Tagesordnungspunkt 9
ChatGPT und die KI-Revolution: Chancen nutzen und Risiken meistern
Antrag Fraktion FDP - Drs. 8/2539
Als erster Redner der Debatte wird Herr Pott sprechen. - Herr Pott, bitte, Sie haben das Wort.
Konstantin Pott (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das KI-Zeitalter hat begonnen und damit vermutlich die größte Transformation von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, die wir seit Langem gesehen haben. Die Frage ist nicht mehr, ob wir uns damit beschäftigen wollen, sondern, welche Rolle wir als Land dabei übernehmen wollen.
Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf Kommunikation, Bildung und Arbeit sind bereits jetzt spürbar. Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen wird davon abhängen, wie effektiv sie KI einsetzen. Diese Technologie wird alles verändern und entwickelt sich in einem unglaublichen Tempo weiter.
Eines ist klar: Das ist keine Zukunftsmusik; das ist bereits jetzt Wirklichkeit. Spätestens seit dem Textgenerator ChatGPT ist deutlich geworden, was möglich wird, wenn KI flächendeckend von jedem eingesetzt werden kann. Beispielsweise können sich Schüler völlig automatisiert Aufsätze generieren lassen. Auch Falschinformationen können viel einfacher in ganz neuer Qualität verbreitet werden.
Dabei ist ChatGPT bereits jetzt veraltet. Das Nachfolgemodell GPT-4 vor ist noch viel leistungsfähiger und hat neue Funktion. Das ist nur ein Beispiel.
Neben Textgeneratoren gibt es auch Bildgeneratoren, Objekterkennung, Spracherkennung, autonome Fahrzeuge, um nur einige Anwendungen zu nennen.
Wir haben als Freie Demokraten das Thema heute aufgerufen, weil wir bei diesem Thema eine neue Geschwindigkeit brauchen. Seit Jahren haben wir bezüglich Schneckentempos bei der Digitalisierung gemahnt. Erst seitdem wir in Bund und im Land in Regierungsverantwortung sind, kommen wir bei dem Thema wirklich vorwärts und holen das auf, was in den letzten Jahren liegen geblieben ist.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)
Jetzt dürfen wir aber nicht noch die nächste Zukunftstechnologie verschlafen; denn während in Deutschland noch über den bloßen Zugang der Bürger zu digitalen Dienstleistungen diskutiert wird, arbeitet man anderswo schon viel stärker an der Integration von künstlicher Intelligenz.
Allerdings müssen wir auch Folgendes festhalten: Künstliche Intelligenz und ihre Entwicklung haben ihre eigenen Herausforderungen und Risiken. Das aktuellste Thema ist sicherlich der Einsatz von KI an Schulen und Universitäten. Jedem sind die Medienberichte bekannt, in denen es heißt, Aufsätze, Hausaufgaben und Seminararbeiten schreibt jetzt ChatGPT. Schülern werden kritisches Denken und Kreativität abtrainiert. Was sind die Reaktionen? - Während die einen ChatGPT noch als Medienhype bezeichnen, diskutieren andere bereits über ein Verbot. Erst kürzlich hat bspw. Italien ChatGPT kurzerhand gesperrt. Deswegen begrüße ich es, dass sich unsere Bildungspolitiker auf Vorschlag der Freien Demokraten jetzt im Ausschuss für Bildung damit beschäftigen werden.
Eines ist klar, wir brauchen keine Verbote oder pauschale Sperren, sondern überzeugende Konzepte für den Umgang mit KI im Bildungsbereich.
(Zustimmung bei der FDP)
Dort sollten wir künstliche Intelligenz als weiteres Werkzeug begreifen, welches Lehrkräfte entlastet und neue Lehrprozesse ermöglicht.
