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Plenarsitzung

Transkript

Stefan Ruland (CDU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine Fünfminutendebatte unter der Überschrift „Kommunale Selbstverwaltung wiederherstellen“ - mir ist dabei sofort Attention-Grabbing eingefallen, also erst einmal eine dicke Headline und, na ja, im Text wird es dann dünn. Allein das, was Herr Gebhardt ausgeführt hat, reicht, um eine zwanzigminütige Erwiderung zu geben.

Herr Gebhardt, ich will nur ein paar Kleinigkeiten zusammenfassen. Exemplarisch habe ich mir einmal Hettstedt herausgesucht, das Jahr 2019, die Heilungssatzung. Die ist zugegebenermaßen noch nicht beschlossen. Aber den Berechnungen zufolge liegt die Differenz bei der Kreisumlage, die Mindereinnahme, die sich für den Landkreis aus der Kreisumlage der Stadt Hettstedt ergibt, bei 34 720 € für das Jahr 2019.

Betrachtet man einmal in Gänze die beklagten Kreisumlagezeiträume, kommt der Verdacht auf, dass zumindest der Kollege Schröder an dieser Stelle Altlasten zu bewältigen hat.

(Zustimmung von Matthias Redlich, CDU)

Ich habe gerade einmal bei Wikipedia geschaut, wer vorher im Amt war. Ich glaube, Sie wissen genau, aus welchem Nest die Kollegin gekommen ist, die das zu verantworten hat.

(Zustimmung bei der CDU - Ulrich Thomas, CDU, lacht)

Herr Gallert, Ihnen möchte ich auf Ihre Frage antworten. Wir halten es nicht für richtig, aufgrund von fehlender Impulskontrolle, automatisch der Meinung zu sein: Wenn man einen heraushaut, dass dann sofort gute Lösungen entstehen. Wir wollen vielmehr schauen, alle Fakten auf den Tisch legen, alle Variablen berechnen und dann bewerten, wie die Lage wirklich ist und was getan werden muss.

(Zustimmung bei der CDU)

Was mir nicht so gut über die Lippen geht, Herr Kollege Erben, ist, dass ich Ihnen beim Thema Abwägungsverfahren bei der Kreisumlage zustimmen muss. Ich behaupte einmal: Ich bin durchaus an finanzmathematischen Themen interessiert. Ich habe mir das in einem Kreis, der auch beklagt wird, im Salzlandkreis, angeschaut.

Das ist doch eine Sache, die versteht, ich glaube, am Ende nicht einmal der Landrat, wenn ihm die Kämmerei sie nicht erklärt. Von daher sehe ich auch das Potenzial, dass man die Gesetzgebung für dieses Abwägungsverfahren, bei der Ermittlung der Höhe der Kreisumlagen, etwas ändert.

Herr Meister - auch das geht mir nicht so gut über die Lippen, aber Sie haben recht  , die schnöde Ausweitung der Finanzausgleichsmasse wird nicht wirken. Man kann darüber streiten, was passiert, wenn man die bedarfsmindernde Einnahme der Kreisumlage durch die Landkreise absenkt. Das führt automatisch dazu - das hat noch keiner gesagt  , dass Sie sofort den SGSA auf den Plan rufen. Denn wenn Sie die Finanzausgleichsmasse in Summe nicht ändern, muss es ja irgendwo herkommen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja!)

Wenn Sie im Landkreis die Kreisumlage bedarfsmindernd oder -erhöhend kleiner rechnen, weil sie vielleicht aufgrund der Rechtsprechung tatsächlich einmal nicht erzielt werden kann, dann wird es bei den kreisangehörigen Kommunen weniger werden.

Dass hier so unterschiedliche Fachpolitiker gesprochen haben, zeigt auch, dass das kein eindimensionales Thema ist, wie es Punkt 2 des Antrags suggeriert; es sei reines FAG. Nein, hierzu haben Innenpolitiker und Finanzpolitiker gesprochen. Das zeigt, es ist ein Mix aus KVG und aus FAG.

Der Antrag, den die LINKEN gestellt haben, wird der Gesamtsystematik und der Problematik in seiner Komplexität nicht gerecht.

