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Plenarsitzung

Transkript

Nicole Anger (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! „Panikmache beenden“ - so steht es über der Aktuellen Debatte, die die rechtsextreme Fraktion hier im Haus beantragt hat. 

(Zurufe von der AfD: Sagt die Linksextreme! - Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Panik verbreitet hier jedoch nur eine einzige Fraktion, und zwar genau die, die auch darüber heute debattieren möchte. Schon allein dieses parlamentarische Vorgehen und auch die Einbringung zeigen, dass der Fraktion Rechtsaußen hier im Haus nichts, aber auch gar nichts an einer sachlichen Aufarbeitung gelegen ist. 

(Lothar Waehler, AfD: Aber Linksaußen!)

Aber das kennen wir ja. Es geht der rechtsextremen Fraktion weder um parlamentarisches Wirken,

(Jan Scharfenort, AfD: Kommen Sie doch einmal zum Thema! Argumente! - Zuruf von der AfD: Sagt DIE LINKE!)

noch um echte Aufarbeitung der Coronapolitik der letzten Jahre. Hierbei geht es allein um Inszenierungen, um Instrumentalisierungen und um künstliche Aufregung. 

(Jan Scharfenort, AfD: Argumente!)

Meine Damen und Herren! Fangen wir doch aber direkt einmal mit der Aufarbeitung an. Während sich der überwiegende Teil der Menschen in Sachsen-Anhalt und auch bundesweit solidarisch zeigte, sich an Maßnahmen hielt und sich und andere schützte, versuchte eine Partei mit ihrer Fraktion gemeinsam, diese Pandemie zu nutzen, 

(Jan Scharfenort, AfD: Nein! Die hat recht behalten! So einfach ist das!)

um an den Grundfesten unserer Demokratie zu rütteln, um Menschen zu desinformieren und um deren Unsicherheiten, Sorgen und Ängste im eigenen Interesse auszunutzen. 

(Jan Scharfenort, AfD: Was zu beweisen war! - Zuruf von der AfD: Aufgeklärt haben wir!)

Die Pandemie war und ist Ihnen bis heute, wie wir merken, dafür nur ein Vorwand. Ich will nur einmal an zwei Beispiele erinnern. Anfang März 2020, als die Pandemie gerade bei uns begann, war es die AfD, die laut nach harten Einschnitten, nach einem flächendeckenden Lockdown rief. 

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD - Zurufe von der AfD: Einen Monat! Als Sie geschlafen haben!)

Als der erste Lockdown dann 14 Tage später kam: Wer war es, der forderte, den Lockdown sofort zu beenden? 

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja, weil dann klar war, dass das Schwachsinn war!)

Auf den Demos der Coronaleugner erzählten Landtagsabgeordnete der AfD, wie fatal Impfen sei. Bei der Impfaktion hier im Landtag hingegen konnten sich die Abgeordneten der AfD nicht schnell genug den Gesundheitsschutz für sich selbst holen. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Wer denn? Nennen Sie doch einmal Namen! - Weitere Zurufe von der AfD: Was! - Was für eine Unterstellung!)

Auf der Straße die Pandemie leugnen, den Menschen irgendetwas von Impfzwang einreden wollen und gleichzeitig für sich den medizinischen Schutz in Anspruch nehmen - was für eine widerliche Doppelmoral. 

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Es ging und geht der rechtsextremen AfD mitnichten um Politik, mitnichten um die Gesundheit der Menschen und mitnichten um uns alle. 

(Unruhe)

Die rechtsextreme AfD arbeitet weiter an der Destabilisierung des Landes 

(Jan Scharfenort, AfD: Argumente!)

und bis heute wird mit Fake News zu Corona mobilisiert. Das merken wir gerade auch in der Aktuellen Debatte. Die extreme Rechte instrumentalisiert die Unsicherheiten der Menschen. Ihnen geht es dabei in keiner Weise um die Menschen selbst. 

(Zuruf von Thomas Korell, AfD)

Ihnen geht es allein darum, deren Unbehagen für sich auszunutzen. Die rechtsextreme Fraktion feuert die Ängste der Menschen an. Sie gefährdet mit Desinformation bewusst Menschenleben. 

Meine Damen und Herren! Mit Sicherheit sind wir uns unter den demokratischen Fraktionen hier einig, dass in der Pandemie nicht alles zur Zufriedenheit lief. Das kann es aber auch gar nicht. So ehrlich muss man an dieser Stelle sein. Deswegen heißt Aufarbeitung der Coronapandemie für mich, die getroffenen Entscheidungen zu reflektieren und daraus die entsprechenden Lehren zu ziehen. Das wird helfen, künftigen Pandemien entsprechend entgegenzutreten. 

So muss man natürlich darüber reden, dass es eine schlechte Kommunikation zur Pandemie von den Regierungen in Land und Bund gab. Es gab viele Verzögerungen in den Entscheidungen. Dieses Zögern und Zaudern hat uns oftmals alle und vor allen Dingen auch das Gesundheitssystem sehr belastet. War dieses bereits vor der Pandemie an den Rand seiner Möglichkeiten gedrängt, litt und leidet es unter einem Investitionsstau, so verschärfte sich dieser Zustand noch. 

