Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gut, dass wir in dieser Sitzung nicht nur über polemische und krawallige Anträge zum Thema Corona sprechen. Gut, dass wir uns hier ernsthaft auch mit der Lebensrealität von Menschen in der Pandemie in Sachsen-Anhalt auseinandersetzen.
Long Covid ist so eine neue Lebensrealität. Daher mein Dank an die Fraktion DIE LINKE für diesen Antrag, dem wir so viel will ich schon verraten umfänglich zustimmen werden.
Schwer zu erkranken ist immer ein Schicksalsschlag und legt sich als Schatten über das private Leben. Noch schlimmer wird es, wenn eine Erkrankung durch mangelndes Wissen unberechenbar wird, wenn nicht absehbar ist, wie lange sie dauert, wie die Genesungschancen aussehen und wie überhaupt eine Therapie gelingen kann. Dann kollabiert eine Lebensperspektive völlig, reduziert sie sich auf die Gegenwart mit der Erkrankung und kann nicht einmal durch konkrete Zukunftshoffnungen relativiert werden.
So ergeht es momentan all denen, die an Symptomen von Long-Covid leiden. Sie stehen mehr oder weniger hilflos vor der Frage: Wie geht es weiter? - Bisher ist zwar schon einiges, aber noch viel zu wenig über diese Erkrankung bekannt. Vieles muss und wird noch erforscht werden.
Die von der Fraktion DIE LINKE aufgezeigten Maßnahmen sind das aktuell Mögliche und Nötige, um den Betroffenen bestmöglich zu helfen.
Es gilt, den vorhandenen Wissensstand zentral und niedrigschwellig bereitzustellen. Es gilt, gerade die Selbsthilfe zu stärken, um durch den Austausch unter Betroffenen Kraft zu schöpfen und eigene Expertise zu entwickeln. Es gilt natürlich, konzertiert die evidenzbasierte Wissenslage auszubauen und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln sowie vorhandene, z. B. in Reha-Kliniken in Flechtingen und Magdeburg, aber auch in Bad Suderode, zu optimieren. - Auf all dies zielt der vorliegende Antrag. Daher kann man ihm nur zustimmen.
Einzig die Einbindung einer Long-Covid-Beratung in die unabhängige Teilhabeberatung finde ich persönlich ein bisschen schwierig. Meines Erachtens passen die Beratung von Menschen mit Behinderungen zu ihren Rechtsansprüchen auf Teilhabe und deren Durchsetzung auf der einen Seite und die gesundheitliche Beratung von Post- und Long-Covid-Patienten auf der anderen Seite nicht recht zusammen.
In meinen Augen wäre die unabhängige Patientenberatung der bessere Anknüpfungspunkt, wobei ja beide Strukturen auf Bundesgesetzen beruhen, also das Land in beiden Fällen nicht unmittelbar Eingriffsmöglichkeiten hat. Ich bin davon überzeugt: Wenn der politische Wille da ist, werden wir sinnvolle Möglichkeiten finden, diese Beratungsstruktur zu installieren, damit die Betroffenen im Land Rat und Hilfe finden können.
Nach einer Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin das wurde schon erwähnt bilden 10 bis 15 % der symptomatisch an Corona erkrankten Personen Long-Covid-Symptome aus, und zwar unabhängig von ihrer Krankheitsschwere in der akuten Phase. Daher wird uns dieses Thema auch nach dem Ende der Pandemie noch lange beschäftigen. Da das Risiko explizit auch bei leichten Verläufen besteht, erscheinen Schutzmaßnahmen wie das Maskentragen Entschuldigung, dass ich noch einmal darauf hinweisen muss auch längerfristig sinnvoll.
Lassen Sie mich zum Schluss die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Aspekt richten. Ein Gutes hat das Auftreten von Long-Covid vielleicht, weil es die Aufmerksamkeit auch auf das Chronic-Fatigue-Syndrom auch das wurde ebenfalls schon erwähnt richtet. Forschung und Therapieentwicklung im Bereich Long Covid lassen sich im besten Falle auch für die Behandlung des chronischen Erschöpfungssyndroms nutzbar machen. Das, was bisher zu diesem Syndrom erforscht worden ist, kann auch bei der Entwicklung angepasster Therapien für Long-Covid helfen. Auch hier hoffen viele Betroffene auf medizinische Hilfe und auf Heilung. Die Long-Covid-Forschung kann dieser Hoffnung sicherlich Auftrieb geben. Deshalb noch einmal vielen Dank für diesen Antrag.
(Zustimmung)