Tobias Krull (CDU):
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Uns alle bewegt das Thema der Sicherstellung der Versorgung mit medizinischen Leistungen für unsere Bevölkerung. Das Thema haben wir hier schon mehrfach behandelt, nicht zuletzt im Rahmen von Regierungsbefragungen. Ich bleibe im Namen meiner Fraktion bei der grundsätzlichen Kritik am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz. Dies hat deutlich zu wenig die Interessen eines Flächenlandes und insbesondere die Bedürfnisse der sogenannten neuen Bundesländer im Blick gehabt; denn meine sehr geehrten Damen und Herren, die Veränderungen, die bei uns seit der friedlichen Revolution vollzogen wurden, wo wir mit mehr als 70 Krankenhäusern im heutigen Sachsen-Anhalt gestartet sind - heute sind es Mitte 40 , müssen in anderen Bundesländern noch erfolgen.
Weitere Kritikpunkte betreffen unter anderem die Fragen der Mindestmengen und weiterer Standards, die in einem relativ dünn besiedelten Bundesland wie Sachsen-Anhalt an der Versorgungsrealität und Notwendigkeit einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Krankenhausstruktur vorbeigehen.
Ich unterstütze ausdrücklich und nachdrücklich den gemachten Versuch der Landesregierung, den Vermittlungsausschuss anzurufen, damit das sogenannte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen wird, um damit wenigstens die gröbsten Unwuchten auszugleichen. Leider war diesem Ansinnen kein Erfolg gegönnt.
Als CDU-Landtagsfraktion haben wir schon in der vorherigen Wahlperiode darauf gedrängt, dass ein Gutachten zur Krankenhausstruktur in unserem Land vorgelegt wird.
(Unruhe)
Nach langen und intensiven Debatten wurde dies auf den Weg gebracht, und der Bericht liegt schon seit Längerem vor. Bei allen kritisch zu reflektierenden Unzulänglichkeiten in diesem Gutachten bleibt die Tatsache, dass die Krankenhausstandorte grundsätzlich in unserem Land benötigt werden. Laut diesem Gutachten müssen Krankenhausbetten abgebaut werden, aber die Grundstruktur wurde bestätigt.
(Unruhe)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Krull, warten Sie einmal kurz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, falls es angeregte Diskussionsrunden gibt, was man bis hier vorn hört, mag das möglich sein, aber bitte nicht hier drin. Lassen Sie dem Kollegen hier die Chance, dass er Sie erreicht oder gehen Sie raus. - Danke.
Tobias Krull (CDU):
Gerade bei den Akutkrankenhäusern, die zur Sicherstellung der Notfallversorgung unverzichtbar sind, ist kein Standort verzichtbar; denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, an der Absicherung der Notfallversorgung muss sich die Krankenhausplanung als erste Priorität orientieren. Dazu später mehr.
Insgesamt wird in diesem Gutachten der Abbau von 2 000 bis 4 000 Betten empfohlen, ohne Auskunft darüber zu geben, wo das eigentlich passieren soll. Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Niemand wird ernsthaft den Reformbedarf bei den Krankenhäusern in Deutschland und Sachsen-Anhalt bestreiten. Aber der nun beschrittene Weg durch die gescheiterte Ampelregierung im Bund ist aus der Sicht unserer Fraktion der falsche.
Seit der Vorlage des Gutachtens ist für die Öffentlichkeit wahrnehmbar, dass durch das zuständige Ministerium relativ wenig passiert. Es wurde durch das Ministerium nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, dass man keine Planung machen könne, wenn diese durch mögliche Pläne der Bundesregierung konterkariert werden würde.
Die Vorgaben des Bundes liegen nun im Wesentlichen vor, aber es fehlen noch immer die im Gesetz angekündigten Rechtsverordnungen. Das, Frau von Angern, ist ein großes Problem im Planungsvorhaben, weil wir sie brauchen.
