Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für diese Debatte, zeigt sie doch gerade nach der Intel-Reise zu der anstehenden Intel-Ansiedlung, dass es gerade mit der Ansiedlungspolitik richtig vorwärtsgeht. Das Land Sachsen-Anhalt fährt hoch - das haben wir als FDP schon im Rahmen des Wahlkampfes gesagt. Unser Slogan war: „Ein Land fährt hoch“. Hier wird geliefert, meine Damen und Herren.
(Zuruf)
Es ist einfach so - das kann man schlechtreden, wie man möchte : Dieses Land zeigt, dass es auf der Landkarte der Bundesrepublik Deutschland stattfindet. Wenn Sie mit nach Amerika gekommen wären, dann hätten Sie gesehen und erlebt, wie sehr Sachsen-Anhalt auch in den Fokus von Investoren in Amerika gerückt ist. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir genau diese Diskussion hier führen.
Natürlich ist ein BIP von 2,6 % nicht allein entscheidend für die Frage, wie es einem Land geht, aber es ist ein Indikator.
Diese Diskussion zeigt auch Folgendes - auch das ist wichtig : Das Image eines Landes hängt eben auch vom Selbstverständnis eines Landes ab. Wenn wir uns immer selbst kleinreden, wenn wir immer schauen, wo der Untergang wartet, was noch schlechter sein könnte als wir selbst, dann wird es nicht funktionieren. Deshalb bin ich auch dem Kollegen Thomas sehr dankbar, dass wir die Dinge auch einmal positiv betrachten, wie das eben Amerikaner machen. Die sagen: Brust raus, wir sind hier. Was machen wir gut, was machen wir richtig? Das sollten wir viel mehr tun, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Ich schaue einmal in Richtung Bund; das war die Diskussion. Dort versteht sich die FDP im Augenblick auch als Bollwerk der ökonomischen Vernunft, meine Damen und Herren.
(Zuruf)
In den ganzen Diskussionen, die Sie dort erleben, stellen Sie fest: Es wird immer auf die FDP draufgehauen. Aber wir sind dankbar dafür, dass das Dieselaus nicht im Jahr 2035 kommt. Dafür haben wir von allen Seiten ordentlich eine auf die Nase bekommen. Aber wir haben gestanden. Und die Menschen im Land sind dankbar dafür.
Wie sieht es mit dem Heizungsthema, mit dem Wärmepumpenthema aus? Wenn es nach den GRÜNEN gegangen wäre, wäre das Ding schon durch. Dann könnten wir den Leuten von Zeitz bis Arendsee nicht erklären, warum das so ist. Deshalb ist es gut so, dass die FDP-Bundestagsfraktion genau dort hinschaut und sagt: Mit uns so nicht!
(Unruhe)
Deshalb werden wir als Korrelat im Bund auch genau dort stehen.
(Zuruf: Ja!)
Wir sind diejenigen, die genau dieser ideologisch getriggerten Politik der GRÜNEN entgegenstehen.
(Unruhe bei den GRÜNEN)
Das wird so nicht funktionieren. Sie lassen die Menschen einfach allein.
Dazu gehört genauso das Thema der Steuererhöhungen. Mit der FDP wird es keine Steuererhöhungen geben.
(Beifall bei der FDP - Zurufe von der CDU und von der SPD)
- Nein, das ist einfach entscheidend für die Frage.
(Unruhe)
Wir haben die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte des Landes. Und dann nach Steuererhöhungen zu schreien, funktioniert nicht, meine Damen und Herren.
Wichtig ist für uns das Thema Planungsbeschleunigung, Digitalisierung, all diese Fragen, die wir im Land mit unserer Ministerin Hüskens auch angegangen sind. Für uns im Land Sachsen-Anhalt ist es entscheidend, dass wir die Fragen der Zukunft lösen. Eine Frage der Zukunft ist tatsächlich das Thema der Fachkräfte.
Wir haben ein riesiges Thema mit Blick auf die Demografieentwicklung. Dort kann es eben nicht heißen „Wir halten die Tür zu“. Und ich kann der AfD immer nur wieder sagen: Sie gestalten nicht die Zukunft dieses Landes. Wenn Sie dies tun würden, dann würde dieses Land keine Zukunft haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Es ist einfach so, dass wir Lösungen finden müssen. Wir müssen tatsächlich auch einmal darüber nachdenken: Ist es möglicherweise eine längere Lebensarbeitszeit? Sind es längere Wochenarbeitszeiten? Ist es möglicherweise die künstliche Intelligenz? Wir müssen konstruktiv darüber nachdenken, worin Möglichkeiten bestehen, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Es geht um konkrete Lösungen, die wir suchen müssen.
