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Plenarsitzung

Transkript

Andreas Silbersack (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion zeigt, dass es mit Emotionen zu tun hat und dass es wichtige Themen sind, die die Menschen im Land interessieren. Das, was der Antrag und die Überschrift beinhalten und das, was sich im Text wiederfindet, zeigt, wie sehr die AfD auf Populismus aus ist.

(Zurufe von der AfD: Oh!)

Wenn ich in dem Antrag lese: Grundnahrungsmittel werden vielfach nur rationiert ausgegeben, 

(Oliver Kirchner, AfD: Haben wir doch gar nicht gesagt!)

fühle ich mich in eine Situation versetzt, die nichts mit diesem Deutschland zu tun hat. Wenn Sie diesen Satz z. B. einem Menschen aus dem Jemen oder aus Afrika vorstellen und das Land wird mit diesem Land verglichen, dann werden diese Leute, diese Menschen nur den Kopf schütteln - definitiv.

(Zustimmung bei der CDU, von Dr. Katja Pähle, SPD, bei der FDP und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Was Sie sagen und wie Sie die Dinge miteinander verbinden, scheint zu Teilen richtig zu sein, ist aber in vielen Teilen falsch. Genau das ist es. Sie versuchen, eine schwierige Situation in Ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Das ist aus Ihrer Sicht legitim. Aber in der Sache ist es falsch und entspricht nicht den Tatsachen. Die Regale sind nicht leer. Dass wir schwierige Situationen haben, sollten Sie nicht ausnutzen. Das hilft nicht.

Sie haben in einer Sache recht: Die Geldpolitik Europas ist nicht so, dass man diese die nächsten zehn Jahre lang so weitermachen kann; denn das führt zu einer weitergehenden Inflation. Auch wir als Liberale haben großes Interesse daran, dass sich die Geldpolitik der EZB in den nächsten Monaten signifikant verändert. Wenn sich diese nämlich verändert, dann wird der Euro am Ende des Tages auch gestärkt. Wir brauchen weniger Geld auf dem Markt. Die Schwemme muss nachlassen. Dann wird sich das, weil das Rohöl in Dollar bezahlt wird, entsprechend verändern bzw. verbessern.

Zur SPD würde ich gerne eines sagen, weil Sie das Thema des Tempolimits angesprochen haben. Ich bin unserem Bundesfinanzminister und der Bundes-FDP sehr dankbar, dass es uns in der Koalition im Bund gelungen ist, das Tempolimit zu verhindern. 

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)

Das ist für uns eine ganz wesentliche Thematik. Insofern bin ich schon etwas verwundert, dass von dem Koalitionspartner aus dem Bund hier im Land proklamiert wird, wir sollten das Tempolimit doch wieder auf die Agenda nehmen. Die Freiheitsrechte in solchen Situationen, nachdem wir gerade aus der Coronapandemie kommen, wieder zu beschneiden, dafür können wir Liberalen nicht sein. Die Freiheitsrechte sind für uns eine Herzensangelegenheit und Grundelemente unserer Demokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren. 

(Beifall bei der FDP - Unruhe)

Sie haben den ersten Stein geworfen, deshalb muss ich das an der Stelle einmal sagen. 

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Wenn Sie anfangen, diese Freiheits- und Grundrechte einzuschränken, dann weiß ich nicht, in welche Richtung wir gehen wollen. Deshalb würde ich darum bitten, dass wir nicht anfangen - - Corona hat gezeigt, wie schwer es den Menschen fällt, Einschnitte ihrer Freiheitsrechte hinzunehmen. Deshalb sollten wir das in dieser schweren Situation nicht in irgendeine Richtung ausufern lassen. 
 
Dass DIE LINKE, Frau Eisenreich, mit ihren Stereotypen arbeitet, ist völlig klar. Auch hier wird die schwierige Situation wiederum ausgenutzt, um gegen das böse Kapital, die Preistreiber, die Unternehmer zu schimpfen. Auch das finde ich nicht überraschend, aber eigentlich betrüblich und das wird der Sache nicht gerecht. 