Ein weiterer wichtiger Bereich, den wir als Land herausstellen müssen, ist der Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung. Welche enormen Chancen die Digitalisierung in diesem Bereich hat, konnten wir bei der Einmalzahlung für Studierende und Fachschüler sehen. Mehr als 2,3 Millionen Bescheide wurden mittlerweile ausgestellt, ohne auch nur einen Sachbearbeiter einzustellen. Dadurch konnten insgesamt 190 000 Arbeitsstunden vermieden werden, ein absolutes Vorzeigeprojekt der deutschen Verwaltungsdigitalisierung, welches hier in Sachsen-Anhalt vom Ministerium für Infrastruktur und Digitales unter der Leitung von Lydia Hüskens entwickelt wurde.
Wir können dieses System jetzt bei einer Vielzahl von Verwaltungsdienstleistungen nachnutzen. Die Grenzen dieser Lösung liegen jedoch dort, wo ein Mensch eine Ermessensentscheidung treffen muss. Genau dann kann KI einspringen. Sie kann dabei helfen, über komplexe Anträge und Sachverhalte zu entscheiden. Künstliche Intelligenz kann innerhalb kürzester Zeit eine große Anzahl an Dokumenten bearbeiten und prüfen. Das wäre ein echter Gamechanger im Bürokratiewahnsinn. So können wir auch die Schnelligkeit und Qualität unserer Behörden ausbauen. Ziel muss es sein, das Massengeschäft in der Verwaltung zu automatisieren, damit Menschen mehr Zeit für Menschen haben.
Neben diesen großen Chancen müssen wir jedoch auch die Risiken dieser Technologie meistern, um sicherzustellen, dass KI-Systeme in der Verwaltung transparent, fair und verantwortungsvoll eingesetzt werden. So gibt es etwa Probleme, wenn eine KI aufgrund von Vorurteilen in den Daten, mit denen sie trainiert wurde, diskriminierende Ergebnisse liefert.
(Hannes Loth, AfD: Ja!)
Weiterhin können Entscheidungen dieser Systeme aufgrund ihrer komplexen Natur schwer erklärbar und nachvollziehbar sein.
Für uns als Freie Demokraten stellen sich auch große Fragen in Bezug auf Datenschutz, da eine KI im Verwaltungsbereich eine große Menge personenbezogener Daten benötigt, um effektiv arbeiten zu können. Auch Fragen der Überwachung durch KI-Systeme stellen sich, da Bürgerdaten viel gezielter analysiert und gesammelt werden können.
Uns ist klar, wird werden künstliche Intelligenz morgen nicht in großem Stil ausrollen können. Wir müssen aber heute Möglichkeiten herausstellen und erforschen. Dazu gehört auch, dass wir als Land den Fokus mehr auf die Forschung in diesem Bereich legen. Bisher gehen die großen Schritte der Entwicklung ausschließlich von China und den USA aus. Damit begeben wir uns in Europa wieder in eine gefährliche, einseitige Abhängigkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das können wir uns nicht leisten, nicht bei der Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts.
(Zustimmung bei der FDP und von Marco Tullner, CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut! - Wo ist eigentlich die Landesregierung?)
Zur KI-Entwicklung benötigen wir neben schlauen Köpfen auch große Mengen an Rechenkapazität, die speziell für diese Anwendung ausgelegt ist. Wir wollen, dass die Landesregierung ihre Aktivitäten in diesem Bereich weiter verstärkt. Jedes Ressort sollte in seinem Bereich zeitnah mindestens eine KI-Anwendung auf den Weg bringen. Die Universitäten in Sachsen-Anhalt müssen die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich verstärken. Wir brauchen ein verlässliches Regelwerk, wie wir als Land in der Verwaltung KI einsetzen und dabei Datenschutz und Transparenz garantieren.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir stehen vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam meistern werden. Ich bin mir sicher, wir können aus diesen Herausforderungen auch eine Chance machen. Die KI-Revolution wird die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und Entscheidungen treffen, grundlegend verändern. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und zuschauen, wie andere Länder die Zukunft gestalten. Wir müssen aktiv werden und die Chancen nutzen, die sich uns bieten. Wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen, dann können wir die Zukunft gestalten und unser Land weiter modernisieren.
Ich freue mich auf die Debatte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Marco Tullner, CDU - Marco Tullner, CDU: Sehr gut!)