An dieser Stelle bringt uns Populismus nicht weiter; vielmehr brauchen wir konkrete Ansätze. Wir wissen selbst, dass wir in der Bundesrepublik in der Altersstruktur mit das höchste Durchschnittsalter haben. Darauf müssen wir reagieren.
Wir werden einen „Aderlass“ an Fachkräften erleben, der ohne Gleichnis ist. Darauf müssen wir reagieren. Dafür brauchen wir Zuwanderung. Ich bin der Bundes-FDP unglaublich dankbar, dass genau dieses Einwanderungsgesetz jetzt auf den Weg gebracht wird. Ein Chanceneinwanderungsrecht, womit tatsächlich Leute in das Land kommen. Dazu gehört auch - das ist eine Hausaufgabe, die wir erledigen müssen , dass die Abschlüsse der Leute, die hierherkommen, auch anerkannt werden. Es kann nicht sein, dass es Jahre dauert, bis Berufsabschlüsse, die im Ausland erworben werden, hier anerkannt werden. Hier brauchen wir eine stärkere Investition.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen hier Klarheit. Wir müssen möglicherweise hier auch ein Stück weit zentralisieren. Wir können nicht verschiedene Ämter dafür zuständig sein lassen. Wir brauchen klare Antworten.
Ärzte, die hierherkommen und nach zwei Jahren immer noch nicht das Anerkenntnis haben, wenn sie z. B. aus Syrien kommen, sagen mir, Sie hätten keine Lust mehr, Sie gingen woanders hin, es funktioniere woanders anders und schneller. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe, die wir lösen müssen.
Beim Thema Fachkräfte heißt es auch, dass dieses Land attraktiv sein muss. Aber ich möchte Ihnen etwas sagen: In dem Maße, in dem wir weniger Fachkräfte haben, wird automatisch das Lohnniveau weiter steigen. Das ist eine logische Konsequenz.
Schauen Sie sich allein einmal das Handwerk an, wenn Sie das sehen wollen. Dort werden Sie niemanden finden, der den Mindestlohn zahlt, weil die Arbeitgeber alle wesentlich mehr zahlen als den Mindestlohn. Hier wurde gerade von Herrn Gallert beschrien, dass das Lohnniveau zu niedrig ist. Wir werden Automatismen haben, die dazu führen, dass die Löhne steigen werden.
(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)
Sie glauben doch nicht etwa, dass dann, wenn die öffentliche Hand 16 % bis 20 % Lohnsteigerung haben möchte und die Gewerkschaften das fordern, eine Frau an der Kasse oder in der Gastronomie oder die Leute allgemein sagen, sie sind zufrieden. - Nein, sie werden das natürlich auch fordern, und zwar zu Recht. Dann wird natürlich der Gastronom, dem der Laden gehört, schauen, ob er sich das durch eine Erhöhung der Preise noch leisten kann oder ob er seinen Laden schließen muss. Das sind Fragen, die einfach ante portas stehen. Diese Fragen müssen wir beantworten. Wir müssen als Land Sachsen-Anhalt unser Selbstverständnis wesentlich stärker in den Vordergrund stellen, wir müssen selbstbewusst die Herausforderungen der Zukunft in den Blick nehmen und wir müssen uns auch international messen lassen.
Vorhin waren die Universitäten ein Thema. Ich erwarte einfach Folgendes. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir die Exzellenzen in unserem Land unterstützen. Wenn das der Fall ist, dann müssen unsere Universitäten so fit gemacht werden, dass sie Exzellenzinitiativen auf den Weg bringen. Wir müssen international noch stärker werden. Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen. Deshalb ist es im Grunde genommen ein berechtigter positiver Blick auf das Erreichte. Das heißt aber nicht, dass jetzt ein Ende erreicht worden ist oder wir die Dinge jetzt als abgeschlossen betrachten können. Vielmehr sind die Herausforderungen riesig.
Ein Thema möchte ich auch an der Stelle ansprechen. Das ist das Thema Venture Capital, Risikokapital, das für Startups besonders wichtig ist. Schauen Sie sich allein einmal das Verhältnis von Deutschland zu Amerika beim Venture Capital an. Beim Risikokapital in Sachsen-Anhalt ist es einfach so, dass viel zu wenig privates Kapital in unser Land fließ. Wir müssen attraktiv werden für Risikokapital. Schauen Sie sich einmal den Bereich der Forschungsmittelquoten an. Wir haben in Sachsen-Anhalt eine Quote von Forschung mit öffentlichen Geldern von 55 %. In Baden-Württemberg liegt diese Quote bei 18 %. Das heißt, wir müssen Hebel in Bewegung setzen, die es uns ermöglichen, dass privates Kapital in unser Land fließt. Das halte ich für einen wesentlichen Punkt.