(Zustimmung bei der FDP)

Was der Sache gerecht wird, was die Energiepreise anbetrifft, ist die Politik des Bundesfinanzministers und der Koalition im Bund auf jeden Fall. Wenn ich mir das Entlastungspaket anschaue, das heißt, die Energiesteuern herunternehmen, das 9-€-Monatsticket, das Monats-Abo für den ÖPNV, die 300 € Energiepreispauschale - das ist ein bunter Blumenstrauß, der richtig gut ist, der hilft. Jetzt wird gesagt werden, na ja, das ist wie eine Gießkanne. Nein, das hilft den Menschen. Wer rechnen kann und sich ein wenig im Steuerrecht auskennt, versteht, dass von den 300 € derjenige am meisten behält, der am wenigsten Steuern zahlt,

(Beifall bei der FDP)

das heißt, diejenigen, die im unteren Bereich verdienen. Das ist etwas, was im Sinne der Menschen ist. Uns ist auch klar, dass diejenigen, die genug Geld auf dem Konto haben, nicht in erster Linie die Leidtragenden sind. Wir müssen an die denken, die die Basisversorgung und den Schutz der Politik brauchen. Deshalb, glaube ich, ist dieses Entlastungspaket, das der Bundesfinanzminister mit den Koalitionären auf den Weg gebracht hat, genau das richtige.

Jetzt können wir bei den Energiepreisen sagen, schauen wir doch nach Polen, schauen wir nach Spanien, schauen wir nach Frankreich. Die machen das alles anders. Aber Deutschland hat in der Geschichte immer gut daran getan, seinen eigenen Weg zu gehen. Deshalb ist dieser Blumenstrauß aus verschiedenen Maßnahmen aus unserer Sicht genau der richtige Weg. 

Unser Ziel muss sein, dass wir - unser Johann Hauser hat es vorhin angesprochen - den Spekulationen Einhalt gebieten. Deshalb ist es richtig, dass das Bundeskartellamt Spritpreise prüft und insbesondere bei Preissteigerungen an der Zapfsäule tätig wird, damit wir dagegen vorgehen. Das muss mit aller Härte geschehen. Das ist überhaupt keine Frage. 

Jetzt einmal zur allgemeinen Inflation, weil das auch das Thema in dem Antrag war. Wir haben 7,4 % Inflation. Das ist der Höchststand seit 1981. Das irre. Das muss man tatsächlich einmal sagen. Gerade für diejenigen, die nicht viel haben, ist es besonders hart, und für die müssen wir politisch tätig werden. Daran geht kein Weg vorbei. Deshalb hat der Bundesfinanzminister den Vorschlag unterbreitet, die kalte Progression zu kappen. Das heißt, wenn es um Lohnsteigerungen geht, dass dann die Möglichkeit besteht, dass die Abgaben darauf nicht erfolgen. Das bedeutet, dass bei den Menschen mehr in der Tasche bleibt. Das ist nicht nur für einige, sondern für alle Arbeitnehmer; denn kalte Progression bedeutet, ich bekomme eine Lohnerhöhung, und von dieser Lohnerhöhung habe ich nicht besonders viel, sondern nur einen Bruchteil, weil der Rest an Abgaben weggeht. Deshalb ist unsere Ansage als FDP: Wir brauchen eher Steuersenkungen als Steuererhöhungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Da gesagt wird, wir können weiter Geld ausgeben, möchte ich ein Schlaglicht auf die Thematik des Sparvermögens werfen. Eine steigende Inflation führt zur Entwertung des Barvermögens. Wenn ich mir unsere Rentnerinnen und Rentner anschaue, insbesondere in Sachsen-Anhalt, in Ostdeutschland, wo wir keine Erbengeneration haben, wie das in Westdeutschland ist, die über Jahrzehnte vielleicht 50 000 € gespart haben und ich davon ausgehen kann, dass bei einer dauerhaften Inflation die Entwertung weiter zunimmt, verlieren sie - das ist nicht meine Idee, sondern tatsächlich belegt - bis zu 10 bis 15 % ihres Sparvermögens, einfach durch die Entwertung des Sparvermögens. Das können wir den Menschen nicht zumuten. Deshalb muss gegensteuert werden. Deshalb ist es auch wichtig, dass die EZB ihre Geldpolitik diesbezüglich anpasst. 

