Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Europäische Gerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen sehr deutlich gemacht, dass Staatsanwaltschaften, welche der ministeriellen Einzelweisung bei der Ausstellung und der Vollstreckung europäischer Haftbefehle unterworfen sind, eben nicht als unabhängige Justizbehörden agieren - das ist gerade schon dargestellt worden -, da die Justizbehörden den verfahrens- und grundrechtlichen Schutz der Betroffenen garantieren müssen. Diese Garantie sei bei der Gefahr einer politischen Einflussnahme eben nicht gegeben.
Eine seit Jahren andauernde rechtspolitische Debatte ist damit einmal mehr aktualisiert. Die Bundesrepublik muss nun zuallererst eine Lösung finden, welche die Praxis rund um den europäischen Haftbefehl auf ein solides rechtliches Fundament stellt. Dies kann z. B. mit einer eindeutigen Zuständigkeitsregel für die Gerichte erfolgen.
Wenn die Antirechtsstaatspartei AfD aber meint,
(Lachen bei der AfD)
es sei notwendig, die Einzelweisung komplett abzuschaffen, kann dem nicht zugestimmt werden. Die Staatsanwaltschaft übernimmt zwar die Aufgaben der Justiz, ist aber ein Teil der Exekutive. Sie unterliegt der Rechts- und Leitungsaufsicht der Justizministerien. Das ministerielle Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften ist somit integraler Bestandteil ihrer demokratischen Legitimation. Eine Abschaffung würde zu einem Legitimationsvakuum führen, das nicht in gleichem Maße durch den Ausbau gerichtlicher Kontrolle, wie bspw. im Klageerzwingungsverfahren, abgefangen werden kann.
Was aber richtig ist und was der EuGH in seinen Entscheidungen auch bemängelt hat, ist: In den Regelungen des §§ 146 und 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes gibt es keinerlei Beschränkung der Weisung. Das Weisungsrecht muss daher klarer konturiert werden. Es bedarf einer ausdrücklichen Regelung, dass das Legalitätsprinzip beachtet werden muss und justizfremde Erwägungen ausgeschlossen sind.
Unter klarer Anwendung dieser Prinzipien muss in der Folge auch das Weisungsrecht auf die verbleibenden Bereiche beschränkt werden. Diese liegen einzig und allein sowohl in der evident rechtsfehlerhaften Entscheidung und dem Ermessensfehler als auch im Nichtgebrauch. Die Aufsicht kann so sinnvoll zur Fehlerfreiheit und Gleichmäßigkeit von Ermessensentscheidungen beitragen.
Es bleibt mir zu sagen: Dem bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben der Ampelkoalition im Bund kann insoweit nur zugestimmt werden. Das sollte man dann auch bei unserem Alternativantrag tun.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)