Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn unsere Kinder, andere nahstehende Menschen oder wir selbst krank sind, erwarten wir schnelle und einfache Hilfe. Wenn uns dann in den Apotheken gesagt wird, dass das verordnete Medikament oder ein bewährtes Mittel der Selbstmedikation nicht ohne Weiteres verfügbar sind, auch nicht umgehend bestellt werden können, dann ist etwas gewaltig schiefgelaufen.
Aber um den richtigen Hebel anzusetzen, müssen wir die Problematik korrekt erfassen. Knappheit bei Wirkstoffen oder Grundstoffen, Produktionsausfälle oder Transportengpässe sind im Allgemeinen die unmittelbaren Ursachen für Lieferprobleme. Aber auch Spitzenlasten durch virale Infekte und überzogene Bevorratung bei Konsumenten tragen dazu bei.
Strukturelle Ursachen, welche die Medikamentenversorgung störungsanfällig machen, reichen noch wesentlich weiter. Sie betreffen die Marktentwicklungen der letzten Jahre, die Marktkonzentration und die Verlagerung der Produktion in wenige Produktionsstätten in Billiglohnländer, insbesondere in China und in Indien. Sie betreffen auch die wachsende Nachfrage nach Medikamenten, sowohl in den wohlhabenden als auch zunehmend in den armen Ländern.
Diese Herausforderungen in globalen Lieferketten erfordern Maßnahmen auf den entsprechenden Ebenen, Bund, Europa und internationale Organisationen. Insbesondere sind hier die Pharmastrategie für Europa der Europäischen Kommission und das vorgestellte Lieferkettenengpassgesetz der Bundesregierung zu nennen, wozu ganz wesentlich auch das bereits erwähnte Frühwarnsystem gehört. Fragen der fairen Preisgestaltung, der Verteilung und vor allem der Diversifizierung der Anbieter werden auf diesen Ebenen damit konkret behandelt.
Ein bedeutender Teil der Produktion - das ist sehr spannend - soll wieder zurück nach Europa kommen, um die Wege zu verkürzen und um mehr Kontrolle über die Lieferketten zu bekommen. Sachsen-Anhalt leistet hier bereits einen großen Beitrag zur Herstellung von Medikamenten. Unser Bundesland hat langjährige Erfahrung in der Arzneimittelproduktion. Im Jahr 2019 waren 16 verschiedene Pharmaunternehmen mit ca. 5 000 Beschäftigten hier im Land ansässig.
Ja, die Anzahl der Apotheken sinkt deutschlandweit rapide. Das Apothekensterben ist in Sachsen-Anhalt im Gegensatz zu anderen Bundesländern im vergangenen Jahr etwas abgebremst worden. Letztes Jahr haben von 600 Apotheken insgesamt fünf schließen müssen, während unsere Online-Apotheken in diesem Zeitraum erhebliche Umsätze verzeichnen konnten. In meinem Wahlkreis Wittenberg liegen bspw. zwei große namhafte Anbieter.
Auch wenn Honorare nicht gestiegen sind und sich Energiepreise sowie Inflation auswirken, sind wirtschaftliche Gründe für eine Geschäftsniederlegung häufig nicht entscheidend. Apotheken leiden wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig unter Personalmangel und fehlenden Geschäftsnachfolgen. Es geht in erster Linie auch hierbei
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Richter-Airijoki, Sie leiden akut unter Zeitmangel.
(Xenia Sabrina Schüßler, CDU, lacht)
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Genau an diesen Punkten setzt der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen an. Darin haben Sie sicher schon alles nachgelesen. Ich bitte um Zustimmung dazu. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD)