Tagesordnungspunkt 19
Bericht über den Stand der Beratung zum Antrag „Für die Schule von morgen: Die Lehramtsausbildung in Sachsen-Anhalt neu strukturieren“ - Drs. 8/2685
Berichterstattungsverlangen Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/4686
Gemäß § 14 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung können fünf Monate nach der Überweisung eines Beratungsgegenstandes Fraktionen oder acht Mitglieder verlangen, dass der Ausschuss durch den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied Bericht über den Stand der Beratung erstattet. Davon hat jetzt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gebrauch gemacht. Sie verlangt vom federführenden Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt nun einen Bericht über den Stand der Beratungen.
Ich erteile zunächst der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung. Danach wird vom federführenden Ausschuss ein entsprechender Bericht abverlangt. Zunächst erhält jetzt Frau Sziborra-Seidlitz das Wort. - Bitte sehr.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für ein chancengerechtes Bildungssystem in Sachsen-Anhalt braucht es auch entsprechende moderne Lehramtsausbildungen. Dazu haben wir Bündnisgrüne einen Vorschlag eingereicht. Wir wollen, dass das bisher schulformbezogene Lehramtsstudium weiterentwickelt wird zu einem schulstufenbezogenen Lehramtsstudium, dem Stufenlehramt. Denn schließlich unterrichten die Lehrkräfte an unseren Schulen keine Schulformen, sondern Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Altersstufen.
Der schulformübergreifende Einsatz von Lehrkräften ist im Übrigen in Zeiten des Lehrkräftemangels bereits gelebte Praxis. Es gibt Abordnungen von Lehrkräften von einer Schule an die nächste, wenn dort dringender Bedarf besteht. Auch dahingehend ist ein Lehramtsstudium unabhängig von Schulformen näher an der praktischen Realität unserer Lehrkräfte. Im Juni 2023 haben wir den Antrag zur Neustrukturierung der sachsen-anhaltischen Lehramtsausbildung gestellt. Danach dauerte es mehr als ein halbes Jahr, bis sich die zuständigen Ausschüsse überhaupt mit den Vorschlägen aus unserem Antrag befassten und ein Fachgespräch stattfand.
In diesem Fachgespräch haben sowohl die Vertreterinnen der Otto-von-Guericke-Universität als auch die von der Martin-Luther-Universität betont, dass die Einführung des Stufenlehramtes für sie leicht umsetzbar wäre. Die Martin-Luther-Universität hat sogar schon verschiedene Modelle entwickelt, wie sie ein Stufenlehramt umsetzen könnte. Die Otto-von-Guericke-Universität gab ebenfalls an, dass sich die Bachelor-Master-Struktur, die sie bereits im Lehramt haben, für die Einführung des Stufenlehramts anbieten würde.
Von beiden Universitäten gab es noch ein weiteres Argument, welches für unseren Antrag spricht. Schon jetzt ist das Studium für das Lehramt an Sekundarschulen und das Lehramt an Gymnasien in großen Teilen inhaltsgleich. Bis auf wenige Module sitzen die Studierenden gemeinsam in den Vorlesungen und Seminaren. Auch dahingehend stellt die Umsetzung des Stufenlehramts für die beiden Universitäten in unserem Bundesland keine Herausforderung dar.
Sie sehen, es spricht vieles für die Einführung des Stufenlehramts. Gegen die aktuelle Form der Lehrkräfteausbildung spricht vor allem eines. Wenn sich angehende Lehrkräfte in unserem Land zu Beginn des Studiums entscheiden müssen, ob sie das Lehramt für die Grundschule, die Förderschule, die Sekundarschule oder das Gymnasium studieren, finden auch die Schulpraktika in den Schulformen statt, die sie sich für ihr Studium ausgesucht haben, und zwar ausschließlich.
Erfahrungen in anderen Schulformen, die diese als zukünftigen Arbeitsort vielleicht attraktiver oder überhaupt erst möglich machen könnten, finden beim schulformbezogenen Lehramtsstudium nicht statt. Das Stufenlehramt schafft an dieser Stelle mehr Erfahrungen in verschiedenen Schulformen und mehr Flexibilität nach dem Abschluss. Das ist gut für Schülerinnen, für Sachsen-Anhalt und für unsere Lehrkräfte.
Das Einzige, was fehlt, damit wir in Sachsen-Anhalt endlich das Stufenlehramt einführen können, ist der politische Wille von CDU, SPD und FDP. Dass die regierungstragenden Koalitionsfraktionen gar kein Interesse haben, sich tiefgreifend mit dem Thema Lehramtsstudium auseinanderzusetzen und zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen, sieht man daran, wie Sie mit unserem Antrag im Wissenschaftsausschuss umgehen.
Seit der Fachanhörung im Jahr 2024 wurde unser Antrag immer und immer wieder auf die Tagesordnung des Ausschusses gesetzt, nur um dann direkt zu Beginn der Ausschusssitzung durch die Mehrheit der Koalitionsfraktionen wieder abgesetzt zu werden.
Sie verhindern damit die weitergehende Diskussion zur notwendigen Reform im Lehramtsstudium.
Sehr geehrter Mitglieder der Koalitionsfraktionen! Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten bei der Kompromissfindung zu Beschlüssen - wir selbst waren auch einmal in der Situation , was Sie mit unserem Antrag machen - ich kann es nicht anders ausdrücken , ist an dieser Stelle Arbeitsverweigerung.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Sie tragen alle die politische Verantwortung in unserem Land und weigern sich, Beschlüsse zu so einem drängenden Thema, wie die Weiterentwicklung des Lehramtsstudiums, zu treffen oder wenigstens darüber weiter im Ausschuss zu diskutieren; dabei brennt das Thema.
Überall in der Bundesrepublik wird über die notwendigen Veränderungen im Lehramtsstudium diskutiert: Denn das ist auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Lehrkräftemangel, der uns überall betrifft. Der Lehrkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für unser Bildungssystem. Die Bildungskrise ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit; auch wenn manche politischen Kräfte anderes behaupten.
Wir Bündnisgrüne haben den Mut, die notwendigen Veränderungen beim Lehramtsstudium zu fordern. Wir wollen, dass bei der Bildungspolitik unseres Bundeslandes über den dauerhaften Krisenmodus des Lehrkräftemangels hinausgedacht wird.
Wir wollen, dass die Bildungspolitik langfristiger geplant wird als nur bis zur nächsten Landtagswahl und dass sie moderner wird. Wir kämpfen für die Schule von morgen, für Schulen, an denen Schülerinnen in Sachsen-Anhalt die bestmögliche Bildung erhalten, für ein chancengerechtes Bildungssystem.
Deshalb fordere ich Sie, insbesondere die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, an dieser Stelle auf: Haben Sie mit uns gemeinsam den Mut, Veränderungen zu gestalten. Hören Sie endlich auf, die Auseinandersetzung mit unserem Antrag im Ausschuss zu verhindern. Stellen Sie sich dem Thema, beschließen wir zu diesem Antrag. - Vielen Dank.