Henriette Quade (fraktionslos):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Im Januar 2021 hat der Kollege Tobias Krull aus der CDU-Fraktion im Plenum gesagt - ich zitiere -: Eine Gesellschaft zeichnet sich auch durch den Umgang mit dem Thema Tod aus.
Der Umgang damit berührt die Menschenwürde im Kern, die - anders als andere Grundrechte - auch nach dem Tod wirkt. Für einen kleineren Teil der Gesellschaft in Sachsen-Anhalt ist das auch eine religiöse Frage. Religionen geben unterschiedliche Antworten darauf und halten unterschiedliche Regeln dafür bereit.
In Abwandlung des Zitats des Kollegen Krull lässt sich sagen: Dieser Landtag zeichnet sich auch durch seinen Umgang mit dem Thema Bestattung aus. Und dieser Umgang ist nicht nur ernüchternd, er ist einmal mehr würdelos.
(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke, und von Olaf Meister, GRÜNE)
Das Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt bedarf bereits seit längerer Zeit einer Reform. Es liegen dem Landtag gleich zwei Gesetzentwürfe hierzu vor: einer von den GRÜNEN und einer von der Landesregierung. Beiden ist gemeinsam, dass sie die Sargpflicht aufheben und so die Möglichkeit der Tuchbestattung einführen wollen, soweit dem keine öffentlichen Belange entgegenstehen.
CDU, SPD und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart - ich zitiere :
„Wir streben eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts an, um der Vielfalt der Religionen gerecht zu werden.“
Wie wir inzwischen sehen, fehlt es nicht nur an einer Umsetzung; bei der CDU-Fraktion fehlt es schon am vereinbarten Streben. Es ist eine Blockade ohne jedes Argument.
(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke, und von Olaf Meister, GRÜNE)
Dass der vorgeschobene Unsinn mit den angeblichen Sorgen um die Bodenbeschaffenheit auf Friedhöfen nicht trägt, zeigt ein Blick in Bundesländer wie Baden-Württemberg, in denen die Tuchbestattung seit bald einem Jahrzehnt ohne Probleme möglich ist.
Im Ergebnis sorgen Sie, die Mitglieder der CDU-Fraktion, dafür, dass Musliminnen und Muslime in Sachsen-Anhalt nicht die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt und nach den Regeln ihrer Religion ihre letzte Ruhe in Würde in Sachsen-Anhalt zu finden. Sie sorgen dafür, dass Menschen weiter in den Konflikt geraten, entweder gegen die Regeln ihrer Religion zu verstoßen oder nach dem Tod außer Landes gebracht zu werden, um an anderen Orten bestattet zu werden. Die Botschaft, die Sie senden, ist: „Ihr gehört hier nicht dazu; wir zwingen euch noch im Tod, weil wir es können“ - ohne jedes Sachargument. Das ist es, was ich mit „würdelos“ meine.
Was in der Debatte untergeht: Wir haben auch die Situation, dass der Ministerpräsident einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht hat, den seine eigene Fraktion blockiert. Erneut stellt sich also die Frage: Wer führt eigentlich diese Landesregierung? Wird der Ministerpräsident von seiner Fraktion hier nur noch als freundliches Gesicht ausgestellt? Wird er noch für Mehrheiten für seine Gesetzentwürfe kämpfen oder hat er schon aufgegeben? - Vielen Dank.
(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke, und von Olaf Meister, GRÜNE)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Dann können wir in der Debatte voranschreiten. Frau Lüddemann, noch einmal zum Abschluss? - Nein, nicht. Damit ist dem Berichterstattungsverlangen stattgegeben worden. Beschlüsse werden in der Sache nicht gefasst.