Wulf Gallert (DIE LINKE):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ganz überraschend war der Verlauf der Debatte nun nicht. Es gibt drei Koalitionsfraktionen, die sagen: Kein Bedarf.
Das hat mich bei der SPD-Fraktion ein bisschen überrascht; das sage ich ganz ehrlich. Eine der zentralen Fragen, über die wir an dieser Stelle reden und die die Investition und den Investitionsverlauf zum Erfolg machen, liegt natürlich im Bereich von Energie- und Forschungspolitik. Ich würde übrigens gern einmal hören, was der Energieminister zu dieser Debatte sagt. Ich würde übrigens auch ganz gern den Hochschul- und Wissenschaftsminister zu der Frage hören, wie er die Innovationsstrategie im Umfeld dieser Ansiedlung entwickelt. Ich höre dazu genau null und gar nichts.
(Zuruf von der CDU)
Nun kann man sagen, in Ordnung, offensichtlich ist das kein Problem für ihn. Offensichtlich hat er seine Kompetenzen an den Wirtschaftsminister übertragen; dann ist das so. Aber mich wundert schon ein bisschen, dass dieses angeblich kollektive Projekt, das die gesamte Landesregierung, das gesamte Land und übrigens auch den gesamten Landtag betrifft, offensichtlich in dieser Funktionsverteilung überhaupt nicht aufgesplittet wird, dazu offensichtlich überhaupt keinerlei Aktion und überhaupt keine Programmatik stattfindet. Ich habe gehört, es solle ein Verkehrskonzept aus dem Infrastrukturministerium geben. Ich bin gespannt.
(Guido Kosmehl, FDP: Das ist schon länger bekannt!)
Mal gucken, wann es kommt. Mal gucken, wann es vorgelegt wird. Mal gucken, wann wir darüber diskutieren. Im Wirtschaftsausschuss war das bisher kein Thema; das will ich bloß gesagt haben.
(Andreas Silbersack, FDP: Wir hatten genau darüber gesprochen, dass es beim nächsten Mal kommt!)
Achso, in den Wirtschaftsausschuss gehört es dann offensichtlich nicht, oder wie? - Keine Ahnung. Dann brauchen wir möglicherweise doch einen zeitweiligen Ausschuss.
(Guido Kosmehl, FDP: Nee!)
Also es ist klar und ich habe das schon verstanden. Die Koalitionsfraktionen wollen möglichst wenig Parlament in diesem Kontext; das ist klar. Die Oppositionsfraktionen sehen es anders, unterschiedlich begründet.
Ich möchte ganz kurz sagen: Natürlich gibt es einige Implikationen dieses Projektes. Ich finde übrigens, dass es eine Geschichte besonders interessant macht. Natürlich Herr Kirchner, da können Sie über Frau Frederking lachen war es eine der zentralen Investitionsentscheidungen für Intel, zu sagen, im Produktionsprozess orientieren wir auf 100 % erneuerbare Energie.
(Beifall bei der LINKEN - Oliver Kirchner, AfD: Das passt doch aber nicht zu Ihrer Forderung!)
Einer der zentralen Argumente, nach Magdeburg zu kommen, war die bereits hohe Quote von erneuerbaren Energien durch Wind und Solar bei uns im Land. Das war einer der Standortfaktoren, der neben ganz viel öffentlichem Geld und der Fläche dazu geführt hat, dass sie überhaupt hierher kommen.
(Oliver Kirchner, AfD: Dann können sie doch 50 Cent bezahlen!)
Wie ich im Wirtschaftsausschuss gehört habe, stehen Sie zu diesem Projekt. Damit stehen Sie übrigens auch zum massiven Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)
Eigenartigerweise höre ich das aber von Ihnen nicht. Ganz klar, die Intel-Entscheidung kommt.
Ja, Intel hat eine eigenartige Vorstellung von einem plan- und staatswirtschaftlich festgelegten Strompreis. Das ist auch interessant für einen US-amerikanischen Konzern. Aber am Ende des Tages hat es sogar eine innere Logik. Denn den Strompreis, den sie wollen, werden sie nur mit erneuerbaren Energien erreichen, und zwar mit dem massiven Ausbau hier vor Ort.
