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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 19

Beratung

Schöner bauen! Architektur braucht Tradition

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/5149. 


(Beifall bei der AfD)

Herr Tillschneider bringt den Antrag ein. - Bitte sehr. 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seitdem Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA gewählt wurde, ist nichts mehr, wie es vorher war. Die Herrschaft abgehobener Möchtegerneliten, 

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN) 

ihre Wut gegen das Althergebrachte, 

(Lachen bei der Linken) 

ihre perversen Spinnereien, die zerstörerischen Ideologien des Poststrukturalismus und der Dekonstruktion, die abgedrehte Dekadenz im Zeichen des Regenbogens - all das hat nun seinen Zenit überschritten und seinen Hochmut verloren. All das ist in der Defensive und müht sich schwächlich in Rückzugsgefechten. Olaf Scholz hat im Jahr 2022 von einer Zeitenwende gefaselt - Donald Trump hat sie im Jahr 2024 gebracht. Werte Kollegen, der Kulturkampf ist eröffnet.

(Beifall bei der AfD)

Er wird auch im Landtag von Sachsen-Anhalt gekämpft, gerade hier, weil in der Bundesrepublik Deutschland Kultur bekanntlich Ländersache ist. Wir haben mit unserem Antrag zum Bauhaus im letzten Herbst schon einen Auftakt gemacht und eine weit über unser Bundesland hinausreichende Debatte angestoßen. Wir haben die Bauhaus-Ideen einer gründlichen Kritik unterzogen und eine Historisierung dieser Architekturschule gefordert.

Heute nehmen wir uns ein Gesetz aus Donald Trumps erster Amtszeit zum Vorbild und legen einen Antrag vor, mit dem wir fordern, dass der Staat wieder für sein Volk bauen soll und nicht für eine winzige Blase von Architekten, die, berauscht von ihren eigenen Einfällen, meinen, sich von jeder Tradition abschneiden zu können.

(Beifall bei der AfD)

Architektur braucht wie jeder Bereich menschlicher Kultur die Tradition, weil nur dann das Bauwerk zu uns gehört und von der Mehrheit der Bürger angenommen wird. Ja, viel stärker noch als andere Werke braucht das Bauwerk die Tradition, besteht doch das Wesen des Bauwerkes darin, dass es eine Heimstatt gibt. Ein Bauwerk ist nicht einfach nur ein immobiles Gefüge von Wänden und Decken zum Schutz vor Witterungseinflüssen. Nein, das Wesen des Bauwerkes liegt darin, zu verorten und Heimat zu geben. Im Fall von öffentlichen Bauwerken beheimatet es die 

(Zuruf von der SPD) 

Institution und gibt ihr einen Sitz, gibt ihr einen Ort in der Welt.

Heimisch aber sind wir schon je und nur in einer Umgebung, die uns vertraut ist. Vertraut aber sind wir mit dem, was uns durch Herkommen bekannt ist. Wir verorten uns so immer schon im Herkommen. Das Herkommen, die Tradition nur kann uns Heimat geben. Wie aber sollen wir uns in einem Hirngespinst, in einer auf dem Reißbrett entworfenen Architekten-Schnapsidee heimisch fühlen?

(Dr. Katja Pähle, SPD: Oh! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der radikale Traditionsbruch so mancher modernistischen Machwerke hat mit ihrer zur Schau gestellten Unheimlichkeit Antibauwerke geschaffen, die genauso fremd und menschenfeindlich wirken wie die im Hintergrund stehenden Utopien.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Utopie, also auf Deutsch: Nicht-Ort, ist hier auch genau der richtige Begriff. Die Utopie kann per se nicht verorten; die Utopie entwurzelt. Die utopischen Gebäude der Modernisten bieten eine Nicht-Heimat, eine Un-Heimat. Geborgen und heimisch fühlen wir uns nur in dem, was unsere Erwartungen bestätigt, was wir kennen, was zu uns gehört.

