Tagesordnungspunkt 23
Investitionen in Bildungseinrichtungen stärken - Landesschulbauprogramm zügig umsetzen!
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1011
Einbringen wird den Antrag der Abg. Herr Lippmann. - Herr Lippmann, bitte.
Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die kommunalen Schulträger konnten in den letzten 30 Jahren ihre Schulgebäude mit eigenem Geld nur in recht bescheidenem Umfang in Ordnung bringen.
(Unruhe)
Dabei nehmen die Kommunen diese Pflichtaufgabe aus dem Schulgesetz durchaus ernst. Es ist ihnen auch klar, dass die Kinder und Jugendlichen
(Unruhe)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Lippmann, einen Augenblick bitte. - Ich weiß, dass der letzte Tagesordnungspunkt sehr emotional diskutiert wurde. Ich bitte trotzdem darum, sich jetzt dem neuen Thema mit der gebührenden Aufmerksamkeit und bitte auch mit der entsprechenden Ruhe im Plenum zu widmen.
Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Danke. - Es ist den kommunalen Schulträgern klar, dass die Kinder und Jugendlichen unter ordentlichen und vor allem auch unter sicheren Bedingungen lernen müssen. Jeder will natürlich, dass der Putz nicht bröckelt, dass die Treppen sicher sind, dass kein Kabelbrand entsteht, dass die Lampen nicht nur fest sind, sondern auch die Räume ordentlich ausleuchten, dass die Toiletten nicht stinken und dass die Räume hell, in freundlichen Farben und sauber gemalert sind.
Doch ohne Förderprogramme ging in der Vergangenheit in der Regel so gut wie nichts. Die Kommunen waren meist nicht in der Lage, ihrer Pflicht aus eigener Finanzkraft nachzukommen, und das, obwohl ihnen ins Schulgesetz geschrieben wurde ich zitiere :
„Die Schulträger haben das Schulangebot und die Schulanlagen im erforderlichen Umfang vorzuhalten, mit der Einrichtung auszustatten und ordnungsgemäß zu unterhalten [...]“.
Noch nie seit der Wende waren die Kommunen aufgrund ihrer unzureichenden Finanzausstattung auch nur ansatzweise in der Lage, diese Aufgabe kontinuierlich und im erforderlichen Umfang zu erfüllen. Trotzdem konnten inzwischen die meisten Schulen saniert werden oder sie werden gerade saniert. Es konnten auch einige wenige Neubauten errichtet werden.
Diese Investitionen waren aber ganz überwiegend von Förderprogrammen des Bundes oder der EU abhängig. Hätte es diese nicht gegeben, dann wäre heute immer noch die Mehrzahl unserer Schulen in einem so schlimmen Zustand, wie die Grundschule in der westlichen Neustadt in Halle oder die Grundschule „Freiherr Spiegel“ in Halberstadt. Das sind nur zwei Beispiele für Plattenbauten, die es mit ihrer immer noch offenen Sanierung aktuell in die Zeitungen geschafft haben.
Es gibt also nach mehr als 30 Jahren immer noch gänzlich unsanierte Schulen, obwohl in diesen 30 Jahren schon fast 1 000 Schulen geschlossen wurden. Von den ehemals 1 731 öffentlichen Schulen existieren heute nur noch 761 und die Zeit der Schulschließungen ist ja offenbar immer noch nicht völlig vorbei.
Also sollten die Kommunen doch zumindest jetzt in der Lage sein, den verbliebenen und weitgehend sanierten Gebäudebestand aus einiger Kraft zu erhalten und weiter zu modernisieren.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Doch der Investitionsbedarf wächst natürlich erneut an, weil viele Sanierungen nun schon wieder 20 Jahre oder mehr zurückliegen. Schulgebäude werden ja auch intensiv genutzt, vor allem dann, wenn sie durch steigende Schülerzahlen fast aus allen Nähten platzen.
Investitionen in die Schulgebäude bleiben also eine Daueraufgabe. Damit bleibt aber auch der Sanierungsstau bestehen; denn die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen besteht fort. Bisher wurden die Kommunen allein gelassen, wenn es kein aktuelles Förderprogramm gab, wenn die Förderung nicht passte oder wenn das Programm weit überzeichnet war und viele Antragsteller keine Chance hatten.
Nun ist aber offenbar keine weitere Schulbauförderung mit EU-Geldern oder Geld aus dem Bundeshaushalt in Sicht. Deshalb hat die Landesregierung mit dem Haushaltsplanentwurf 2022 durch die Ausbringung von Verpflichtungsermächtigungen ein Landesschulprogramm ins Gespräch gebracht. Ab dem kommenden Haushaltsjahr sollen jährlich 21 Millionen € zur Verfügung gestellt werden.
Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der einen Seite immer noch der falsche Weg. Auf der anderen Seite kann man aber auch sagen: endlich. Falsch ist es immer noch, den Kommunen nicht deutlich mehr Finanzmittel über das FAG für ihre Grundfinanzierung zu geben und dafür im Gegenzug das Förderunwesen deutlich einzudämmen. Da es aber bei diesem Thema in der Koalition offenbar keinen Weg zur Einsicht gibt, ist es das mindeste, den Kommunen mit einer eigenen Landesförderung bei der Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben unter die Arme zu greifen.
Doch nur eine x-beliebige Summe in den nächsten Haushalt zu schreiben, ist natürlich noch kein Förderprogramm. Das wäre nur ein Blankoscheck für das Bildungsministerium, um Geld zu verteilen. Das werden wir selbstverständlich nicht unterstützen. Wir wollen aber, dass es Geld für den Schulbau gibt und dass es damit im nächsten Jahr zügig losgehen kann. Deshalb machen wir heute mit unserem Antrag deutlich, was wir dafür vom Bildungsministerium erwarten. Denn es gibt diesbezüglich noch reichlich Fragen zu klären.
Zunächst ist das vor allem die Frage, was diese jährlich 21 Millionen € überhaupt wert sind. Jeder von uns hat sicherlich Schulsanierungen vor Augen. Dabei können auch einmal 10 Millionen € und mehr für eine Baumaßnahme aufgerufen werden. Daher wollen wir bis zum Ende des Jahres von der Landesregierung wissen, wie groß der Sanierungsstau im öffentlichen Schulsystem insgesamt ist. Außerdem wollen wir durch die Vorlage eines Richtlinienentwurfes wissen, wer von dem Landesschulbauprogramm profitieren kann, was in welchem Umfang gefördert werden soll und nicht zuletzt, wer die Entscheidung über die Vergabe trifft.
Wir sind jetzt dabei, eine neue Landesförderung auf den Weg zu bringen, bei der wir, das Parlament und die Landesregierung, die Bedingungen, das Volumen und die Steuerung selbst bestimmen können. Dabei kommt es uns darauf an, dass eine größtmögliche Effizienz beim Mitteleinsatz sowie eine größtmögliche Beteiligung der kommunalen Schulträger und damit letztlich eine größtmögliche Transparenz gewährleistet werden.
Wir erwarten von der Landesregierung, dass uns keine Haushaltsentscheidung zu einem Landesschulbauprogramm ohne eine solche verlässliche Grundlage abverlangt wird. Wir erwarten, dass das Parlament bei der Ausgestaltung der Richtlinie mitreden und ggf. mitentscheiden kann.
Möglicherweise ist es auch der bessere Weg, unter der Beteiligung des Landes und der kommunalen Schulträger eine Landesschulbaukasse zu errichten, um die künftigen Investitionen gemeinsam zu stemmen. Einen solchen Vorschlag haben wir zwar nicht in unseren Antrag geschrieben, er könnte aber durchaus das Ergebnis der Beratungen im Finanzausschuss sein.
Letztlich erwarten wir von der Landesregierung ein Bekenntnis dazu, dass Investitionen in Bildungseinrichtungen Vorrang vor der Haushaltskonsolidierung haben. Die kommunalen Einrichtungsträger sollten den Kindern und Jugendlichen und deren Eltern nicht länger erklären müssen, dass sie marode Schulgebäude und Kitas nicht sanieren können, weil ihnen die Kommunalaufsicht die Aufnahme von Krediten verweigert, wie das bspw. mit der Stadt Halle geschieht.
Es macht keinen Sinn, immer wieder nur Not- und Schönheitsreparaturen durchzuführen, wenn Komplettsanierungen überfällig sind. Das treibt die Kosten nur weiter in die Höhe. Außerdem entsteht ein struktureller Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Trägern in der Kinderbetreuung, wenn private Träger ihre Gebäude mit Krediten sanieren können, kommunale Träger aber nicht. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht die Konsequenz aus der Subsidiarität sein und das muss korrigiert werden.
Wir hoffen auf schnelle und konstruktive Beratungen im Sinne der kommunalen Einrichtungsträger und beantragen, diese federführend im Finanzausschuss und mitberatend in den Ausschüssen für Bildung sowie für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zu führen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)