Trotzdem muss das Land jetzt selbst so schnell wie möglich aktiv werden, damit wir keine sogenannte kalte Marktbereinigung bekommen und um bei der Einführung der Leistungsgruppen und für die medizinische Leistungserbringung Planungssicherheit für die jeweiligen Krankenhäuser zu schaffen. Als Fraktion erwarten wir von dem zuständigen Ministerium eine aktive Rolle bei der Verständigung der Krankenhäuser, wo welche Leistungen angeboten werden. Eine Kooperation über die unterschiedlichen Trägerschaften der Krankenhäuser hinweg erscheint nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern ist in mehrfacher Hinsicht eine absolute Notwendigkeit.
In dem vorliegenden Antrag wird gefordert, dass Krankenhäuser wieder in staatliche Hand kommen sollen. Hier ist das klare Bekenntnis der CDU zur Trägervielfalt: dass wir Krankenhäuser in freigemeinnütziger, in privater und in staatlicher Trägerschaft haben sollen und genauso wollen.
(Beifall bei der CDU)
Wenn man sich ein rein staatliches Gesundheitssystem wie in Großbritannien anschaut, dann sieht man, dass das nicht funktioniert.
Die Trägerschaft ändert übrigens grundsätzlich nichts an den Problemen, die die Krankenhäuser in unserem Bundesland und in ganz Deutschland haben.
(Zustimmung)
Das DRG-System mit den Fallpauschalen ist in Deutschland immer komplexer geworden und hat sich damit weit von den Vorbildern in Australien entfernt. Wir wollten wieder einmal die Goldrandlösung haben.
Durch die aktuellen Finanzierungsregeln wurden Fehlanreize gesetzt, die vielen Krankenhäusern in Deutschland schwer zu schaffen machen. Dazu gehören auch die Pfeifferschen Stiftungen, die als diakonische Einrichtung auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken können. Der Erhalt der Krankenhäuser der Pfeifferschen Stiftungen, die weit über die Grenzen der Stadt Magdeburg hinaus bekannt sind und einen guten Ruf genießen, muss auch das Ziel der Landespolitik sein.
Ein landeseigener Rettungsschirm für Krankenhäuser, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, wird die Möglichkeiten des Landes übersteigen. Was das Land tun kann und muss, ist, über die Investitionsbank nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Gleichzeitig bleiben wir bei unserer Forderung, dass der Bund entsprechende Finanzmittel bereitstellen muss. Er hat das Finanzierungssystem zu verantworten und muss seiner Verantwortung für die Sicherung der Krankenhausstruktur gerecht werden. Diese Forderung teilen wir übrigens mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die neue Bundesregierung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unter Unionsführung wird gefordert sein, schnell und unkompliziert finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser zur Verfügung zu stellen.
In Bezug auf den Transformationsfonds, der die geplante Krankenhausreform begleiten soll, bleibe ich bei meiner Kritik daran, dass hierfür eine hälftige Finanzierung jeweils durch die Länder und die gesetzlichen Krankenkassen erfolgen soll. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die privaten Krankenkassen hieran nicht beteiligt werden;
(Dr. Katja Pähle, SPD: Oh!)
denn in den Krankenhäusern werden Privatpatienten genauso behandelt wie gesetzlich Krankenversicherte, zu denen ich selbst zähle.
(Ministerin Petra Grimm-Benne: Ah, ja!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen unsere medizinische Versorgungslandschaft an die neuen Gegebenheiten anpassen. Dabei stehen die ostdeutschen Länder vor besonderen Herausforderungen. Dabei geht es nicht allein um Geld. Wir haben eine im Durchschnitt deutlich ältere Bevölkerung und gleichzeitig wird die Anzahl der medizinischen Fachkräfte absehbar weiter sinken. Damit meine ich nicht nur das ärztliche Fachpersonal, sondern auch die anderen, nichtärztlichen medizinischen Fachkräfte.