Zugleich aber kann auch nur solches wahrhaft schön sein, weil schön das ist, was unseren Erwartungen an Schönheit entspricht. Zwar gibt es auch Schönheit, die in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Tradition steht, aber wenn ein Werk diesen Bogen überspannt, dann kippt es schnell in offene Hässlichkeit, siehe Zwölftonmusik, siehe abstrakte Malerei. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ach! - Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN) 

Günter Figal hat gegen die ästhetische Wertschätzung des Traditionellen in der Baukunst lapidar eingewandt, es gebe schöne und hässliche traditionelle Gebäude und schöne und hässliche modernistische Gebäude. Figal hat allerdings nur wenige und keinesfalls eindeutige Beispiele für hässliche traditionelle Gebäude aufgeboten. Und wenn wir einmal in einen Schlagabtausch der Bausünden eintreten wollten, würden die Modernisten ihn schnell verlieren, weil es einfach viel weniger traditionelle Bausünden als modernistische Bausünden gibt.

(Unruhe bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zwar kann die Tradition, wie Heidegger am Anfang von „Sein und Zeit“ darlegt, einem, indem man sich ihr blind überlässt, das Fragen und Wählen abnehmen und so zu nicht authentischer Lebensweise verführen. 

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE) 

Die Tradition, so Heidegger, überantwortet das Überkommene der Selbstverständlichkeit und verlegt den Zugang zu den ursprünglichen Quellen, daraus die überlieferten Kategorien und Begriffe zum Teil in echter Weise geschöpft wurden. Deshalb ist gegenüber jedem Traditionalismus Vorsicht geboten. 

(Zuruf von der SPD: Bei Ihnen ist auch Vorsicht geboten! - Juliane Kleemann, SPD: Wenn’s gut werden soll - Bauhaus! Ihr Baumarkt um die Ecke! Da finden Sie alle Sachen, die Sie brauchen, um einfach nur zu bauen!) 

Aber wir sind heute, anders als vielleicht am Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts, gar nicht in der Lage zu erkennen, dass wir uns einem alles verschlingenden, alles bestimmenden allmächtigen Traditionalimus gegenübersehen, der jedes Fragen und Suchen in eine tumbe Selbstverständlichkeit herabdrückt. Im Gegenteil: Die Tradition liegt duzendfach getötet, zerschlagen und geschändet vor uns. Und es gibt tatsächlich eine Art von fanatischen Leichenfledderern, die meinen, sie trotzdem immer wieder aufs Neue vernichten zu müssen. 

(Zuruf von der CDU - Unruhe)

Heidegger warnt nicht vor der Tradition, sondern vor einer Selbstverständlichkeit des Zugangs, von der wir, die AfD, mit unserer ausdrücklichen Neuentdeckung weiter entfernt sind denn je, während umgekehrt gerade die vermeintlich getötete Tradition sich gern unausdrücklich und subkutan dort einschleicht, 

(Zuruf von der SPD: „Subkutan“ ist kein deutsches Wort!)

wo niemand es vermuten würde, weshalb so mancher Antifant mehr waschechten Nazi in sich hat, als ihm lieb sein kann. 

(Beifall bei der AfD -  Zuruf von den GRÜNEN)

Doch zurück zum Thema. Auch die Architektur muss zeitgemäß sein.

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja! - Lachen bei der SPD)

Wahrhaft zeitgemäß aber ist nur das, was historischen Sinn hat und um sein Herkommen weiß. 

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja, ja!)

Der Antrag ist deshalb bewusst offen gehalten worden und verlangt nur, dass eine Tradition aufgegriffen wird. 

(Unruhe))

Für Repräsentativbauten wird der preußische Klassizismus empfohlen, 

(Zuruf von der SPD: „Repräsentation“ ist kein deutsches Wort!)

nicht vorgeschrieben. Und diese Empfehlung rührt einfach daher, dass im alten Griechenland die Geschichte der Demokratie beginnt 

(Zuruf von der SPD: „Demokratie“ ist auch kein deutsches Wort!)

und diese und weitere für uns maßgeblicher Uranfänge in den Bauwerken jener Zeit Ausdruck gewinnen. Wo also ließen sich die Institutionen unserer Demokratie besser verorten als in Bauwerken, die daran Anschluss suchen?