Ein nicht unerheblicher Teil der geplanten Operationen - teilweise sogar lebensnotwendige Operationen - musste verschoben werden. Intensivbetten waren rar. Ein freies Intensivbett und ein Beatmungsgerät reichten allein aber noch nicht aus. Entscheidend war nämlich auch, ob auch Personal am Bett stehen konnte, und die Fachkräfte in den Krankenhäusern arbeiteten lange, lange am Limit, und viele waren vom Dauerzustand der Pandemie körperlich kaputt. 

Aber auch das Pflegepersonal, die Mitarbeitenden in den Kitas,

(Ulrich Siegmund, AfD: Mitarbeitenden!)

in den Schulen und auch in den Gesundheitsämtern waren enormen Belastungen ausgesetzt. Viele Folgen spüren wir davon noch heute. 

Meine Damen und Herren! Auch den jungen Menschen im Land wurde in der Pandemie viel Verzicht auf Lebensqualität auferlegt. Die meisten waren insbesondere mit der älteren Generation und mit den Menschen mit chronischen Erkrankungen solidarisch. Die Jugend hatte viele Entbehrungen. Unsere Aufgabe muss es nach wie vor sein, ihnen die bestmöglichen Optionen zu bieten, damit sie Versäumtes nachholen können. Ich rede bewusst von Nachholen; denn zwei versäumte Lebensjahre lassen sich nicht eben einmal aufholen. Aber Erfahrungen und Erfahrungslernen müssen und sollen unbedingt gemacht werden. Damit meine ich, meine Damen und Herren, zuvorderst Freiräume für junge Menschen - Erfahrungen sammeln, Freizeit gestalten, Abenteuer erleben, aber eben auch formale und nonformale Bildung. An dieser Stelle reichen kurzfristige Gießkannenprojekte mit einem Trichterprinzip nicht aus. An dieser Stelle hilft nur Kontinuität. 

(Beifall bei der LINKEN)

Dort, wo es erforderlich ist, müssen junge Menschen auch zeitnah gesundheitliche Unterstützung bekommen. Insbesondere psychotherapeutische Angebote sind hier noch immer stark gefragt. Noch immer haben wir eine zunehmende Anzahl an jungen Menschen, die dieses Angebot benötigen, weil sie Belastungen in der Pandemie erfahren haben. Und: Wir müssen uns endlich mehr um diejenigen kümmern - ich bin dankbar, dass das der Kollege Krull auch erkannt hat  , die unter Post-Covid leiden. Etwa 10 % aller Coronainfizierten sind das. An dieser Stelle haben wir noch immer ein Defizit. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Das kann auch an der Impfung liegen!)

In Thüringen gibt es seit dem letzten Monat eine rollende Post-Covid-Ambulanz, koordiniert durch die Uniklinik Jena. Diese fährt nun durch das Land und bietet wohnortnahe Untersuchungen mit umfassender telemedizinischer Betreuung an. Darüber sollte man einmal in Sachsen-Anhalt nachdenken. 

(Guido Kosmehl, FDP, zustimmend: Wer hat es eingebracht? - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Apropos Thüringen: Es ist auch der Ministerpräsident von Thüringen, der es als einen Fehler bezeichnete, dass es während der Pandemiejahre keinen bundesweiten zentralen Krisenstab gab, der einheitliche Entscheidungen traf. 

(Guido Kosmehl, FDP: Der hat Candy Crush gespielt!)

Auch meine Fraktion und ich haben immer wieder darauf hingewiesen, insbesondere in der 5. Sitzung dieses Landtags: Bundesweit einheitliche Regeln hätten es uns allen erleichtert, gemeinsam gegen diese Pandemie anzukämpfen. Für die Menschen sowohl in unserem Bundesland als auch in allen anderen war es nämlich höchst verwirrend, dass es überall abweichende Verordnungen, Schutzkonzepte und Verfahren gab. Aber genau das wäre ein weiteres Lernergebnis aus der Pandemie.

Meine Damen und Herren! Wir müssen aus dieser Pandemie dringend mitnehmen, dass wir ein stabiles Gesundheitssystem brauchen - eines, das nicht auf Profitbasis arbeitet. 

(Thomas Korell, AfD: Nehmen Sie das einmal mit nach Hause!)

Notlagen bei den Krankenhäusern entstehen vor allem durch unterlassene Zahlungen des Landes in den zurückliegenden Jahren und durch ein unsoziales Fallpauschalensystem. 

(Beifall bei der LINKEN)

Wer mit der Gesundheit der Menschen Profite machen will, der fährt das System gegen die Wand. 

Aber nicht nur das Gesundheitssystem müssen wir in den Blick nehmen, sondern alle Bereiche der Daseinsvorsorge. Das gilt von der Kita über Jugendarbeit, über Schulsozialarbeit bis hin zur Pflege. Diese müssen gut und zuverlässig ausfinanziert sein; denn wenn uns die Pandemie eines gezeigt hat, dann dass wir ohne unsere soziale Infrastruktur, ohne die Menschen, die in den sozialen und gesundheitlichen Bereichen arbeiten, nicht durch so eine Situation kommen. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der LINKEN)