Die CDU-Landesverbände aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben am Dienstag bei einem Treffen mit dem zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz ein Impulspapier mit dem Titel „Gemeinsam anpacken - Für einen neuen Aufbruch Ost“ vorgestellt. Darin finden sich auch Forderungen zur Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung.
Bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels geht es sowohl um den Abbau unnötiger Bürokratie als auch um die Auswertung der Möglichkeiten für die Länder, über Landarztquoten und Landzahnarztquoten mehr der begehrten Studienplätze in der Human- und der Zahnmedizin zu vergeben. Das unterstützen wir als CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich.
(Zustimmung bei der CDU)
Es geht um eine sektorenübergreifende Versorgung. Das heißt, die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung werden überwunden. Unter dem Titel „Poliklinik 2.0“ sollen medizinische Versorgungszentren aufgebaut werden, die über eine kleine Anzahl von Betten und über eine gute Anbindung, z. B. über telemedizinische Angebote, an größere Krankenhäuser verfügen.
Andere Versorgungsmodelle werden derzeit z. B. im Landkreis Mansfeld-Südharz erprobt. Vor Kurzem wurden mit Pressebegleitung staatliche Mittel übergeben, um die entsprechenden Forschungsvorhaben zu unterstützen, in diesem Fall über Strukturwandelmittel.
Am Beginn meiner heutigen Ausführungen habe ich das Thema der Sicherstellung der Notfallversorgung angesprochen. Die Sicherstellung der Notfallversorgung muss der Ausgangspunkt für die weitere Krankenhausstrukturplanung in unserem Land sein. Wir müssen Krankenhausplanung und Rettungsdienst zusammen denken. Beide Themen werden in unserem Land durch unterschiedliche Ministerien verantwortet, müssen aber zweifellos zusammen gedacht werden. Dazu gehört auch, das IVENA-System in Sachsen-Anhalt so anzuwenden, dass die vorhandenen Krankenhauskapazitäten optimal genutzt werden. Das erfordert eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, Rettungsdiensten und Leitstellen.
Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Menschen für planbare Operationen auch weitere Wege in Kauf nehmen müssen. Als Partei, die das gesamte Land im Blick hat, sprechen wir uns klar dafür aus, dass solche Zentren nicht automatisch in den drei kreisfreien Städten unseres Landes liegen müssen. Durch die Bildung entsprechender Zentren wird die Qualität im Sinne der Patienten gesichert und weiter gesteigert. Nicht jedes Krankenhaus wird als Allrounder erhalten bleiben; Spezialisierung und Schwerpunktbildung sind notwendig.
Dass unsere Krankenhäuser auch bei besonderen Herausforderungen leistungsfähig sind, wurde nicht zuletzt bei der Versorgung der Opfer des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 deutlich. Dies war nur möglich, weil sich die Beschäftigten in einer Weise engagiert und für ihre Patienten eingesetzt haben, die uns nur mit großer Dankbarkeit und Demut vor diesen Leistungen zurücklassen kann. Dafür gilt ihnen unser ausdrücklicher Dank. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass Menschen aus mehr als 20 Nationen geholfen haben, die Verletzten und Opfer des Anschlags zu betreuen.
(Zustimmung bei der Linken und bei der SPD)
Für uns bleibt dieser Dreiklang aus bedarfsgerechter, qualitativ hochwertiger und erreichbarer Krankenhausstruktur in unserem Land im Sinne der Patientensicherheit und unter der Prämisse der Sicherstellung der Notfallversorgung bestehen.
Wir möchten den vorliegenden Antrag zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überweisen.
Persönlich möchte ich noch hinzufügen:
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Krull, persönlich möchte ich Ihnen sagen, dass die rote Leuchte dort vorn eine Bedeutung hat, nämlich dass Ihre Redezeit um eine Minute überschritten ist. Also noch drei Wörter und dann ist es gut.
(Eva von Angern, Die Linke: Drei Wörter? - Zuruf von Guido Heuer, CDU)
Tobias Krull (CDU):
Wir müssen gemeinsam Lösungen finden.