Und auch hier sollen keine Kopien des Goethe-Theaters in Bach Lauchstädt oder der Neuen Wache in Berlin entstehen, sondern freie Anverwandlungen und Übersetzungen in unsere Zeit; denn nur dann, wenn die Tradition sich im Laufe der Zeit wandelt, lebt sie. Wir aber wollen keine tote Tradition fortschleppen. Wir wollen, dass die Tradition lebt.

Abschließend will ich noch etwas gegen das nun erwartbare Idiotenargument vorbringen, Schönheitsempfinden sei ja subjektiv und ein ästhetisches Urteil sei in keiner Weise objektivierbar. Ich will exemplarisch das Urteil ins Feld führen, das z. B. die französische Politikerin Marion Maréchal tatsächlich schöner ist als Ricarda Lang. 

(Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD) 

Ich halte das nicht für eine subjektive Angelegenheit, sondern durchaus für objektivierbar, was freilich nicht ausschließt, 

(Zuruf von der CDU) 

dass seltsam veranlagte Personen das anders sehen. Aber hier bestätigen Ausnahmen die Regel.

Ebenso halte ich die Aussage für objektivierbar, dass die Leipziger Universitätskirche schöner war als der Plattenbau, den die gottverdammten Kommunisten nach der Sprengung dieser Kirche im Jahr 1968 an ihre Stelle gesetzt haben. 

(Tobias Rausch, AfD: Richtig!)

Und ebenso ist die Aussage objektivierbar, dass das Berliner Stadtschloss schöner war als der Palast der Republik, womit ich aber nichts über den Sinn der im Zeitraum von 2013 bis 2022 angefertigten Reproduktion gesagt haben will.

Die Entscheidung der jeweiligen Mehrheit jedenfalls hat unter uns Gattungswesen in Fragen der Ästhetik tatsächlich eine erkenntnisleitende Funktion. Die Neigung der großen Mehrheit zu Tradition und Konvention ist nicht naserümpfend als angeblich ungebildete Einstellung der Massen abzutun. Nein, diese Mehrheitseinstellung ist gut richtig, legitim und Ausdruck echter Traditionsbildung, während die Überheblichkeit linker Avantgardisten schlecht, falsch, ungebildet und in keiner Hinsicht legitim ist. Ja, wir sind Populisten; wir verteidigen die Sache des Volkes. Wir wollen schöner bauen und wir stellen fest: Architektur braucht Tradition. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann hätten wir jetzt eine Intervention von Frau Gorr. Frau Gorr, Sie haben das Wort. Bitte sehr.


Angela Gorr (CDU): 

Herr Dr. Tillschneider, ich wüsste gern, wer Ihre Texte wo veröffentlicht? Ich glaube, Ihre Poesie und Philosophie ist bei uns hier ein bisschen verschwendet. Können Sie mir dazu Auskunft geben? Sie müssen doch für irgendjemanden diese Texte schreiben. 

(Lachen und Unruhe bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Frau Gorr, ich gebe Ihnen recht. Bezogen auf diesen Saal war diese Rede Perlen vor die Säue.

(Lachen und Beifall bei der AfD - Jörg Bernstein, FDP: Oh!)

Darin gebe ich Ihnen recht. Aber ich bin mir sicher, dass verständigere Geister, als Sie es sind, 

(Oh! bei der CDU)

diese Rede hören und schätzen werden. Und für diese habe ich gesprochen.

(Beifall bei der AfD - Unruhe bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Also, Herr Tillschneider, einmal abgesehen davon, dass Sie in dieser Rede Antifaschisten als Nazis bezeichnet haben und viele andere Dinge vorgetragen haben, die ich jetzt einmal nicht mit einem Ordnungsruf belege, möchte ich aber bitte nicht, dass Ihr Nachbar beim nächsten Mal wieder bei dem Wort „Faschisten“ ausrastet. 

Ich will an dieser Stelle eines ganz klar sagen: Wenn Sie sagen: „Bezogen auf diesen Saal war meine Rede Perlen vor die Säue“, dann ist das nun wahrlich eine absolute Grenzüberschreitung. Dafür erhalten Sie jetzt einen Ordnungsruf von mir.