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Plenarsitzung

Transkript

Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der 8. Mai 1945 jährt sich dieses Jahr zum 80. Mal. Es ist der Tag der Befreiung, wie ihn Weizsäcker richtigerweise 1985 öffentlich zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit nannte. Es war der Tag, an dem die Alliierten die zwölfjährige Schreckensherrschaft des Naziregimes beendeten. Es war zwölf Jahre, nachdem Nationalsozialisten die junge Demokratie in einem rasanten Tempo von innen heraus zerstörten, eine Gewaltherrschaft etablierten sowie Menschen verfolgten und systematisch ermordeten. Es waren zwölf Jahre, in denen Nazideutschland einen Krieg mit seinen europäischen Nachbarn anfing, der bald die ganze Welt mit hineinzog.

An diesem Tag erinnern wir uns daran, dass es nicht die Deutschen selbst waren, sondern die Alliierten, die Deutschland von den Nazis befreiten. Heute mahnt uns dieser Tag zu stetem antifaschistischem Handeln. Ich teile die Einschätzung, dass dieser Tag eine wichtige Zäsur darstellt. Wir sollten ihn zukünftig noch stärker nutzen, um an diesem Tag in Schulen, Universitäten, am Arbeitsplatz und überall an die Befreiung zu erinnern und an die Verantwortung zu appellieren, die uns von diesem Tag aufgegeben wurde. Ob das in Form eines Feiertags geschehen muss, daran habe ich meine Zweifel. Angesichts heutiger gesellschaftlicher Dynamiken lassen sich gute Argumente dafür finden, sich mit diesem Tag der Erinnerung und Mahnung in den alltäglichen Strukturen und an den Orten auseinanderzusetzen, an denen wir uns bewegen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein Feiertag kann das erschweren und lädt vielleicht eher zu einem Spaziergang in der Natur ein. Das ist natürlich auch schön, aber eben nicht das Ziel eines solchen Tages.

Mir persönlich ist auch Folgendes wichtig: Ich glaube fest, wir werden der Bedeutung dieses Tages mit einem Flickenteppich regionalen Gedenkens nicht gerecht. Dabei ist „Gedenken“ ein gutes Stichwort. Wir könnten uns tatsächlich an den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und anderen ein Beispiel nehmen und den 8. Mai zu einem Gedenktag erheben. Ich glaube aber - das müssen wir uns vielleicht alle sagen  , wir haben hier die Chance verpasst, etwas langfristiger darüber zu reden und diesen Tag etwas langfristiger vorzubereiten. Denn ich glaube, es ist nicht damit getan, jetzt einen Schnellschuss zu machen nach dem Prinzip: Das ist ein Gedenktag, dann passiert doch nichts und dann versandet es.

Ich erinnere mich daran, wie wir damals das Luther-Jubiläum vorbereitet haben, wie lange wir darauf hingearbeitet haben und wie intensiv dieser Tag vorbereitet worden ist. Ich glaube, sehr viele Menschen wussten dann tatsächlich, worum es an diesem Tag ging. Daran habe ich jetzt für dieses Jahr ein bisschen meine Zweifel.

Natürlich dürfen Wirtschaftlichkeitserwägungen hierbei keine Rolle spielen. Das ist, glaube ich, insgesamt in der Feiertagsdebatte, die ja intensiv geführt wird, ein bisschen in eine Schieflage geraten. Ich meine, es war der Kollege Kosmehl,

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

der gesagt hat, wir könnten und sollten einmal unser Sonn- und Feiertagsgesetz in Sachsen-Anhalt anfassen. Auch in meiner Partei gibt es eine intensive Diskussion, wie man die Tage ausgestaltet, was man darf und was darf man nicht. Das ist noch eine sehr eigene intensive Diskussion. Eine Frage ist aber auch, welche Tage denn tatsächlich zu diesem Land passen. Welche Tage sind es denn tatsächlich wert, ein Gedenktag oder ein Feiertag zu sein?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein letzter Satz von mir: Sollte es dann tatsächlich darum gehen, neue Feiertage einzuführen, bin ich aus Gründen, die jetzt den Zeitrahmen sprengen würden, sehr dafür, den 8. März als Internationalen Frauentag in den Blick zu nehmen.