Tagesordnungspunkt 8
Migration in Deutschland - aktuelle Herausforderungen für Sachsen-Anhalt
Antrag Fraktion CDU - Drs. 8/1986
Es ist eine Redezeit von zehn Minuten verabredet worden. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Es spricht der Abg. Herr Schulenburg. - Herr Schulenburg, bitte.
Chris Schulenburg (CDU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 24. Februar haben wir eine tatsächliche Zeitenwende in Europa zu verzeichnen - nicht etwa bei den Investitionen in die Bundeswehr, sondern vielmehr bei der Bewältigung einer erneuten größeren Welle von Flüchtlingsströmen aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine.
Die Angriffe auf die Energieinfrastruktur sollen die Bevölkerung in der Ukraine in die Hungersnot und in die Kälte treiben, und zwar mit dem Ziel, dass sie sich auf den Weg nach Europa machen, um die gesellschaftliche Stabilität und den Wohlstand in Europa ins Wanken zu bringen. Wir danken den Kommunen und vor allem den ehrenamtlichen Kräften und den privaten Initiativen, die dafür gesorgt haben, dass jeder aus der Ukraine hier eine Unterkunft erhält und somit menschenwürdig untergebracht ist.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit. Wir nehmen unsere völkerrechtlichen Verpflichtungen sehr ernst und versorgen Flüchtlinge, die tatsächlich vor Krieg und Terror geflohen sind. Welche Herausforderungen das für Sachsen-Anhalt mit sich bringt, macht die aktuelle Situation an den Schulen deutlich. Ein großer Teil der fast 6 000 aufgenommenen Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine wird von ukrainischen Lehrkräften oder von Personal zur intensiven Sprachförderung an den öffentlichen Schulen beschult.
Wir als CDU haben in der Vergangenheit immer deutlich gesagt, dass wir in Deutschland eine Integrationsobergrenze nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht haben. Blicken wir nach Berlin: keine Schulplätze für Flüchtlingskinder. Berlins Bezirke haben keine Kapazitäten für Willkommensklassen. Rund 1 600 geflüchtete Kinder und Jugendliche stehen auf Wartelisten für einen Schulplatz. Das ist ein Beispiel aus der Praxis dafür, dass wir mit unserer Integrationsobergrenze richtig gelegen haben.
(Zustimmung bei der CDU)
Vom überlasteten Wohnungsmarkt will ich an dieser Stelle gar nicht sprechen. Die großen Flüchtlingsströme in den letzten Monaten sind eine große Herausforderung für unser Land und für unsere Kommunen. Das Sozialstaatsprinzip ist in unserer Verfassung verankert. Der Sozialstaat wurde geschaffen, um denjenigen zu helfen, die tatsächlich Hilfe benötigen. Er wurde aber nicht für eine dauerhafte oder lebenslange staatliche Alimentierung ohne Mitwirkung zur Integration geschaffen.
(Zustimmung bei der CDU)
Blicken wir einmal in den Koalitionsvertrag der Ampel. Was will der Bund? - Ich zitiere:
„Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.“
(Hannes Loth, AfD, lacht)
„Der Bund wird die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen.“
Wir fragen uns: Wo ist die Unterstützung für unsere Bundesländer?
(Zustimmung bei der CDU)
Seit einem Jahr ist die Ampel im Dienst, aber eine spürbare Entlastung ist nicht wahrnehmbar.
(Zuruf von Hannes Loth, AfD)
Ein Landrat der SPD meldet sich bei uns, bittet um Unterstützung, bittet um Hilfe und wir können nur sagen: Wir sind der falsche Ansprechpartner; ruf deine Bundesinnenministerin an; wir können dort nicht viel machen.
Im Dezember 2021, vor einem Jahr, bittet Baden-Württemberg um Unterstützung bei der Abschiebung eines gerichtlich verurteilten Sexualstraftäters, der mit drei anderen eine damals 14 Jährige über mehrere Stunden vergewaltigt hat. Ebenfalls im Dezember 2021 bittet Baden-Württemberg um Unterstützung bei der Abschiebung eines gerichtlich verurteilten Gefährders, weil aufgrund der Radikalisierung und der deutlichen Gewaltbereitschaft mit Anschlagsplanungen zu rechnen ist.
Es wird noch schlimmer: Der Sexualstraftäter sitzt nach der Haftentlassung in Abschiebehaft und kann nicht abgeschoben werden, weil trotz erneuter schriftlicher Bitte aus Baden-Württemberg im Februar dieses Jahres das Bundesinnenministerium keine Abschiebung nach Afghanistan vollzieht.