(Beifall bei der FDP)

Aber der Bundesfinanzminister und die Koalition schauen im Bund, wie wir verhindern können, dass wir immer mehr Geld ausgeben. Wir müssen zielgenau agieren. Nur durch dieses zielgenaue Agieren werden wir verhindern, dass noch mehr Geld hinausgeht, die Inflation noch mehr steigt und am Ende des Tages die Altersvorsorge denjenigen, die sich einiges angespart haben, zwischen den Händen zerrinnt. 

Zum Thema Lieferschwierigkeiten, Versorgungsmangel, Versorgungsnotstand. Das könnte man aus dem, was man da liest, fast herauslesen. Ich glaube, wir haben extreme Schwierigkeiten in allen Bereichen. Das fängt beim Toilettenpapier an, was man manchmal erlebt, dann Süßwaren, aber auch Baumaterialien. Es gibt keine Nägel aus Russland usw. Das sind Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Selbst im Bereich des Weins ist es extrem schwierig geworden, weil insbesondere Glasfabriken in der Ukraine nicht mehr existieren und deshalb in Teilen keine Nachlieferung von Weinflaschen erfolgt. 

Das bedeutet nicht, dass wir am Ende der Fahnenstange sind, aber wir müssen darauf reagieren. Deshalb ist es wichtig, dass wir sehen, dass wir eine geopolitisch neue Situation haben. Deshalb müssen wir schauen, wie wir dort umsteuern und diese Engpässe beseitigen. Hier gilt es, dass Politik nahe an den Unternehmen ist. Ich möchte unserem Wirtschaftsminister, der gerade nicht da ist, 

(Zurufe: Da ist er doch! - Dort ist er!)

- ach, dahinten ist er, genau! - danken, der hört, wie es SKW Piesteritz, wie es den Unternehmen im Land geht. Das ist wichtig. Das erwarten die Unternehmen im Land, deshalb ist es unsere Aufgabe, genau dorthin zu schauen, meine Damen und Herren.

Was die Unternehmen selbst betrifft, ist es so - ich habe mich diesbezüglich mit der IB verständigt -, dass ein besonderes Liquiditätsverlangen der Unternehmen im Land nicht existent ist. Das heißt, dass die Unternehmen im Land Sachsen-Anhalt im Augenblick nicht unter Liquiditätsmangel leiden, sondern sie haben das Thema der Lieferschwierigkeiten und der Rohstoffe im Einzelnen. 

Aber das, was man daran erkennt, ist: Was machen die Unternehmen, die mit erhöhten Preisen zu tun haben? Sie geben die Preise weiter. Das wird in Teilen angenommen, in Teilen nicht. Aber offensichtlich ist die Situation im Augenblick nicht die, dass wir diesbezüglich in eine riesige Krise gerutscht sind. Die Unternehmen wissen sich also zu helfen. Am Ende des Tages zahlt das der Endverbraucher, und genau deshalb werden die Entlastungspakete, die wir zu Anfang genannt haben, weitergehend geschnürt. Da muss man genau hinschauen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Und Sie wissen sich mit dem Schlusswort zu helfen, ja?


Andreas Silbersack (FDP):

Genau. - Insgesamt kann man sagen, wir haben eine extrem herausfordernde Situation, in der wir gemeinsam nach Lösungen schauen müssen und in der ich dem Bund sehr dankbar bin, dass wir Entlastungspakete schaffen, die uns aus der Krise herausführen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke. Jetzt kommen wir zur ersten Frage. Sie kommt von Herrn Gallert. - Bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Herr Silbersack, ich stelle ich Ihnen die Frage, die ich vorhin dem Wirtschaftsminister gestellt habe. Was halten Sie vom Vorschlag des E.on-Aufsichtsratsvorsitzenden, bei Gas zuerst die Privathaushalte abzuschalten, um die Industrie weiter am Laufen zu halten? 