(Oliver Kirchner, AfD: Das ist doch totaler Quatsch!)
Insofern sage ich es noch einmal ausdrücklich: Dort wird es einen Innovationsschub geben. Ich hoffe, dass Intel die Debatte, die wir gestern zur Atomenergie hatten, nicht verfolgt hat. Denn das ist genau das Gegenteil dessen, worum es hierbei eigentlich geht.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich garantiere Ihnen eines: Sie werden uns an der Stelle nicht los. Sie werden uns nicht deswegen nicht los, weil wir nörgeln wollen oder Zweifel hätten.
(Guido Kosmehl, FDP: Ah!)
Ich kann nichts für Ihre Gefühle und nichts für Ihr Psychogramm. Ich kann übrigens auch nichts dafür, dass der Kollege Thomas meine Reden immer nicht versteht. Das wird sich wahrscheinlich nicht ändern; ich werde mit diesem Schicksal leben.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber ich sage Ihnen eines: Sie werden uns nicht los. Wir werden dieses Projekt begleiten. Wir werden es mit Fragen begleiten, wie es der Kollege Meister für seinen Bereich explizit angeordnet hat. Wir werden es in den Ausschüssen begleiten. Wir wollen wissen, wie die Dinge im besten Fall organisiert werden, wie sie zu einem Erfolg geführt werden und wo Defizite zu beheben sind, die den Erfolg gefährden. - Danke, liebe Kolleginne und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, es gibt zwei Interventionen. - Herr Grube als Erster.
Dr. Falko Grube (SPD):
Herr Kollege Gallert, den Vorwurf an die Koalitionsfraktionen, wir möchten möglichst wenig Parlament, weise ich zurück.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Achso.
(Hannes Loth, AfD: Nämlich gar keins!)
Dr. Falko Grube (SPD):
Dass man einen Ausschuss nicht möchte, den Sie sich vorstellen, hat nichts damit zu tun, dass man weniger Parlament haben will. Ich will höflich daran erinnern, dass wir kein dysfunktionaler Haufen sind, sondern ein funktionierendes Parlament mit funktionierenden Fachausschüssen. Ich kann nichts dafür, dass nicht alle Sachen, auf denen Intel steht, bei Ihnen in der Fraktion besprochen werden. Bei uns ist das ein Stück weit anders.
Ich sage es einmal für meinen Ausschuss: Dort ist schon lange angekündigt worden, bei der Nasa wird ein solches Verkehrskonzept erarbeitet. Wenn das fertiggestellt ist, wird es im Ausschuss auch vorgestellt. Das ist die Vereinbarung auch in den anderen Fachausschüssen.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Im Übrigen hat es auch einen Sinn, dass wir Fachausschüsse haben. Denn dort sind Kolleginnen und Kollegen vertreten, die entweder eine Fachexpertise mitbringen oder sich diese dort erarbeiten. Mit dieser Fachexpertise macht es auch Sinn, diese ganzen Elemente, die an der Intel-Investition hängen, auch fachlich zu besprechen.
Was haben wir denn davon, wenn Sie ein Mitglied ihrer Fraktion suchen in Ihrem Fall wären es zwei , bei dem Intel draufsteht, das aber möglicherweise weder Ahnung von Wohnen, von Bauen, von Umwelt oder sonst irgendetwas hat? Deswegen macht es auch vor dem Hintergrund von mehr Parlament keinen Sinn, einen Ausschuss einzusetzen. Deswegen werden wir das ablehnen.
(Tobias Rausch, AfD: Zwei Minuten!)
Im Parlament sind wir immer gesprächsbereit. - Danke.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Grube, dann antworte ich Ihnen einmal mit zwei Dingen. Erstens: Sie haben gerade umfangreich erläutert, dass ein Verkehrskonzept im Kontext der Intel-Ansiedlung in Ihrem Ausschuss offensichtlich kurz vor der Beratung steht. Der Minister hat es heute noch einmal deutlich gesagt: Alle wichtigen Dinge werden im Wirtschaftsausschuss behandelt. Was soll es? - Dann können wir das auch dort machen.
