Tagesordnungspunkt 15
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes zum Vierten Medienänderungsstaatsvertrag
Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/2905
Einbringen wird diesen Gesetzentwurf Minister Herr Robra. - Herr Robra kommt zum Rednerpult.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Danke sehr. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Landesregierung hat nach der Vorunterrichtung des Landtages und der Unterzeichnung durch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten den Entwurf eines Gesetzes zum Vierten Medienänderungsstaatsvertrag eingebracht. Der Entwurf des Vierten Medienänderungsstaatsvertrages ist als Antwort auf das individuelle Fehlverhalten, vor allem aber auch auf allgemeine Missstände in einzelnen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im vergangenen Jahr zu verstehen und soll dazu beitragen, diese zukünftig besser unterbinden zu können.
Daher sind Compliance und Transparenz die zentralen Themen dieses Entwurfs. Sie sind gemeinschaftlich und standardisiert in allen öffentlichen Rundfunkanstalten anzuwenden. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass es an dieser Stelle voneinander abweichende und zum Teil auch Spontanentwicklungen gab, die wir jetzt auf eine gemeinsame Linie bringen wollen.
Die Regelungen zur Stärkung von Compliance-, Transparenz- und Kontrollmechanismen schaffen eine einheitliche Basis für die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, für ZDF und Deutschlandradio, und zwar verbindlich und verpflichtend.
Es gab zu dem Entwurf eine öffentliche Anhörung, deren Beiträge in die Erarbeitung eingeflossen sind. Im Wesentlichen geht es um Änderungen des Medienstaatsvertrags, wie die Einführung einer allgemeinen Transparenzverpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit mit konkreten Vorgaben zu Bezügen und sonstigen Einkünften der Intendanten- und Direktorenebene. Diese sind unter Namensnennung zu veröffentlichen. Zu veröffentlichen sind weiterhin Angaben über die Tarifstrukturen und eine strukturierte Darstellung der außertariflichen Vereinbarungen. Das ist aus meiner Sicht ein erster Schritt, auf den wir uns im Kreise aller 16 Länder verständigen konnten, aber es ist noch nicht das Ende des Prozesses. Nicht zuletzt umfasst das Transparenzgebot auch die Organisationsstruktur und die Satzungen der Anstalten.
Zu den verpflichten Regelungen im Bereich Compliance gehört die Anwendung allgemeiner Wirtschaftsstandards, etwa bei Gemeinschaftseinrichtungen, also nicht nur in den Anstalten selbst, und Mehrheitsbeteiligungen, die Einrichtung eines Compliancemanagementsystems und einer unabhängigen Compliancestelle.
Parallel zu diesem Prozess hatte die ARD die Compliancestandards veröffentlicht, auf die ich zumindest am Rande hingewiesen haben möchte. Auch darin geht es um Mindeststandards, die in allen Anstalten umgesetzt werden und die für Tochtergesellschaften und die bisher sehr intransparenten Gemeinschaftssendungen, Einrichtungen und Aufgaben gelten. Ziel ist es, auch dort die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in journalistische Inhalte und Protagonisten zu stärken, transparent zu agieren und - ich zitiere „verantwortungsbewusst, wirtschaftlich und sparsam mit Beitragsmitteln umzugehen“. Das ist bekanntlich unsere Magna Charta, die uns - ich schaue zu Herrn Kosmehl - seit vielen, vielen Jahren begleitet und in der wir uns einig sind. Herr Kosmehl, allmählich habe ich auch den Eindruck, dass wir die anderen 15 Länder auf unsere Seite ziehen können.
Nach dem Entwurf des Staatsvertrages sollen weiterhin der Sachverstand und die Unabhängigkeit der Aufsichtsgremien gestärkt sowie der Umgang mit Interessenkollisionen geregelt werden. Gremienmitglieder sollen etwa über betriebswirtschaftliches Wissen und Kompetenzen verfügen, um ihre Aufgaben angemessen auszuüben.
Der zuständige Ausschuss für Bundes- und Europangelegenheiten, Medien sowie Kultur hat die Regelungsvorschläge begrüßt, uns aber eine weitergehende Stellungnahme mit auf den Weg gegeben, die in den weiteren Diskussionen zum Meinungsbildungsprozess einfließt; namentlich in die Arbeit des Zukunftsrates, der, wie ich erwarte, noch im Laufe dieses Jahres Vorschläge unterbreiten wird.
Meinen Respekt - das will ich hervorheben - hat der neue Entwurf zum RBB-Staatsvertrag. Berlin und Brandenburg - CDU- und SPD- regiert - haben einige meiner älteren Anregungen aufgegriffen: Deckelung des Gehaltes der Intendanten bei B 11. Das entspricht dem, was Präsidenten eines Verfassungsgerichtes verdienen. Wir hatten im MDR-Staatsvertrag einen von uns eingebrachten Ansatz in diese Richtung vorgesehen, der bedauerlicherweise an Sachsen gescheitert ist.
Es wird ein Direktorium geben. Man will also weg von der Intendantenverfassung. Der Kollege Grimm aus Brandenburg hat bei der Präsentation meinen Terminus von den Sonnenkönigen, den letzten absoluten Herrschern, aufgegriffen. Also auch diese Denkweise verbreitet sich innerhalb der Kolleginnen und Kollegen in der Rundfunkkommission.
Uns sollte dieser Entwurf der Länder Berlin und Brandenburg zum RBB-Staatsvertrag, der, wie gesagt, sehr weitgehend ist und auch da natürlich noch parlamentarisch behandelt werden muss - das ist ja noch nicht final , Anlass geben, auch unseren MDR-Staatsvertrag weiterzuentwickeln. Meine Idee dazu ist, das dann zu tun, wenn der Zukunftsrat seine Positionen vorgelegt hat. Ich denke einmal, wenn dann in Thüringen und Sachsen gewählt sein wird, dann haben wir ein Zeitfenster bis zu unserer Wahl, in dem wir eine Novelle zum MDR-Staatsvertrag unter Ausschöpfung eben all dessen, was die nächsten Diskussionsrunden und auch weitere Staatsverträge wie in Brandenburg mit sich bringen, ganz gut unterbringen können.
Ich freue mich dann auf die weiteren Beratungen im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien sowie Kultur. Ich würde aus der Sicht der Landesregierung die Überweisung dorthin anregen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Robra. Es gibt zwei Fragen, zum einen von Herrn Gebhardt und zum anderen von Frau Frederking. - Herr Gebhardt, bitte.
Stefan Gebhardt (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister Robra, Sie haben noch einmal auf die Stellungnahme des Ausschusses abgehoben. Ich will nur insofern nicht korrigieren, sondern ergänzen: Das ist nicht nur eine Stellungnahme des Ausschusses. Da keine Fraktion dieser Stellungnahme widersprochen hat, ist es vielmehr ein Beschluss des Landtages, in den sich diese Stellungnahme dann formell umgemünzt hat.
In diesem Beschluss des Landtages steht klar drin: Der Landtag hält jedoch zur Sicherung der Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung auch in diesen Themenbereichen weitergehende Reformen für dringend erforderlich. Im Einzelnen erwartet der Landtag, dass zukünftig sichergestellt wird ... Dann steht da, dass sich das außer- und übertarifliche Vergütungs- und Versorgungssystem einschließlich der Intendantenbezüge am Maßstab des öffentlichen Dienstes orientiert.
Meine Frage ist jetzt: Das war die Stellungnahme zur LIV-Vorlage, also zur Landtagsinformationsvorlage. Daraus ist ein Beschluss des Landtages geworden, der einen klaren Handlungsauftrag für die Landesregierung enthält. Was hat denn die Landesregierung, was hat der Ministerpräsident oder was haben Sie in den Verhandlungen getan, sodass sich in dem Staatsvertrag, in dem jetzt auch über Intendantengehälter, also zumindest über deren Veröffentlichung, geredet und sie reguliert wird, entsprechende Regelungen finden?
Wenn man einmal diese Gehälterfrage anfasst, dann wäre es doch ein Leichtes gewesen, in die Debatte einzuwerfen, jetzt können wir auch diese Deckelung ein für alle Mal im Staatsvertrag festschreiben, so wie wir sie auch in der Stellungnahme und schließlich im Landtagsbeschluss gefordert haben, denn damit würden wir der Position der CDU sehr nahe kommen.
Die CDU hat seinerzeit beim MDR-Staatsvertrag argumentiert, dass wir keinen Flickenteppich haben wollen, dass nicht jede Anstalt für sich da eine Obergrenze festlegt. Vielmehr wir brauchen eine Gesamtlösung für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Da sind wir nun dicht beieinander. Das steht in der Stellungnahme drin. Sie hätten sie nur umsetzen müssen.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Ich wäre fast geneigt, lieber Herr Gebhardt, Ihnen zu wünschen, dass Sie Ihre Lebenserfahrungen noch mal eine zeitweilige Mitgliedschaft in der Rundfunkkommission bereichern würden. Vielleicht fragen Sie mal den Kollegen Immanuel Hoff, der der Ihrer Partei angehört, wie das mit dem Durchsetzen von Landesinteressen so ist. Natürlich habe ich das im Kreis der Kolleginnen und Kollegen angesprochen. Der Konsens war, wir machen jetzt dies - auch nach der Anhörung des Landtages , und alles Weitere, also auch weitergehende Überlegungen zur Deckelung, zur Umstrukturierung des Bezügesystems und vieles andere mehr, kommt dann in den großen Topf, weil wir dazu natürlich auch noch Vorschläge des Zukunftsrates erwarten. Das ist auch in der Agenda, die wir für den Zukunftsrat formuliert haben, enthalten. Also, so einfach ist es ja nicht.
