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Plenarsitzung

Transkript

Eva von Angern (Die Linke):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der hinter uns liegende Wahlkampf war in vielerlei Hinsicht hart.

(Daniel Roi, AfD: Das Ergebnis war hart für Sie!)

Die Wahlnacht und ihre Ergebnisse waren bitter, auch in vielerlei Hinsicht. Wir haben einen Wahlkampf erlebt, der verbal, aber eben auch physisch die hässlichen Seiten unserer Gesellschaft offenbart hat. Es gibt schon lange ein Klima der Gewalt gegen gesellschaftlich schwache und ausgegrenzte Gruppen. Jetzt hat auch die Aggressivität gegenüber Ordnungskräften und Amtspersonen und eben auch gegenüber den politischen Akteuren zugenommen. Um es gleich ganz deutlich zu sagen: Meine Fraktion und auch ich wenden uns entschieden gegen jegliche Form von Gewalt.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Gewalt richtet sich nicht nur individuell gegen das betroffene Opfer, sondern sie soll immer auch abschrecken, soll einschüchtern, soll den politischen Gegner mundtot machen oder soll ihn auch vernichten.

Eine Tatsache ist, dass das immer öfter insbesondere Frauen, aber auch Männer dazu veranlasst, sich aus öffentlichen Räumen und damit auch aus dem politischen Raum zurückzuziehen, wenn sie direkt oder indirekt von solcher Gewalt betroffen sind. Meine Damen und Herren! Das ist ein demokratischer Offenbarungseid.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Das dürfen wir nicht zulassen. Ich zitiere an dieser Stelle ausnahmsweise einen CSU-Mann, namentlich den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer: Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für die Sicherheit. Diese Entwicklung in Deutschland ist nicht nur sehr besorgniserregend, sie ist vor dem Hintergrund des Holocaust auch beschämend. - Zitatende.

Auch aktuell kann von Entwarnung keine Rede sein. Im Gegenteil: Insbesondere Frauen, Journalistinnen und Politikerinnen, erleben eine zunehmende Verrohung der Debatte, insbesondere im digitalen Raum. Ich tue es ungern, aber ich möchte hier ausnahmsweise stellvertretend einige Kommentare zu von mir veröffentlichten Videos in den sozialen Medien vortragen: Linke bekommen eine aufs Maul; eine widerliche Systemschnepfe; keine lügt so oft wie sie;

(Oliver Kirchner, AfD: Reiche werden erschossen!)

man sieht sich immer zweimal im Leben, immer - drei Ausrufezeichen  ; für mich gehört ihr alle aus dem Land gejagt; Tiere in diesem Zustand werden eingeschläfert. - Ich belasse es dabei und verschone Sie mit weiteren Kommentaren, die noch weit unappetitlicher sind und übrigens von vielen Rechtschreibfehlern strotzend darüber hinausgehen. Später, wenn ich diese Rede bei Tiktok hochgeladen haben werde, können die Social-Media-Teams der AfD wieder loslegen und zeigen, welches Verständnis sie von Meinungsfreiheit haben bzw. leben. Täuschen Sie sich nicht: Wir werden uns weder einschüchtern lassen noch zurückweichen.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Was ist unser Anteil als Abgeordnete? - Wenn ich auf die letzten Jahre zurückschaue, dann sehe ich eine gewaltige Grenzverschiebung. Die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt ist eine Hassmaschine.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN - Daniel Roi, AfD, lacht)

Ihre Brüllerei ist nie echt; sie ist immer kalkuliert. Sie wollen nur eines: Sie wollen einschüchtern. Sie wollen andere Meinungen aus dem öffentlichen Raum verdrängen. Ich sage Ihnen ganz deutlich, dass auch Sie dafür verantwortlich sind, wenn aus Worten Taten werden.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Es wird Zeit, sich auch als andere Parteien ehrlich zu machen. Noch amüsieren sich auch hier aus anderen Fraktionen Abgeordnete, wenn insbesondere Abgeordnete der GRÜNEN oder auch der Linken im Plenum verbal besonders hart angefasst werden.

(Oh! bei der AfD)

Sie verstärken damit das Klima des Hohnes und der Herabsetzung. Glauben Sie allen Ernstes, dass diese Art der Angriffe nicht jeden von uns treffen kann und wird? Sie wissen doch selbst, wie furchtbar die Konsequenzen sein können. Deswegen ist es richtig, in dieser Debatte auch an den Tod von Walter Lübcke, der vor fünf Jahren erschossen worden ist, zu erinnern. Walter Lübcke hatte seine Verantwortung als Politiker sehr ernst genommen. Er hatte eine würdige und selbstverständliche Unterbringung von Geflüchteten vertreten. Das allein - das allein! - war ein ausreichender Grund für rechtsextreme Mörder.

Ich finde es auch vor diesem Hintergrund tragisch, welche Märchen die Kollegen und Kolleginnen der CDU-Fraktion immer wieder aufs Neue erzählen, wenn sie zum einen meine Partei mit dieser Partei rechts außen gleichsetzen und zugleich die AfD-Fraktion in geheimen Wahlen unterstützen, wie es auch gestern wieder 36 Stimmen für den Vizepräsidentenkandidaten belegt haben.

(Zustimmung bei der Linken - Zurufe von der CDU und von der AfD)

Ich erinnere daran, dass die Fraktion nicht einmal vollzählig war.

Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident sagte gestern    

(Unruhe - Zurufe von der AfD - Zuruf von Sven Rosomkiewicz, CDU)

- Sie merken es jetzt wieder. Das ist der Moment, in dem diese Fraktion brüllt, um uns einzuschüchtern. Ich kann nur dafür werben: Machen Sie nicht mit.

(Zustimmung bei der Linken - Beifall bei den GRÜNEN- Zurufe von der AfD)

Der Ministerpräsident sagte gestern anlässlich des ökumenischen Jahresempfanges, dass wir hier im Hohen Haus als Landtag, aber auch die Mitglieder der Landesregierung eine Vorbildwirkung gegenüber den Menschen in unserem Land haben. Schaue ich mir rückblickend so manche Debatte hier im Plenum an, dann kann ich nur sagen, dass wir versagt haben. Es gelingt kaum noch, über bestimmte Themen sachlich miteinander zu debattieren. Immer häufiger bedanken sich hier vorn Rednerinnen und Redner dafür, dass eine Debatte sachlich stattgefunden hat. Es sollte eine Normalität, eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir hier sachlich miteinander diskutieren.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD)

Nein, inzwischen bedankt man sich dafür. Seit dem Jahr 2016 erleben wir eine von rechts außen erfolgreich vergiftete Debattenkultur. Ich teile die Auffassung des Ministerpräsidenten: Wir sollten ein Vorbild sein. Im Moment sind wir als Landtag ein schlechtes Vorbild.

Doch wir haben es in der Hand, welchen Ton wir setzen und ob wir dem rechten Ungeist zu noch mehr Raum verhelfen. Auch wir stehen in der Verantwortung, dass aus Worten keine Taten werden, wie man es leider im vergangenen Wahlkampf vermehrt erlebt hat.

(Zuruf von der AfD: Das stimmt!)

Nach dem Angriff in Dresden auf einen Kandidaten der SPD flammte kurzzeitig eine Debatte hoch. Eine Strafverschärfung für Angriffe auf Politiker wurde angeregt. Ich bitte Sie: Warum soll denn eigentlich ein Angriff auf einen Abgeordneten beim Plakatieren etwas anderes sein, als etwa ein Angriff auf einen Dienstleister, der per Auftrag Plakate hängt? - Dafür gibt es keinen Grund. Das ist nicht der Weg. Die politische Sphäre wird sich dadurch noch mehr aus der gesellschaftlichen herausdefinieren. Wir müssen mit allen zusammenstehen.

(Zustimmung bei der Linken)

Wir müssen sowohl den im demokratischen Geiste Engagierten und den Mutigen beistehen als auch den Menschen beistehen, die von Demokratiefeinden bedroht und angegriffen werden. Lassen Sie uns lieber auf die Anwendung der bestehenden Straftatbestände schauen sowie auf das Vorgehen von Polizei und Justiz. Deswegen komme ich noch einmal auf die Hasskommentare im Internet zurück. Fragen Sie einmal bei Journalistinnen und bei Politikerinnen nach, wie wenig Gutes und Wirksames über die Strafverfolgung von Hatern und Hetzern berichtet werden kann. Da muss sich dringend einiges verbessern, damit nicht noch mehr Frauen aufgeben.

(Zustimmung bei der Linken und von Olaf Meister, GRÜNE)

Ich will und bitte Sie darum, dass wir uns als Demokraten und Demokratinnen trotz vieler politischer Differenzen gemeinsam für unser Grundgesetz, für Meinungsfreiheit und gegen Gewalt zusammentun und aufstehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ich muss der Behauptung, wir von der AfD seien so intolerant und wollten andere Meinungen unterdrücken und einschüchtern, ganz entschieden entgegentreten, weil es mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Das spielt sich nur in Ihrer Fantasie ab. Das will ich mit Tatsachen belegen. Und zwar will ich an eine Veranstaltung in Vitzenburg im Jahr 2019 vor der damaligen Kommunalwahl erinnern. In meinem Wahlkreis haben wir eine Info-Veranstaltung der AfD durchgeführt. Dazu ist jemand von der Linken gekommen, Alexander Sorge. Den werden Sie kennen. Der wollte sich das anschauen, hat sich einfach unerschrocken hineingesetzt. Es gab ein bisschen Getuschel und Leute haben gesagt: Mensch, passt auf, da ist ein Linker dabei. - Darauf habe ich gesagt: Na und, so lange er friedlich ist, kann er hierbleiben, er soll es sich anhören, kein Problem. - Dem Herrn wurde keine Haare gekrümmt.

Ich bin mir sicher: Wenn ich bei Ihnen in eine Veranstaltung marschieren würde, dann könnte ich mich dort vielleicht zwei Sekunden halten und hätte dann einen in der Fresse.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)

Ich habe einmal versucht, auf eine Demo von der Linken zu gehen. Dann hieß es - ich wollte nur schauen  , ich würde mit meiner Anwesenheit provozieren. Ich habe überhaupt nichts gemacht, ich habe mich einfach hingestellt. Am Schluss musste mich die Polizei schützen. So ist die Wirklichkeit und so sieht Ihre Toleranz aus. Sie sind im Grunde die gefährlichsten und gewaltbereitesten Antidemokraten in diesem Land.