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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Problem der Überführungslücken bei der Rentenüberleitung von DDR-Recht in das bundesdeutsche Rentenrecht war und ist immer wieder Thema im Hohen Hause, zuletzt während der Landtagssitzungen am 13. Dezember 2022 sowie am 13. Oktober 2023. Deshalb möchte ich zunächst auf diese verweisen, um nicht noch einmal Gesagtes zu wiederholen. 

Was wird also in der heutigen Aktuellen Debatte gefordert? - Doch eigentlich genau das, was die Landesregierung seit Jahren verfolgt. Es muss eine Regelung geben, um die Verzerrungen im Rentensystem zwischen West und Ost auszugleichen und um eine gerechte Lösung für die im Rahmen der Rentenüberleitung untergegangenen Rentenansprüche zu finden. Genau so steht es im Koalitionsvertrag der die Landesregierung tragenden Parteien. 

Ja, es ist zutreffend: Sachsen-Anhalt ist trotz der Verlängerung der Antragsfrist und damit auch der Verlängerung der Möglichkeit des Beitritts zum Härtefallfonds diesem nicht beigetreten. Eben weil dieser Fonds in seiner Ausgestaltung den Forderungen der Betroffenen nicht gerecht wird, würde ein Beitritt wahrscheinlich kaum zu weiteren positiven Bescheiden führen. 

Die geringe Anzahl der Bewilligungen resultiert vermutlich aus den zu strengen Zugangskriterien. So kommen bspw. für eine Einmalzahlung nur Rentnerinnen und Rentner infrage, die nicht mehr als 830 € monatliche Rente beziehen. Bei den meisten Betroffenen geht es aber um Zusatzansprüche wie etwa bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ehemaligen Reichsbahn.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Schauen wir uns nur die Zahlen zum Härtefallfonds für unser Land an, so sind von den mit Stand vom 31. Januar 2024 - Frau Hohmann hat es schon gesagt - insgesamt 2 181 eingegangenen Anträgen 344 durch die Stiftung Härtefallfonds des Bundes bearbeitet worden. Und ja, lediglich 93 Anträge wurden bewilligt. 251 Anträge wurden mithin abgelehnt. Die Bewilligungsquote liegt damit bei ca. 30 %. 

Unser Land ist aber kein Ausreißer. Auch in den anderen neuen Bundesländern ist die Zahl der bewilligten Anträge ähnlich. In Thüringen erfolgten bis zum 31. Januar 2024 lediglich 75 Bewilligungen, in Mecklenburg-Vorpommern 91, in Brandenburg 45, in Berlin 21 und selbst im bevölkerungsreichsten Bundesland Sachsen lediglich 155.

So ist es nicht verwunderlich, dass sogar Betroffenenvertretungen wie der Runde Tisch Rentengerechtigkeit e. V. es im Petitionsausschuss begrüßt haben, dass die Landesregierung die Leistungen aus dem Härtefallfonds in der bestehenden Fassung nicht mitträgt.

Die Position der Landesregierung zur Anerkennung von DDR-Rentenansprüchen und zur teilweisen Umsetzung durch die Stiftung des Bundes zur Abmilderung von Härtefällen aus der Ost-West-Rentenüberleitung hat sich nicht geändert. Die Ausgestaltung der Stiftung Härtefallfonds des Bundes wird von der Landesregierung auch in der Rückschau immer noch kritisch gesehen. Dies betrifft die finanzielle Ausstattung, die vom Bund im Haushalt 2023 von 1 Milliarde € auf 500 Millionen € reduziert wurde.

Dies betrifft auch die vom Bund geforderte Beteiligung der Länder, um die Lücke zu füllen. Zudem haben die Kriterien für eine Anspruchsberechtigung dazu geführt, dass bei Weitem nicht alle betroffenen Gruppen erreicht wurden. Auch ist zu hinterfragen, ob eine Einmalzahlung die richtige Lösung sein könnte, um die Härtefälle adäquat zu würdigen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Daher muss es weiterhin das Bestreben sein, eine Lösung zu finden, die auch andere Personengruppen als in der bisherigen Konstruktion des zum 31. Januar 2024 ausgelaufenen Härtefallfonds berücksichtigt.