Die zweite Frage ergab sich unmittelbar aus Ihrem Redebeitrag. Da haben Sie mich verwirrt. Sie haben gesagt, DIE LINKE thematisiere wie immer aus ihrer sozialistischen Ideologie heraus das Problem der Spekulation. Da müsse und könne man nichts anderes erwarten. Eine Minute später beziehen Sie sich auf Herrn Hauser, der das in Reaktion auf die AfD in gleicher Art und Weise getan hat. Warum ist es eigentlich bei uns Ausdruck einer falschen sozialistischen Ideologie, wenn wir die Spekulation thematisieren, und wenn es die FDP macht, ist es richtig?

(Guido Kosmehl, FDP: Weil Sie Sozialisten sind!)

Herr Silbersack, das können Sie mir jetzt einmal verraten. 


Andreas Silbersack (FDP):

Ich fange einmal mit dem ersten an: Wenn man einen Satz herausgreift und sagt, erst die Privaten abschalten und dann die Unternehmen, kann ich das überhaupt nicht unterstützen. Das ist keine Frage. Ich glaube aber nicht, dass das im Kontext genauso gemeint ist. Insofern glaube ich, die Instrumentalisierung einer solchen Aussage ist immer relativ schwierig. Insofern finde ich dieses Arbeiten damit, Herr Gallert, eher schwierig, aber das ist Ihre Sache. 

Beim Thema der Spekulationen geht es mir eher um den Duktus. Wenn Sie davon reden, dass die Konzerne jetzt das Geld machen, dass die sich bereichern, ist das ungefähr so, als wenn das Finanzamt immer unterstellt, der Steuerzahler ist immer derjenige, der betrügen möchte. Das ist eben nicht der Fall. Die Unternehmen sind in den größten Teilen verlässlich, und wir können dafür dankbar sein. Das heißt, diese Pauschalunterstellung, dass die Notsituation ausgenutzt wird, ist einfach nicht existent.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Hat Herr Hauser vorhin aber eine andere Position vertreten!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke. Frau Pasbrig würde Ihnen gern noch eine Frage stellen.


Elrid Pasbrig (SPD): 

Es geht noch einmal um das von mir in die Debatte geworfene Tempolimit, das zu sehr heftigen Reaktionen gerade Ihrer Fraktion geführt hat. Ich habe in meinen Ausführungen extra dazugesagt, es ist nicht vorrangig umweltpolitisch zu verstehen, sondern als Sparmaßnahme. Wir haben gerade die Situation - der Wirtschaftsminister führte es aus -, wir müssen abwägen, wer demnächst vom Stromnetz abgeschaltet wird oder nicht.

(Tobias Rausch, AfD: Das müssen wir nicht abwägen, das wollt Ihr! Das ist das Problem!)

Jetzt mein Hinweis: Auch 1973, als die sozialliberale Bundesregierung die vier autofreien Sonntage verabredetet hatte, um die Energieversorgung zu sichern, würden Sie das heute ebenso als derartigen Eingriff in die persönliche Freiheit eines einzelnen bewerten?

(Tobias Rausch, AfD: Ja! - Guido Kosmehl, FDP: Ja!)


Andreas Silbersack (FDP):

Grundsätzlich gibt es, wie es im Grundgesetz steht, das Recht und die Sozialbindung. Das ist völlig klar. Deshalb steht die Versorgungssicherheit ganz oben. Aber man sollte nicht am Anfang einer Debatte gleich damit beginnen, wie ich die Bürger einschränken kann. Gerade beim Thema Tempolimit, weil Sie sagen, das sei für Sie nicht das Thema der Umwelt gewesen, sondern eher der Einsparung, können Sie zehn andere Dinge nennen. Wie können wir das Wegwerfen von Lebensmitteln mit Bußgeldern belegen? Wie können wir den Menschen - - Es gibt zig Möglichkeiten, die Menschen einzuschränken.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Warum nicht Tempolimit?)

Das ist ein Grundproblem für uns, weil uns die Freiheitsrechte sehr wichtig sind. Dass die eingeschränkt werden müssen, wenn die Versorgungssicherheit anders nicht zu gewährleisten ist, muss man dann diskutieren. Aber das ist ein Abwägungsprozess.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Rasen als Freiheitsbegriff! Krasse Degenerierung des Freiheitsbegriffs!)