Abschließend möchte ich zu dem Thema Intel noch einmal etwas sagen. Es muss doch einfach einmal Schluss damit sein, nicht daran zu glauben. Jeder, der bei dieser Reise dabei war, hat doch gemerkt, dass es losgeht. Es geht vorwärts. Intel will das. Lasst uns, verdammt noch einmal, und lassen Sie uns, verdammt noch einmal, gemeinsam diese Investitionen, diese Ansiedlung positiv betrachten. Es wird dieses Land verändern, und zwar im positiven Sinne. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Silbersack?
Andreas Silbersack (FDP):
Ja.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Wenn Sie hier vorn bleiben, dann ist es eine gute Idee, um erst einmal die Frage von Herrn Gürth zu beantworten.
Detlef Gürth (CDU):
Sehr geehrter, geschätzter Herr Kollege Silbersack! Ich habe zwei Fragen zu der Debatte, die mich bewegen. Zu Beginn dieser Debatte hat, ich glaube, der Kollege Siegmund von der AfD hier laut herumgeschrien. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann hat er gesagt: Deutschland ist ganz schlimm, es wird immer schlimmer und so schlimm, dass alle Fachkräfte abwandern.
Nun frage ich Sie: Können Sie sich oder uns das erklären? Glauben Sie, dass der Kollege Siegmund sich selbst auch für eine Fachkraft hält? Wenn ja, warum ist er noch nicht ausgewandert?
(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN - Andreas Silbersack, FDP, lacht - Lachen)
Andreas Silbersack (FDP):
Vielen Dank, Herr Kollege Gürth, für die Frage.
(Lachen)
Das kann natürlich nur der Kollege Siegmund selbst für sich beantworten. Ich kann aber sagen, dass es kein Thema ist, dass die Fachkräfte abwandern. Das ist nicht der Fall. Das findet auch nicht mehr in dem Ma
(Oliver Kirchner, AfD: Nein, das ist nicht der Fall!)
- Nein, das ist nicht so. Vielmehr gibt es aufgrund des demografischen Wandels ein Absinken der Zahl der Arbeits- und Fachkräfte. Das ist die Situation. Dass natürlich Einzelne in ihren Biografien möglicherweise das Land wechseln wollen, ist völlig klar. Dass manch einer im Rentenalter sagt, dass er woanders leben will, gibt es auch. Aber insgesamt betrachtet, volkswirtschaftlich betrachtet haben wir keinen Aderlass an Fachkräften, sondern wir haben ein demografisches Problem. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der FDP und von Ulrich Thomas, CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Nein, ganz so geht es noch nicht. Wir haben eine nächste Frage. - Herr Gallert.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Silbersack, Sie haben gesagt, diese Lohnentwicklung wird sich in Sachsen-Anhalt mit einem Automatismus vollziehen. Ich frage, ob folgende Interpretation richtig ist. Automatismus bedeutet, dafür muss man ohnehin nichts tun, das käme von ganz allein und Gewerkschaften und Tarifauseinandersetzungen wären dazu nicht nötig. Ist das Ihre Position? Oder wie meinten Sie das mit dem Automatismus? Oder meinten Sie, dass die Gewerkschaften auch zum Automatismus gehören? Das würde ich gern wissen.
Andreas Silbersack (FDP):
Sie könnten sich die Frage sicherlich selbst beantworten, wenn Sie vielleicht häufiger einmal mit Unternehmerinnen und Unternehmern sprechen würden. Denn wenn Sie mit denen sprechen, dann erfahren Sie, dass das, was der Herr Hövelmann gesagt hat, genau zutreffend ist. Die Unternehmer bewerben sich im Augenblick bei den Arbeitnehmern. Das ist der wesentliche Unterschied. Die Unternehmer versuchen im Augenblick händeringend, ihre Arbeitskräfte und Fachkräfte zu halten. Das funktioniert nur dann, wenn sie auch höhere Löhne zahlen.
Das Selbstverständnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat sich in den letzten 20 Jahren völlig geändert, was durchaus auch gut ist. Es gibt ein wesentlich selbstbewussteres Herangehen. Ich will überhaupt nicht über das Thema der Rechtfertigung und der Gewerkschaften sprechen. Ich will Ihnen nur erklären, dass es einen Automatismus geben wird bei der Lohnentwicklung, weil die Arbeitgeber darauf angewiesen sind, Arbeitnehmer zu bekommen. Da deren Zahl immer geringer wird, wird der Druck, welche zu bekommen, größer. Das heißt, es müssen die Arbeitsplätze in finanzieller Hinsicht attraktiver gemacht werden.