An dieser Stelle ergibt sich schon eine Differenz. Nun sind Sie nicht für den Wirtschaftsausschuss verantwortlich und er nicht für Sie, Herr Grube. Aber trotz alledem habe ich den Eindruck, es bräuchte eine Koalition, zumindest ein Verfahren, das wir hier klarmachen.
Ich zitiere Sie einmal, Herr Grube: Und Sie ärgern sich darüber, dass Sie weniger wissen? - Das ist Ihre Aussage, die Sie vor 20 Minuten getroffen haben. - Sie ärgern sich darüber, dass Sie weniger wissen als Ihre kommunalen Abgeordneten? Das ist auch völlig richtig so; denn es ist ein kommunales Projekt und Sie werden auch in Zukunft weniger wissen. - Das ist Ihr Selbstverständnis als Landtagsabgeordneter. Das ist aber nicht unser Selbstverständnis.
(Beifall bei der LINKEN)
Von allen drei Koalitionsabgeordneten haben Sie es am deutlichsten gesagt, dass das hier nichts zu suchen habe und dass wir das hier nicht wollen.
(Tobias Rausch, AfD: Richtig!)
Das geschah in einer Art und Weise, die mir zweitweise die Sprache verschlagen hat; das dauert bei mir sonst lange. Das können wir alles nachlesen, Herr Grube. Damit können wir auch argumentieren. Sie haben hier ganz klar gesagt: Ihren Informationsbedarf werden wir hier nicht befriedigen; schauen Sie in die Kommunen. Dort können Sie es machen; bei uns nicht. - Dazu muss ich sagen, Herr Grube: Inhaltlich und taktisch sind das eigenartige Positionen der SPD-Fraktion. - Danke.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Die zweite Intervention kommt wieder einmal von Herrn Scharfenort. - Bitte.
Jan Scharfenort (AfD):
Herr Gallert, ich möchte ergänzen: Für die Standortentscheidung von Intel waren erneuerbare Energien sicherlich auch ein Grund. Mittlerweile wird das auch vom Kapitalmarkt belohnt, da es gesetzlich so geregelt wird.
Aber viel wichtiger sind doch das können wir der Presse entnehmen die Energiesicherheit und auch die bezahlbaren Preise. Ich frage mich das ist nicht nur an Sie gerichtet und es ist nur eine Intervention , wie das sichergestellt werden kann. Wie wird das bei der dümmsten Energiewende und Energiepolitik der Welt in Zukunft sichergestellt, dass Intel Energiesicherheit und auch bezahlbare Preise erhält? Diese Fragen wurden heute bereits zu recht gestellt. Dazu habe ich auch große Fragezeichen.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Scharfenort, erstens: Wenn Deutschland die dümmste Energiepolitik der Welt hätte,
(Zuruf von der AfD: Hat sie!)
dann hätten wir diese Intel-Ansiedlung nicht hier. Das wird möglicherweise auch bei Ihnen in der AfD Ich hatte in einem anderen Kontext einmal gefragt, was eigentlich Ihre Präferenz ist. Was ist eigentlich Ihre bevorzugte Energiepolitik? Wo auf der Welt haben Sie ein Referenzbeispiel? Das habe ich bisher an anderer Stelle auch noch nicht gehört.
(Matthias Büttner (Staßfurt), AfD: In jedem anderen Land! - Tobias Rausch, AfD: Ein gesunder Energiemix!)
An dieser Stelle sage ich noch einmal ganz deutlich: Dieses Intel-Projekt wird mit seiner Realisierung Ihre Argumentation letztendlich auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.
(Guido Kosmehl, FDP: Oh, oh, oh!)
Denn an der Stelle sage ich ganz klar: Gerade niedrige Energiepreise und gerade eine langfristige und dauerhaft gute Energieversorgung wird es nur mit einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien geben. Dazu sage ich: Das ist einer der positiven Effekte.
(Zurufe von der CDU und von der AfD)
Die Intel-Ansiedlung wird uns dazu zwingen, Debatten, wie wir sie gestern geführt haben,
(Zuruf von der AfD)
in der Energiepolitik in Zukunft nicht mehr abzuhalten,
(Zurufe von der AfD)
sondern eine ganz andere Diskussion zu führen. - Danke.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU und von der AfD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Herr Gallert. - Damit sind wir am Ende der Debatte.
(Zuruf)