Nicole Anger (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Lange hat es gedauert. Fast vier Jahre nach der Verkündung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes durch den Bund erreicht dieses Gesetz jetzt auch endlich Sachsen-Anhalt. Drei Minuten habe ich Zeit, zum vorliegenden Gesetzentwurf zu reden. Das wird sportlich. Ich versuche es einmal.
Punkt 1: Verfahrenslotsen. Seit Januar 2024 sind Verfahrenslotsen im Einsatz und das ist auch wirklich gut so. Aber wie kann es sein, dass die landesgesetzliche Grundlage dafür noch fehlt? Der Einsatz dieser wichtigen Unterstützer*innen findet bislang nur punktuell statt, etwa im Bereich der Frühen Hilfen. Doch das reicht nicht aus. Wenn wir über Inklusion und über junge Menschen reden, betrifft es jedes jugendliche Alter. Die Arbeit der Verfahrenslotsen darf also nicht weiter im Unklaren bleiben.
Punkt 2: Ombudsstellen. Seit 2019 leistet die Ombudsstelle in Sachsen-Anhalt herausragende Arbeit. Sie ist ein Garant für Vertrauen und Beratung. Und doch sieht der Gesetzentwurf eine Förderung des Trägers für maximal vier Jahre vor. Die Beratung erfolgt jedoch kontinuierlich, verlässlich und hat keinen Bedarf, zeitlich befristeten Projekten zu unterliegen. Wir brauchen keine Projektitis. Die Ombudsstelle muss dauerhaft gestärkt und zuverlässig abgesichert werden.
(Beifall bei der Linken)
Punkt 3: der Landesjugendhilfeausschuss. Es ist geradezu befremdlich, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung die Nachbesetzung beim Landesjugendhilfeausschuss aus dem Gesetz streichen will. Stellen Sie sich das einmal für Abgeordnete vor. Ein stimmberechtigtes Mitglied scheidet aus persönlichen oder aus beruflichen Gründen aus und der Platz bleibt bis zum Ende der Wahlperiode unbesetzt. Das ist ein Affront gegen demokratische Mitbestimmung. Ein nicht nachbesetzter Ausschuss wird handlungsunfähig. Unliebsame Themen können einfach blockiert werden. Nachbesetzungen, meine Damen und Herren, müssen einfach jederzeit möglich sein.
(Beifall bei der Linken)
Punkt 4: der Kinder- und Jugendbericht. Es ist nicht nur irritierend, es ist sogar unverantwortlich, dass die Vorlage des Kinder- und Jugendberichts flexibilisiert werden soll. Bereits in der Vergangenheit wurde der Bericht nicht rechtzeitig vorgelegt. Er konnte keinen Niederschlag im Agieren der Landesregierung finden. Jetzt soll er zeitlich und, wie mir scheint, auch inhaltlich flexibilisiert werden. Dieser Bericht ist kein Selbstzweck, meine Damen und Herren. Er ist ein entscheidendes Instrument für die politische Gestaltung der Kinder- und Jugendpolitik, und genauso ernst sollten wir diesen Bericht auch nehmen.
(Beifall bei der Linken)
Punkt 5: Schulsozialarbeit. Per Bundesgesetz wurde § 13a SGB VIII eingeführt. Ein Meilenstein, der die Bedeutung der Schulsozialarbeit unterstreicht. Doch was macht der Gesetzentwurf? Er ignoriert diesen Punkt völlig. Das ist nicht nur ein Versäumnis, es ist ein Verstoß gegen das Bundesrecht, das eine landesrechtliche Regelung zu Inhalt und Umfang der Schulsozialarbeit verlangt. Schulsozialarbeit ist kein Nice-to-have; sie ist essentiell.
(Zustimmung bei der Linken)
Meine Damen und Herren! Ich setze darauf, dass wir im Sinne der Kinder und Jugendlichen eine gründliche fachliche Anhörung im Sozialausschuss haben. Denn wenn man die Stellungnahmen und den Gesetzentwurf liest, erkennt man, dass viele Punkte aus den Stellungnahmen nicht berücksichtigt wurden. Einige davon habe ich gerade genannt. Wir haben Diskussionsbedarf. - Vielen Dank.