(Zustimmung von Marco Tullner, CDU)

Denn man stellt darin ausschließlich auf das FAG ab; frei nach dem Motto: Wenn das Füllhorn auf ist, wird es irgendwann schon gut sein, der Füllstand wird erreicht sein, alle sind glücklich.

Was noch keiner angesprochen hat - bzw. Herr Meister hat es einmal ganz kurz durchblicken lassen  , ist die sich entwickelnde Rechtsprechung basierend auf Artikel 88 der Landesverfassung. Auch die Leistungsfähigkeit des Landes ist a) nicht unbegrenzt und b) ist einzubeziehen. Das Land ist nämlich nicht dazu verpflichtet, erst einmal die Kommunen auskömmlich auszustatten und im Zweifel dann in Kauf zu nehmen, dass es seine eigenen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Das sollten wir bei aller Diskussion um das Thema Land-Kommunen-Finanzbeziehung nicht ausblenden.

Wir müssen auch berücksichtigen, dass der von Minister Richter bereits angesprochene Mittelaufwuchs in Höhe von 250 Millionen € im FAG für das Jahr 2024 und die folgenden zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Jubel ausgelöst hat. Verwunderlich: Eine Viertelmilliarde Euro mehr; keiner ist glücklich; alle meckern. - Okay, über die Kreisumlage hat man sich dann in der Staatskanzlei geeinigt und infolgedessen gab es einen kleinen Nachschlag. Dann haben auch wir das Signal bekommen: Ja, damit sind wir bereits dichter an der realistischen Einnahmegröße.

Dass sich das alles jetzt verändert hat, werden wir bewerten müssen. Ich gehe davon aus, dass Kollege Erben vorhin einen Dreher in seinem Überweisungsantrag hatte und dass wir den Antrag zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss, weil es in diesem Antrag im Wesentlichen um Finanzthemen geht, und mitberatend in den Innenausschuss überweisen, um gute Lösungen für die kommunale Familie produzieren zu können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Es gibt eine Frage und eine Intervention. - Herr Gebhardt, bitte.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Ruland, Ihre billige Einlassung bezüglich der Amtsvorgängerin von Landrat André Schröder will ich so nicht stehen lassen.

(Ulrich Thomas, CDU: Billig war die nicht, das haben wir gerade gehört!)

Denn, Punkt 1, die Klagen der Gemeinden bezogen sich auch auf die Amtszeit, in der André Schröder bereits Landrat war.

Punkt 2. Wenn Sie meinen, es sei eine Bewältigung von Altlasten notwendig, dann gebe ich Ihnen in einem Punkt sogar recht. Der amtierende Landrat muss das klären, was der ehemalige Finanzminister verzapft hat. Es handelt sich dabei nur leider um die gleiche Person.

(Zustimmung bei der LINKEN - Marco Tullner, CDU: Das ist ja ganz billig!)


Stefan Ruland (CDU):

Ich sage einmal: Auf der Preisskala war das jetzt keinen Cent teurer als die Einlassung, die ich vorgebracht habe. Ich schlage vor, weil die beiden Personen identisch sind und Sie durch Hettstedt eine räumliche Nähe haben, dass Sie das face to face mit ihm klären.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Das haben wir bereits getan!)

Fakt ist: Beklagt sind die Jahre 2017 bis 2021. Ich glaube, im Landratsamt stand der Wechsel im Jahr 2021 an. Da gab es wahrscheinlich bereits die Hebesatzsatzung; denn die muss bis Mai durch sein.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU

Ich habe jetzt nicht genau geschaut, wann die Wahl stattgefunden hat. Aber ihm anzudichten, dass in seine Amtszeit bereits Klageverfahren fallen, das finde ich abenteuerlich.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ist aber so!)

Ich habe es nicht geprüft. Das können wir gerne bilateral klären.

(Zustimmung bei der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Scharfenort, bitte. 


Jan Scharfenort (AfD):

Herr Ruhland, mich interessiert, wie Sie dazu stehen. Wir haben auf der einen Seite bei den Kommunen die Doppik. Nun kommen doch langsam nach und nach die Jahresabschlüsse, sodass wir sagen können: Jetzt bekommen wir vielleicht langsam doch ein realistisches Bild der tatsächlichen Finanzvermögensantragslage der Kommunen.