Ergänzend wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Landesregierung den Bund weiterhin in der rentenrechtlichen Nachregulierungspflicht sieht. Damit ist auch gemeint, dass die ostdeutschen Länder aktuell noch immer 50 % der Leistungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz übernehmen, obwohl die ostdeutschen Bundesländer nicht die Rechtsnachfolger der DDR sind. 

Im Falle Sachsen-Anhalts handelt es sich jährlich um ca. 425 Millionen €. Mit dieser bereits bestehenden Belastung ist es dem Land nicht möglich, weitere Lasten zu tragen, für die keine Rechtsverpflichtung besteht. Hierzu sei mir der Hinweis auf die bereits erwähnte Sitzung des Petitionsausschusses erlaubt. Genau dies ist auch vom Runden Tisch Rentengerechtigkeit e. V. vorgetragen worden. 

Vor dem Hintergrund ihrer sehr angespannten Haushaltslagen haben die ostdeutschen Länder ein großes Interesse an der Weiterführung dieses Prozesses, in dem sich der Bund zu seiner alleinigen Verantwortung für alle Betroffenen bekennt, die durch die Rentenüberleitung nicht vorhersehbare Nachteile erlitten haben.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wie bereits ausgeführt sieht die Landesregierung eine bessere Lösung in der Schaffung eines Fonds, der auch andere Personengruppen als in der bisherigen Konstruktion berücksichtigt. Dabei wäre, wie bereits angeklungen, insbesondere auch zu prüfen, ob eine Einmalzahlung eine richtige und eine gerechte Lösung sein kann. -Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und von Tobias Krull, CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es gibt zwei Fragen, zunächst eine von Herrn Gallert und dann eine von Frau Hohmann. - Herr Gallert, bitte. 


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Frau Ministerin, Sie haben jetzt nicht zum ersten Mal begründet, dass man dem Härtefallfonds aus Prinzip nicht beigetreten ist, weil es zu wenig oder zu schlecht wäre. 

Das Problem besteht nur darin, dass der Umstand, dass das Land nicht beigetreten ist, in der Konsequenz dazu geführt hat, dass diejenigen, die überhaupt etwas bekommen haben, nur die Hälfte von dem bekommen haben, was sie z. B. in Thüringen bekommen hätten. Ihre Verärgerung darüber, dass der Bund hierbei nicht ordnungsgemäß handelt, ist doch für die Betroffenen völlig ergebnislos. Sie bekommen auch jetzt gar nichts. 

Die Landesregierung hat gesagt: Wir finden das nicht gut; für die Betroffenen kommt dabei gar nichts heraus, und diejenigen, die etwas bekommen, bekommen nur die Hälfte von dem, was andere in den Ländern, die beigetreten sind, bekommen. 

Ich verstehe nicht, inwiefern Ihre Haltung gegenüber den Betroffenen eine reale Hilfe darstellen soll. Oder denken Sie wirklich, dass Sie in irgendeiner Art und Weise auf der Ebene des Bundes noch etwas für die Betroffenen reißen können, oder daran, ein eigenes Landesprogramm aufzusetzen? Das habe ich nicht verstanden. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Ministerin.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich habe die Auffassung der Landesregierung hier vorgetragen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das war eine konkrete Frage! - Zuruf von Wulf Gallert, DIE LINKE)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Hohmann.


Monika Hohmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe eine Anmerkung und eine Frage. Die Anmerkung. In der Sitzung des Petitionsausschusses gingen die Vertreter des Runden Tisches davon aus, dass sich, wenn das Land Sachsen-Anhalt der Stiftung Härtefallfonds beitritt, dann alles erledigt hat. Deshalb haben wir den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst damit beauftragt, zu prüfen, ob es auch wirklich so ist. Er hat uns bestätigt: Es ist nicht so. Deshalb werden wir diesbezüglich im Petitionsausschuss weiter diskutieren. 

Meine Frage geht dahin   ich habe es in meiner Rede erwähnt  : Es gab im Dezember 2022 den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen, mit welchem die Landesregierung beauftragt worden ist, zu prüfen, ob das Land der Stiftung beitreten könne. Aber ich habe leider das Ergebnis dazu nirgendwo lesen oder sehen können. Deshalb meine Frage: Was ist aus dem Prüfauftrag geworden und wo kann man das Ergebnis nachlesen? 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Ministerin.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Die Entscheidung ist gefallen, als wir die Frist hinsichtlich des Beitrittes zu der Stiftung haben verstreichen lassen.