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Plenarsitzung

Transkript

Henriette Quade (DIE LINKE): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Partei, die den freiheitlichen Staat abschaffen und die Grundsätze des Rechtsstaats beseitigen will, will uns also nun etwas über staatsbürgerschaftliche Pflichten erzählen. Das ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der Antrag ist die Übersetzung der in Potsdam klar ausgesprochenen Pläne in den parlamentarischen Alltag. Er gibt vor, doch nur Selbstverständlichkeiten regeln zu wollen. Tatsächlich aber verfolgt er ein einziges Ziel: die weitere Etablierung eines angeblichen Gegensatzes zwischen Hiergeborenen und Zuwanderern sowie die Möglichkeit, nicht mehr auf Gesetze angewiesen zu sein, um Zugewanderten Rechte verweigern zu können.

Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht durch den Zufall des Ortes der Geburt haben, sollen sich also zur deutschen Kultur bekennen und sich verpflichten, diese zu respektieren. Ausgehend von den Antragstellern und der antragstellenden Fraktion kann man Vermutungen anstellen, was genau diese deutsche Kultur sein soll: Die Nazis, die sich in Pirna am Rand der Demonstration gegen die AfD postierten und dazu im Stile Görings und der SA kostümiert waren? Widerliche Witze über Anne Frank in Chatgruppen? Schwarze Pädagogik, wie sie Herr Tillschneider propagiert? Frauen mit Pfefferspray angreifen, wie AfD-Politiker Sven Ebert? Hochstapeln, wie AfD-Politiker Bausemer? Druck auf ausländische Restaurants ausüben wollen, wie Herr Siegmund? Soll das die deutsche Kultur sein, die man respektieren soll?

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Es ist doch offensichtlich, worum es der AfD geht. Sie will ein Bild zeichnen: Hier die kulturvollen Deutschen, da die Fremden; hier diejenigen, die sagen, wo es langgeht, da diejenigen, die sich dem zu unterwerfen haben. 

Im Antrag heißt es weiter, die Menschen sollten sich verpflichten, keine ausländischen Konflikte aktiv zu unterstützen. Auch hierzu ist die Frage: Was soll das konkret bedeuten? Sollen sich Iranerinnen und Iraner nicht mehr zu dem menschenfeindlichen Regime äußern dürfen, das im Iran herrscht? Sollen sie nicht mehr gegen die Ermordung von Frauen demonstrieren, weil der iranische Geheimdienst findet, das sei provokant? Sollen Menschen, die vor den Taliban geflohen sind, nicht mehr über das Unrecht berichten, das ihnen widerfahren ist, weil die Taliban finden, das destabilisiere ihr Land, während Herr Tillschneider munter auf Kreml-Safari geht und den russischen Angriffskrieg relativiert?

Meine Damen und Herren! Das Staatsbürgerschaftsrecht und die Gesetze bieten alle Möglichkeiten,

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

um im Falle terroristischer Betätigung, aber auch weit unterhalb dieser Schwelle, und auch im Fall von antisemitischen Aktivitäten und Handlungen die Staatsbürgerschaft zu verweigern oder zu entziehen. Insofern gibt es diesbezüglich schlichtweg keinen Handlungsbedarf.

Man muss aber auch sagen - das ist auch in der Rede der Ministerin deutlich geworden  , dass dieser Antrag auf ein zentrales Problem des Erlasses der Innenministerin verweist, an das die AfD anknüpfen will. Es sollen unterschiedliche Maßstäbe an die hier lebenden Menschen angelegt werden, und zwar ausgehend davon, wo ein Mensch geboren wurde, und im Zweifelsfall ausgehend davon, wo seine Eltern geboren wurden. Das wird dem Problem Antisemitismus, dem die Innenministerin begegnen will, nicht ansatzweise gerecht und es hat auch nicht viel mit rechtsstaatlichen Grundsätzen zu tun. 

Die AfD will keine Staatsbürger, sie will die Volksgemeinschaft. Niemand darf sich von ihr erzählen lassen, was staatsbürgerschaftliche Pflichten sein sollen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD)