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Plenarsitzung

Transkript

Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Grundsätzlich muss ich eingangs feststellen, was schon bei der Einbringung des Haushaltsplans zu befürchten war: Das Grundproblem ist, dass die Kernaufgabe, Energiesicherheit und Klimaschutz in Sachsen-Anhalt voranzutreiben, nicht zum Kern des Haushalts gemacht und alles andere darum herum geplant wurde. Das war leider abzusehen. Dieser Fehler ist nicht geheilt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern werden die koalitionstragenden Fraktionen heute einen Haushalt von erheblicher Größe, aber auch mit erheblicher inhaltlicher Schieflage verabschieden, und das auch noch viel zu spät.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will hier noch einmal sehr deutlich sagen, wir brauchen in den Gremien des Parlaments mehr Zeit. Das haben heute schon verschiedene Redner gesagt. Ich hoffe sehr, wir werden es für den Haushalt 2023 so machen können.

Der aktuelle Haushalt ist in ungewöhnlich guter Ausgangslage gestartet. Trotz Coronakrise konnte das Land aus dem Vollen schöpfen. Die Steuereinnahmen und damit die finanziellen Handlungsfähigkeiten kletterten auf wirklich ungeahnte Größe. Es ist der umfangreichste Landeshaushalt aller Zeiten mit 13,5 Milliarden €. Man konnte Erwartungen entwickeln, dass sich die nötige Zukunftsfähigkeit des Landes in einzelnen Haushaltsposten niederschlägt. Wenn man aber tatsächlich in die einzelnen Haushaltstitel hineinguckt, dann macht sich Ernüchterung breit. Einzelne Ambitiönchen der Koalitionspartner

(Dr. Falko Grube, SPD „Ambitiönchen“!)

werden bedient. Es wird aber keine große Gesamtstrategie deutlich.

Nicht einmal die Zukunftsgestaltung, die kein Geld kostet, wird umgesetzt. Wir haben sehr klar einen Vorschlag formuliert und werden ihn auch heute wieder machen, dass die Wirtschaftsförderung an die Dekarbonisierung der Wirtschaft und an Klimaschutzmaßnahmen gekoppelt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass das nicht kommt, ist eine wirklich verpasste Chance, um Klimaschutz als Jobmotor in Sachsen-Anhalt zu etablieren. Ich fürchte, gerade unter den aktuellen Bedingungen wird es sich noch bitter rächen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass der Finanzminister trotz guter Ausgangslage nun mit dem finalen Haushaltsplan mit dem Rücken zur Wand steht, ist für uns, für mich nicht nachvollziehbar. Trotz Effekten über das Corona-Sondervermögen und trotz beträchtlicher Mehreinnahmen werden weiter Kredite in Anspruch genommen, wird die globale Minderausgabe bis zum Anschlag ausgereizt und, ja, die Personalausgaben werden nur zum Teil veranschlagt. Das ist neu in Sachsen-Anhalt. Eine Handlungsfähigkeit ist somit nicht gegeben. Der Haushalt ist auf Anschlag genäht und Vorsorgeinstrumente sind nicht sichtbar, breit gestreut, statt gezielt eingesetzt.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Es braucht gerade in diesen Zeiten klare Steuerung und deutlich wahrnehmbare Schwerpunktsetzung.

Während die vor uns liegenden Aufgaben für Klimaschutz, Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit drängen, sind die Gestaltungsambitionen von CDU, SPD und FDP begrenzt.

Neben der Pflicht und der Finanzierung aller Bereiche des Landes geht es um die Gestaltungsmittel, und diese müssen dem Klimaschutz dienen. Sie müssen in Zukunftsgestaltung fließen und sie müssen - das ist das höchste Gut, das wir in diesem Land haben - auch unseren Kindern über bestmögliche Schulen und Hochschulen zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, die wir mit allen Mitteln unterstützen müssen. Genau das tut die Koalition nicht.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ach!)

Wir halten deutlichere Akzente im Haushalt in diesen Bereichen für nötig. Man muss in Richtung junger Menschen und Klimaschutz priorisieren.

Auch ausgabenseitig sehen wir Bedarf beim Abbau klimaschädlicher Haushaltsposten.

(Oh! bei der AfD)

Daraus wiederum ergibt sich Sparpotenzial für die von mir genannten Bereiche.

Ich will noch einmal darauf eingehen, dass die Wirtschaftsförderung - dafür wird ja Geld in Größenordnungen ausgegeben, was gut ist - an Klimaschutz gekoppelt werden muss,

(Tobias Rausch, AfD: Warum denn?)

damit wirklich jeder Euro, der in diesem Land ausgegeben wird, diese große Zukunftsaufgabe bedient.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen die Transformation in Richtung kohlenstoffarmer Wirtschaft unterstützen.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Auch für die Menschen in diesem Land wäre ein ambitioniertes Förderprogramm im Bereich Speichertechnologie sehr von Vorteil, und nebenbei würden wir damit noch unseren Beitrag dazu leisten, dass Putin der Gashahn eher zugedreht werden kann.

(Daniel Roi, AfD, lachend: Sie meinen wohl eher, uns den Gashahn zuzudrehen! Das ist schon ein Unterschied! Wir drehen Putin den Gashahn zu! Genau!)

Was finden wir also in der Gesamtschau in den Bereichen Energie, Klimaschutz und Umwelt? Die Mittel gehen um 14 % zurück, eine Absage an ebenjene Zukunftsthemen Energie, Klimaschutz und Umwelt.

Ähnlich konsterniert lässt uns GRÜNE Folgendes zurück: Während die Mittel für die Kreisstraßen auf 60 Millionen € steigen und der Aufwuchs damit noch um 15 Millionen € höher als im ursprünglichen Haushaltsplanentwurf der Regierung ausfällt, wird im Nahverkehr nichts zusätzlich ausgegeben. Wir schaffen es mit diesem Haushaltsplan nicht, die Infrastruktur voranzutreiben, aber wollen preisgünstige Tickets vergeben.

Um es an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich zu sagen und um vielleicht der Legendenbildung vorzubeugen: Wir halten die besonderen Ergänzungszuweisungen für Kreisstraßen in Höhe von 32,5 Millionen € und die zusätzlichen 10 Millionen € für sinnvoll, nötig und wichtig, aber eben keine 60 Millionen € Betongeld.

(Guido Heuer, CDU: Eine Milliarde Investitionsstau!)

Stattdessen werden Gelder für den Nahverkehr weiter zweckentfremdet. Wir haben es vorhin gehört. Die 31 Millionen € aus den Regionalisierungsmitteln für den Schülerverkehr werden weiter dem ÖPNV, dem Nahverkehrsausbau in Stadt und Land vorenthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Siegfried Borgwardt, CDU: Habt ihr immer mit beschlossen!)

Bitter, wirklich bitter ist es auch, wenn wir uns angesichts der steigenden Summen im Gesamthaushalt die Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen angucken. Wir beantragen weiterhin 22 Millionen € zusätzlich. Das halten wir für essenziell. Das halten wir für zwingend notwendig. Ich befürchte aber, es wird auch jetzt nicht kommen. Das ist falsch.

Ebenso der Bereich Schulsozialarbeit. Ich finde es richtig und erkenne es an, dass das Problem etwas in die Zukunft geschoben worden ist. Anders kann man es nicht sagen. Es ist jetzt für anderthalb Jahre gesichert, aber mitten im Schuljahr stehen im nächsten Jahr wieder alle vor dem Problem, was im Bereich Schulsozialarbeit passiert.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Übernächstes Jahr! - Holger Hövelmann, SPD: Zwei! - Siegfried Borgwardt, CDU: Zwei Jahre!)

- 2024, Entschuldigung. Übernächstes Jahr, ja, das ist korrekt.

(Holger Hövelmann, SPD: Müssen wir die Zeit bis dahin nutzen!)

Mitten im Schuljahr! Wir waren uns in der Debatte über Schulsozialarbeit, die wir angestrengt haben, hier in diesem Hohen Hause darin einig, dass wir eine gesetzliche Absicherung brauchen, dass wir ein Landesförderprogramm brauchen. Das hätte ich erwartet im Zuge der Haushaltsaufstellung, dass die Koalition endlich Rechtssicherheit für alle Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter und vor allem für die jungen Menschen schafft.

Auch im Bereich Ökolandbau ist es nicht auf Dauer ausfinanziert. Die Klimaanpassungsmaßnahmen plus Umweltschutz im Agrar- und Forstbereich finden nicht statt. Erstaunlicherweise fährt die selbst ernannte Bauernpartei, auch als CDU bekannt, die Gesamtmittel im Einzelplan Landwirtschaft und Forsten sogar um 10 % zurück, im Öko- und Klimabereich sogar noch stärker.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ja, klar!)

Auch bei den Förstern - es ist noch gar nicht so lange her, dass sie über Wohl und Wehe von ganzen Haushalten und ganzen Koalitionen entschieden haben - finde ich nichts. Still ruht der Wald, kein einziges Försterlein mehr. Wo ist denn jetzt die drängende Problematik?

(Beifall bei den GRÜNEN - Guido Heuer, CDU: Frau Dalbert braucht mehr Feuerwehrleute im Harz!)

Auch die Waldmaßnahmen werden zurückgefahren.

Im Detail muss ich anerkennen, dass es auch hierbei einen Bildungszuwachs gab. Die Tierkörperbeseitigung wird bei den Verursachern belassen. Das ist früher auch ein Streitpunkt gewesen. Die aus meiner Sicht sehr effektarme Pürzelprämie wird aber weiter bezahlt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lastenradförderung, Reparaturbonus, bessere Vergütung für Grundschulkräfte - nichts davon findet statt.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Gott sei Dank!)

Offensichtlich sind die koalitionstragenden Fraktionen mit dem Haushalt sehr zufrieden, aber ich kann Ihnen sagen, was ich in Gesprächen mit den Menschen draußen erlebe: geräuschloses Regieren ist nicht gleich gutes Regieren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Dieser Haushalt wirft mehr Fragen für die Zukunft auf, als er beantwortet. Deshalb werden wir diesem Haushalt nicht zustimmen. - Vielen Dank.