Auf der anderen Seite haben wir ja das Land, das keine Doppik anwendet.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Doppik!)

Meine Frage ist, ob Sie bereits einschätzen können, ob die Kommunen durch die Umstellung auf die Doppik - wir haben ja ein realistischeres Bild der Kommunen  , vom Ergebnis her tendenziell schlechter dastehen, weil wir vorher viele Sachen gar nicht gesehen haben. Und ob das Land, das die Doppik nicht anwendet, wenn es sie denn anwenden würde, sogar noch schlechter dastehen würde als es ohnehin schon dasteht. Wie würden Sie das einschätzen?


Stefan Ruland (CDU):

Vielen Dank für die Frage. Sie wissen, dass wir als CDU dem Thema Jahresabschlüsse bereits eine Weile hinterherlaufen. Ein bedeutsamer Punkt, warum man für das vertikale Gutachten ein wenig Zeit ins Land habe gehen lassen müssen, war, dass man ja belastbares Zahlmaterial braucht. Sie haben es oft genug im Ausschuss gefordert.

Ob sich jemand mit der doppischen Buchführung schlechter rechnet oder nicht, ist gar nicht die Frage. Die doppische Buchführung schreibt einfach bestimmte Sachen vor, wie das Erwirtschaften von Abschreibungen.

Für die Kameralistik kann ich das   ich bin mit der doppischen Buchführung aufgewachsen; für mich waren es böhmische Dörfer, als ich das erste Mal als Stadtrat mit der Kameralistik konfrontiert wurde  , das nicht einschätzen. Aber meines Erachtens war es nicht erforderlich, Abschreibungen zu erwirtschaften.

Wie es sich auf das Land im Detail auswirken würde, das wäre eine fatale Mutmaßung. Aber ich sage einmal: Wir haben viel Landesbesitz, demzufolge haben wir wahrscheinlich auch viele Abschreibungen. Es wäre jetzt famos     Ich weiß, Sie wollen hören, dass wir dann noch schlechter dastehen. Aber ich kann es nicht bewerten. Es steht aber auch gerade nicht zur Debatte.

Was aktuell zur Debatte steht - ich bin froh, dass Sie mir mit Ihrer Frage ein bisschen Zeit gegeben haben, weil ich es nicht unterbringen konnte  : Wir brauchen das im Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des KVG vorgeschlagene schärfere Schwert mit Blick auf die Frage, was passiert, wenn ich mit meinen Jahresabschlüssen nicht zu Potte komme.

Wir sehen natürlich jetzt, wohin das führt. Wenn ein Gericht entscheidet, dass die Abhängigkeit der Kreise von ihren kreisangehörigen Gemeinden auf Planzahlen basiert, dann habe ich als Stadtrat sehr viel Fantasie, selbst wenn die Kämmerer uns einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, wie ich den Ergebnishaushalt noch ins Negative bewegen kann. Deswegen brauchen wir hierfür mit Maß und Mitte neue Regelungen im KVG. Die Anpassung, die Fortentwicklung 102 ist, aus meiner Sicht, dafür genau der richtige Weg.

Und dann sei darüber nachzudenken, wie man es erreichen kann, dass Heilungsprozesse zukünftig nicht mehr auf Klageverfahren basieren, sondern vielleicht - wir reden ja des Öfteren über Ergebnisse des Vorvorjahres  , auf einem Nachjustieren, damit man sich, ich sage einmal, beim Modulieren, Modifizieren und Gestalten seiner Ergebnispläne nicht mehr so weit aus dem Fenster lehnen kann bzw. dass es im zweiten Jahr danach wieder aufgeholt werden kann. Das ist ein Ansatz, über den wir diskutieren müssen.

Aber wir machen das nicht haltlos mit einem schnell geschriebenen Antrag, der mit einer Überschrift beginnt, die Aufmerksamkeitshascherei betreibt, sondern auf der Grundlage fundamental richtiger Daten, mit allen Variablen auf dem Tisch und mit einer vernünftigen Entscheidung.

(Zustimmung bei der CDU und der FDP)