Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darauf zu antworten ist immer ein bisschen schwierig, nicht?
(Thomas Krüger, CDU: Ja, richtig! - Zuruf von der AfD: Ja, ganz klar!)
Aber vielleicht vorweg zwei Punkte. Sie haben eingangs Trump zitiert. Er ist jetzt offensichtlich der neue Held.
(Tobias Rausch, AfD: Das war sehr gut, ja! - Zuruf von der AfD: Das war er schon immer!)
Der wäre der Erste, der sich bei Ihnen herzlich bedanken würde, wenn irgendjemand jetzt anfangen würde, in seine Bauvorhaben auch noch gestalterische Ideen hineinzubringen und sagen würde: Man darf den Trump-Tower künftig nur noch klassizistisch bauen. Der würde Ihnen wahrscheinlich etwas anderes erzählen.
(Zustimmung bei der FDP - Guido Kosmehl, FDP, lacht)
Ein Punkt.
(Unruhe bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Zweite Bemerkung vielleicht nicht ganz ernst gemeint : Ich bin fest davon überzeugt davon, dass es weniger historische Bausünden gibt als moderne, weil die Zeit danach die in der Regel abgerissen hat und Neues gebracht hat.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Deshalb kann man also selten sagen, dass die eigene Zeit irgendwie schlechter gebaut hat als die Vergangenheit. Ich würde aber immer sagen: Wir sollten es nicht werten, sondern einfach die Entwicklung akzeptieren, die wir auch im Baubereich haben.
Ansonsten könnte ich es mir jetzt eigentlich ziemlich einfach machen. Ich rede zu Ihrem Antrag und nicht zu dem, was Sie hier heute erzählt haben. Erstens. Ich könnte jetzt darauf verweisen, dass die Bauordnung keine Gestaltungsvorgaben macht,
(Zustimmung bei der FDP)
sondern sich auf Statik, Brandschutz und Abstandsflächen konzentriert, also auf Themen der Sicherheit und der nachbarschaftlichen Rechte. Und nein, ein Gesetz enthält auch keine Richtlinien und auch keine zur Optik.
Ich glaube auch, das höre ich auch von der AfD immer wieder dass wir entbürokratisieren wollen. Also: nein, keine zusätzlichen Vorgaben.
(Zustimmung bei der FDP)
Zweitens. Es dürfte verfassungswidrig sein, wenn das Land den Kommunen einen Baustil für ihre kommunalen Gebäude vorschreibt.
(Zustimmung bei der FDP - Oliver Kirchner, AfD: Da steht „empfohlen“ drin!)
Ich vermute aber, dass Ihnen das völlig egal ist.
(Oliver Kirchner, AfD: Empfohlen!)
Wir haben ja gerade den Vortrag gehört. Deshalb vielleicht zwei, drei Sätze zum materiellen Gehalt. Öffentliche Gebäude mit repräsentativem Charakter, so Ihr Antrag, sollen in Zukunft im klassizistischen Stil gebaut werden, und zwar mit dem preußischer Prägung.
(Zuruf von der AfD: Jawohl!)
Also damit wir alle ein Bild haben nach dem Vorbild von Schinkel, von Langhans oder von Guericke. Ich muss gestehen, der Klassizismus ist jetzt nicht so eine Stilrichtung, zu der ich sagen würde, die finde ich schlecht. Sie gefällt mir jedenfalls besser als Barock, auch besser als Jugendstil.
(Guido Kosmehl, FDP: Na, na!)
Aber das ist mein persönlicher Geschmack und den würde ich niemandem aufzwingen.
(Zustimmung bei der FDP)
Ich würde heute auch privat nicht klassizistisch bauen. Deshalb gilt auch für mich im öffentlichen Bereich: Wer das bezahlt, der soll auch bestimmen können, wie das aussieht.
(Zustimmung bei der FDP - Tobias Rausch, AfD: Das ist beim Denkmalschutz nicht so, da schreiben Sie einfach vor! - Lachen bei den GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Das ist jetzt lächerlich!)
Der hat auch ganz viel Vertrauen zu den Kommunen.
(Unruhe bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)
- Ich komme gleich dazu.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Die Emotionalität, verbunden mit Humor mag jetzt ganz interessant sein. Aber lassen Sie uns wirklich versuchen, den Tagesordnungspunkt durchzukriegen
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Genau.
Vizepräsident Wulf Gallert:
und die Ministerin zum Ende Ihrer Rede kommen zu lassen. - Bitte sehr.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Jetzt können wir uns natürlich fragen: Wie viel Schaden kann man denn anrichten? Wir haben heute über den Landeshaushalt diskutiert. Viele von Ihnen sitzen in Kommunalparlamenten.
(Unruhe bei der SPD)
Wir alle wissen: Neue öffentliche Gebäude werden in Sachsen-Anhalts sehr, sehr vereinzelt gebaut. Die Zahl ist überschaubar. Auf der Landesebene fällt mir da gerade spontan das Landeskriminalamt ein.
(Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Ich glaube, ein repräsentatives Gebäude könnte das schon sein.
(Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Und jetzt stellen wir uns einmal vor: Schinkel.
Jetzt stellen wir uns einmal ein schinkelsches Gebäude vor. Wir alle kennen das: die Neue Wache, das Alte Museum in Berlin, die Nilokaikirche in Potsdam oder auch das Gesellschaftshaus in Magdeburg. Das kennt, glaube ich, jeder hier im Saal. Das ist ein Gebäude mit einem nicht zu übersehenden repräsentativen Auftrag, im Übrigen mit einer Menge Nebenflächen und vor allem mit ganz vielen Säulen. Können Sie sich vorstellen Herr Kohl guckt gerade schon weg , wie wir heute so ein Landeskriminalamt bauen?
(Lachen bei der FDP, bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Ich höre die Menschen im Barleben schon. Ich vermute einmal, dass es dann vor Ort eine Diskussion gibt, die sich im Übrigen ungefähr so anhören würde wie die Diskussion im Magistrat von Magdeburg, als Schinkel den Entwurf für das Gesellschaftshaus eingereicht hat. Die Reaktion war heftig, ablehnend, kritisch; denn das war damals ein Bruch mit den Bautraditionen.
(Olaf Meister, GRÜNE: Mit Wasserspeiern!)
Das war innovativ, das war nicht langsam hineingewachsen.
Und ehrlich: Wenn ich mir Barleben heute vorstelle, dann wäre ein Landeskriminalamt klassizistisch mit vielen schönen Säulen ein Bruch mit der Optik. Ich höre wirklich die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sich fragen: Habt ihr noch alle Latten am Zaun?