schulleiterin und Schulleiter vom 19. April eingehen. Darin ist unter anderem aufgeführt - ich zitiere : Ziel ist es, spätestens im April 2024 alle Bewilligungen erteilt zu haben, damit sich die aktuell im ESF-Programm „Schulerfolg sichern“ Tätigen nicht bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen.
Frau Ministerin, Ihr Haus will sich also ernsthaft noch ein ganzes Jahr lang Zeit lassen, um dann die Maßnahmen wieder erst auf den letzten Drücker zu bestätigen. Frau Feußner, das ist doch kein Ziel. Das ist eine Bankrotterklärung.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Auch wenn die im Programm Tätigen und deren zum wiederholten Male drohender Gang zum Arbeitsamt dann immerhin erwähnt werden, scheint man sich im Ministerium trotzdem keine ernsthaften Gedanken über die Situation dieser Kolleginnen und Kollegen und deren Familien zu machen.
(Angela Gorr, CDU: Na, Herr Lippmann!)
Die Vorstellung, alle Beteiligten, also auch die Schulen und die Träger, ebenso wie die Beschäftigten und ihre Familien, müssten nach dem permanenten Wechsel von Projektphasen wieder bis ultimo darauf warten, ob die Schulsozialarbeit nun fortgesetzt oder zum Ende des nächsten Schuljahres gestrichen wird, ist völlig inakzeptabel. Die guten Leute warten doch nicht; sie suchen sich vorher bessere Jobs.
Wir erwarten von den Schulbehörden, dass spätestens mit dem Beginn der Winterferien - also bis Anfang Februar 2024 - alle Bescheide an die Träger verschickt werden. Das ist das Mindeste, was Sie hierzu leisten müssen und was Sie den Beschäftigten schuldig sind.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Wir benötigen endlich eine Perspektive für die Schulsozialarbeit, die dem tatsächlichen Bedarf und der Situation der Beschäftigten, der Träger und der Schulen gerecht wird. Ohne Vernunft und Augenmaß beim Auswahlverfahren und ohne eine Ergänzung durch ein Landesprogramm wird es weiterhin bei einem unzureichenden und ineffizienten
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Lippmann, es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden und damit eine Redezeit für die Einbringung von zehn Minuten.
(Unruhe - Lachen)
Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Stückwerk bleiben, das immer löchriger wird. - Das war mein letzter Satz.
(Beifall bei der LINKEN)