(Ulrich Thomas, CDU: Unglaublich!)
Im September dieses Jahres heißt es aus dem Ministerium von Frau Faeser, dass weiterhin die Durchführung von Abschiebungen von Gefährdern und schweren Straftätern nach Afghanistan nicht möglich sei.
(Frank Bommersbach, CDU: Unglaublich!)
Im Oktober dieses Jahres kam dann die erneute schriftliche Aufforderung, der Hilfeschrei aus Baden-Württemberg zum dritten Mal , dass der Sexualstraftäter und der Gefährder doch bitte nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Es besteht die Gefahr, dass weitere Sexualstraftaten begangen und Anschläge verübt werden. Von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser kam keine Reaktion.
Das ist die große Rückführungsoffensive. Das ist die tatsächliche Unterstützung für unsere Bundesländer durch den Bund. Wenn die Sicherheit eines Sexualstraftäters und wenn die Sicherheit eines Gefährders höher wiegen als die Sicherheit der eigenen Bevölkerung, dann ist Frau Nancy Faeser dort fehl an diesem Platze.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf: Genau!)
Aus dem Bundesinnenministerium heißt es ich zitiere :
„Zusätzlich zur großen Fluchtbewegung aus der Ukraine kommen derzeit auch über das Mittelmeer und die Balkanroute wieder erheblich mehr Menschen nach Europa. ‚Das macht mir Sorge, hier müssen wir klar für eine Begrenzung sorgen‘, so Faeser.“
Diese Doppelzüngigkeit macht mir tatsächlich Sorgen. Denn wie sieht die Realität in Wirklichkeit aus? - Man nimmt große Kontingente von Flüchtlingen aus der Seerettung aus Italien auf, obwohl Deutschland europaweit bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine eine Vorreiterrolle innerhalb von Europa einnimmt, und das ohne Absprache mit den Bundesländern, die es am Ende zusammen mit den Kommunen schultern müssen. Die Absprachen dazu sind unterirdisch.
Die Bundesregierung wird „United4Rescue“ im Jahr 2023 2 Millionen € für die zivile Seenotrettung zur Verfügung stellen.
(Zuruf von Hannes Loth, AfD)
Auch für die darauffolgenden Jahre 2024 bis 2026 sind jeweils 2 Millionen € vorgesehen. Die Ampel fördert damit die illegale Schleusung über das Mittelmeer mit Steuermitteln.
(Zustimmung bei der CDU)
Schleuser brauchen nur noch die Flüchtlinge in ein Schlauchboot zu stecken sowie den Notruf abzusetzen, und die Bundesregierung leistet Beihilfe beim illegalen Grenzübertritt.
(Zustimmung bei der CDU)
Das hat mit tatsächlicher Seenotrettung nichts mehr zu tun. Wie naiv kann man eigentlich sein? - Das ist wirklich keine Rückführungsoffensive, das ist eine Einführungsoffensive zum Nachteil unseres Sozialstaats,
(Zustimmung bei der CDU)
zum Nachteil derjenigen, die tatsächlich Hilfe benötigen.
(Daniel Roi, AfD: Das ist die Fortsetzung der CDU-Politik in der Seenotrettung!)
Das Gesetz zum Chancen-Aufenthaltsrecht sieht vor, dass Menschen, die mindestens seit fünf Jahren in Deutschland geduldet sind, für weitere 18 Monate ein Chancen-Aufenthaltsrecht bekommen. Dieses Gesetz belohnt die Falschen, nämlich die Ausreisepflichtigen, die vorwerfbar mit ungeklärter Identität bei uns leben. Es ist psychologisch der größte Unsinn, was gerade in Berlin passiert. Das wäre ungefähr das Gleiche, als wenn Sie einem Kind ein Schoko-Bons geben und sagen: Jetzt räume bitte dein Zimmer auf. - Das funktioniert nicht, das kann ich Ihnen ganz deutlich sagen.
(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU, und von Ulrich Thomas, CDU)
Das Chancen-Aufenthaltsrecht ist ein Amnestiegesetz für alle, die wissen, wie sie heißen und
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Weitere Zurufe)
die wissen, woher sie herkommen, aber zurzeit unter einem vorsätzlichen Gedächtnisschwund leiden. Mit Unterstützung der Ampel sind sie hier weitere 18 Monate auf der sicheren Seite.