Ich kann da nichts durchsetzen, sondern ich gehe da auch auf der Tippel-tappel-Tour. Sie nehmen hoffentlich alle wahr, dass ich da sehr geduldig und auch hartnäckig bin und Themen auch nicht einfach fallen lasse, sondern dass das immer von mir auch weiter vorangebracht wird. Gerade jetzt sind die Dinge in Bewegung gekommen. Der RBB-Staatsvertrag hat das ja auch schon aufgegriffen. Wir hatten das damals im MDR-Staatsvertrag sozusagen auch nur angepiesert.
Aber es war jetzt in dem Kontext dieses Staatsvertrages, der aus der Sicht der anderen Länder ausverhandelt war und auch zügig verabschiedet werden sollte, nicht möglich, das noch mit einmal aufzumachen, was dazu geführt hätte, dass auch die Ministerpräsidenten noch einmal hätten innehalten müssen mit der Ratifikation.
Also, so leid mir es tut: Sie haben nur ein anderes Bundesland, in dem Einfluss - - Nein, es stimmt ja gar nicht. Sie haben ja mehrere Bundesländer,
(Guido Kosmehl, FDP: Wollte ich gerade sagen!)
in denen Sie Einfluss haben. - Ja, ja.
Ich habe auch da bei den Kollegen nicht gespürt, dass es irgendeine Unterstützung gegeben hätte. Aber mir ist es sehr bewusst, dass das das Anliegen des Landtages ist. Es ist ja auch mein Anliegen. Wir haben da inhaltlich gar keinen Dissens. Nur, die Fenster gehen auf, die Fenster gehen zu. Hierzu war das Fenster dann schon geschlossen. Aber das nächste Fenster öffnet sich schon. Und da schaue ich dann wieder heraus.
(Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Robra. Aber bevor das passiert,
(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: So viele offene Fenster, da ist ja fast Durchzug!)
stellt Frau Frederking ihre Nachfrage.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Ja, Herr Robra, dass Sie geduldig sind, können wir bestätigen.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Na ja, gut.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Wenn es darum geht, dass Sie hartnäckig sind, könnten Sie noch ein bisschen nachlegen. Sie haben die Einheitlichkeit beim Thema Transparenz aufgerufen. Beim Thema Compliance-Regelungen ist es so, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio jeweils eigene Managementsysteme auf den Weg bringen. Warum war es nicht möglich, da auch diese Einheitlichkeit hinzubekommen? Das hätte ja Synergien erschlossen und letztendlich auch für mehr Schlagkraft gesorgt.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Da gilt das Gleiche. In § 31b des Medienstaatsvertrages, um dessen Änderung es geht, steht: haben jeweils ein wirksames Compliance-Managementsystem nach anerkannten Standards zu gewährleisten. Dann geben wir dazu Guidelines, also Leitplanken, an denen sie sich zu orientieren haben.
Wir sind noch nicht so weit. Sie kriegen ja auch mit, wie derzeit die Diskussion zum Thema ZDF und Deutschlandradio läuft, bei der ich schon vor vielen Jahren gesagt habe, angesichts des Diskussionsstandes zur Bedeutung von Trimedialität kann ich nicht wirklich nachvollziehen, warum wir einen Fernsehsender ohne Hörfunk und einen Hörfunksender ohne Fernsehen haben, die aber beide mittendrin irgendwas Telemedienartiges machen. Entweder das gehört alles zusammen. Dann muss man auch die Organisation an das anpassen. Aber der derzeitige Bewusstseinsstand vieler meiner Kolleginnen und Kollegen ist eben nach wie vor der, das sind drei Systeme.
Wir sind ja selbst bei der gemeinsamen Mediathek noch nicht da, wo ich gern hin möchte. Wir haben jetzt - das tut vielen schon weh - die Möglichkeit, bei der ARD-Mediathek auch auf ZDF-Inhalte und beim ZDF auf ARD-Inhalte zuzugreifen. Es tun sich viele, insbesondere Angehörige der Rundfunkanstalten, schwer. Eigentlich geht unsere Vorstellung weiter. Wir wollen eine integrierte und nach einem einheitlichen System organisierte Mediathek haben und eben nicht zwei, die wieder mit Schnittstelle agieren.
Also, es gibt da Bestrebungen. Auch das ist ein Thema. Ich hoffe auch dabei abermals ein bisschen auf die KEF. Ich hoffe, dass die KEF, die ja nicht zum ersten Mal betont, wie wichtig es ist, gerade in technischen Einrichtungen, aber eben auch bei Compliance-Systemen und äußeren Rahmenbedingungen, besser zusammenzuarbeiten, erneut entsprechend appelliert. Das bewegt sich, aber es bewegt sich nicht schnell genug.