(Dr. Katja Pähle, SPD: Aber das Gesetz haben Sie schon gelesen? - Guido Kosmehl, FDP: Das ist unfassbar! Leute! - Zuruf von Christian Hecht, AfD - Weitere Zurufe)
Wo ist denn der Beauftragte der Bundesregierung, der Sonderbevollmächtigte für die Migrationsabkommen mit anderen Ländern? Für die Außenministerin ist die feministische Außenpolitik eine ganz wichtige Strategie. Ich glaube, die Strategie mündet darin, dass sie das Porträt von Reichskanzler Otto von Bismarck abhängt. Daran sieht man einmal, wie aktuell in diesem Land die Prioritäten in der Außenpolitik und in der Migrationspolitik gesetzt werden.
Der Gipfel ereignete sich vor Kurzem in Berlin. Eine Berliner LINKEN-Stadträtin blockierte eine Clan-Razzia. Die Linkspartei findet es stigmatisierend, wenn Shishabars durchsucht werden. Nun untersagte Neuköllns Ordnungsstadträtin von der LINKEN einen Einsatz in einem Restaurant.
(Daniel Roi, AfD: Die Sie in Thüringen unterstützen!)
Von einer Clan-Größe gab es dafür ganz viel Beifall. Sie bezeichnete die LINKEN-Stadträtin als Ehrenfrau. - Gott schütze unsere Hauptstadt Berlin vor dieser linken Sicherheitspolitik.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir stehen vor großen Herausforderungen und die aktuellen Ereignisse im Bund machen mir tatsächlich Sorgen, weil sie Auswirkungen auf unser Bundesland haben. - Herzlichen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Schulenburg. - Herr Lieschke, Sie haben eine Intervention angemeldet.
Matthias Lieschke (AfD):
Genau. - Herr Schulenburg, danke für diese Rede. Wenn wir diese gehalten hätten, dann hätten wir aus den Reihen der CDU-Fraktion und insgesamt aus den Koalitionsfraktionen Buhrufe erhalten. Aber Sie haben sie gehalten. Das finde ich sehr, sehr gut. Setzen Sie sich am besten zu uns. Sie passen zu uns.
(Oh! bei der CDU)
Chris Schulenburg (CDU):
Wissen Sie, Herr Lieschke: Das Einzige, was aus Ihrer Äußerung deutlich wird, ist, dass wir Sie hier definitiv nicht brauchen.
(Zurufe)
Mit den Äußerungen der CDU wird noch einmal deutlich, dass wir Sie hier an diesem Rand definitiv nicht brauchen.
(Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Schulenburg. - Jetzt erhält für die Landesregierung
(Zuruf)
- Man muss während der Rede aufstehen, Herr Loth.
(Zurufe von der AfD: Hat er! - Unruhe)
Herr Loth, dann bitte.
Hannes Loth (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich meine, man kann mich einmal übersehen. Das sehe ich Ihnen nach. - Sehr geehrter Herr Schulenburg, vielen Dank für diese Rede. Was wollte ich jetzt dazu sagen?
Chris Schulenburg (CDU):
Das weiß ich nicht.
Hannes Loth (AfD):
Die Linken sind wenigstens ehrlich. Die wünschen sich wie Sebastian Striegel die Zuwanderung bis zum Volkstod. Das ist ja okay. Die SPD möchte das. Die möchte auch alle hereinholen. DIE GRÜNEN wollen alle hereinholen und DIE LINKE will alle reinholen.
Sie haben 16 Jahre lang alle hereingeholt.
(Zuruf von der AfD: Richtig!)
Sie stellen sich jetzt hier hin und sagen: Das war nicht so, die müssen abschieben. Diese Rede ist an Heuchelei nicht zu überbieten.
(Beifall bei der AfD)
Chris Schulenburg (CDU):
Wissen Sie, Herr Loth: Das Geheimrezept der CDU Sachsen-Anhalt ist schon immer gewesen
(Zuruf von der AfD: Geheimrezept! - Lachen bei und weitere Zurufe von der AfD)
- hören Sie einfach zu! ,
(Oliver Kirchner, AfD: Tricksen, täuschen, tarnen!)
dass wir auch in den letzten Jahren immer deutliche Kritik in Richtung Berlin gerichtet haben.
(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der AfD: Oh! - Lächerlich!)
Ich bin meinem Ministerpräsidenten dankbar, der in den MPK und im Bundesvorstand der CDU immer klare Worte gefunden hat.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Wir klatschen eben nicht immer Beifall bei allen Dingen, die aus Berlin kommen. - Herzlichen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)