Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aufstellung des Haushalts ist ein Kernelement parlamentarischer Arbeit. Ich möchte an dieser Stelle dem Finanzminister danken für die Zusammenstellung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2025 und 2026 und natürlich auch den Ministerien für den Kabinettsbeschluss.
Sie, sehr geehrter Finanzminister, haben, bezogen auf die Steuereinnahmen, in Richtung Bund geschaut und gesagt, Sie befürchten, dass eine Reduzierung stattfinden könnte. Das kann ich nur begrenzt bestätigen. Wenn der Bundesfinanzminister sich gerade auf den Weg macht, um die kalte Progression abzuschaffen, bzw. darüber nachdenkt, den Grundsteuerfreibetrag anzuheben, dann sind das, denke ich, positive Themen, die wir hier auch unterstützen, meine Damen und Herren.
Die Steuereinnahmen steigen nicht in dem Maße wie die Ausgaben. Wir haben es mit massiv steigenden Kosten im Haushalt zu tun, vor allem aufgrund steigender Haushaltsverpflichtungen, aufgrund der Inflation und der notwendigen Tarifanpassungen im öffentlichen Dienst. In der Haushaltsaufstellung gab es Anmeldungen in einem Umfang von rund 1,5 Milliarden € mehr, als das Budget hergibt.
Der Haushaltsplan ist kein Wunschkonzert, sondern harte Realität. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 15,1 Milliarden € für das Jahr 2025 und von 15,6 Milliarden € für das Jahr 2026 müssen wir innerhalb der Schuldenbremse arbeiten. Die Schuldenbremse ist für uns ein Kernelement und nicht verhandelbar, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Das bedeutet: Trotz Kreditaufnahmen in Höhe von mehr als 1,1 Milliarden € im Jahr 2025 und knapp 1,03 Milliarden € im Jahr 2026 bleibt der Spielraum eng. Das zeigt, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen und nicht einfach alle Wünsche zu erfüllen. In der Politik ist es leicht, nach mehr zu rufen, nach mehr Geld, mehr Projekten, mehr Versprechungen. Aber lassen Sie mich eines klar sagen: Ein guter Haushalt ist nicht der, der alle Wünsche erfüllt, ein guter Haushalt ist der, der unsere gemeinsamen Prioritäten widerspiegelt und den Mut hat, auch einmal Nein zu sagen.
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)
Genau deshalb finde ich es gar nicht so schlecht, dass in diesem Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2025 und 2026 eben nicht jeder Wunsch in Erfüllung gehen kann. Das zwingt uns zu entscheiden, was wirklich wichtig ist und wofür wir als Land tatsächlich verantwortlich sind. Anstatt einfach die Fördertöpfe zu füllen, sollten wir uns fragen: Was bringt Sachsen-Anhalt tatsächlich voran?
Das erfordert auch einmal den Mut, liebgewonnene Strukturen auf den Prüfstand zu stellen. Denn eines ist doch klar: Wenn wir investieren, dann bitte in Vorhaben, die unser Land wirklich voranbringen, und nicht in irgendwelchen Aktionismus, der uns nur auf dem Papier gut aussehen lässt, aber keinen langfristigen Nutzen hat, meine Damen und Herren.
(Kristin Heiß, Die Linke: Ach, Städtebau ist Aktionismus? Das ist ja spannend!)
Zu dem Thema Notlage möchte ich eines sagen. Wir als Freie Demokraten haben uns mit der Feststellung der Notlage durchaus schwergetan. Aber wenn man sich einmal vor Augen führt - der Verfassungsrechtler Kluth hat das auch zum Ausdruck gebracht , dass eben nicht unmittelbar nach dem Ende der Pandemie tatsächlich die Notlage endet, sondern dass angefangene Themen umgesetzt werden müssen, ist das spiegelbildlich eben auch so, wenn eine Katastrophe über ein Land hereinbricht, dann ist diese eben nicht zu Ende, sondern es geht darum, wieder aufzubauen, resilienter zu werden und diese Dinge voranzubringen. Das ist unsere Aufgabe. Deshalb stehen wir als FDP auch hinter der Notlage, wie sie der Finanzminister benannt hat.
(Zustimmung bei der CDU)
Wenn ich mir die Personalausgaben - der Finanzminister hat das auch so gesagt - im aktuellen Haushaltsentwurf anschaue - rund 4,6 Milliarden € für 2025 und 4,7 Milliarden € für 2026 , dann reden wir hier über ein Drittel des Gesamthaushaltes. Dabei muss doch jedem klar sein, dass ein solcher Personalaufwuchs bzw. ein solches Wachstum, wie wir es in den letzten Jahren gesehen haben, in der aktuellen finanziellen Lage schlicht nicht mehr tragbar ist.
Wir haben im Koalitionsvertrag klar festgehalten, dass als Ziel 18,7 Vollzeitäquivalente je 1 000 Einwohner angestrebt werden, und genau das müssen wir erreichen. Mit dem aktuellen Plan bewegen wir uns immerhin in Richtung 19,7; ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Aber der Weg ist noch weit. Das bedeutet auch, dass frei werdende Stellen nicht einfach von außen nachbesetzt werden können, außer natürlich in wichtigen Bereichen wie Polizei und Bildung. Ziel muss es doch sein, dass wir uns in Sachsen-Anhalt schlanker aufstellen. Wenn ich dann lese, dass das Wirtschaftsministerium das Thema KI auf den Weg bringt, ist das genau der richtige Ansatz. Oder die Digitalisierungsrendite, die im Infrastrukturministerium nach vorne gebracht wird, wo wir - entgegen dem, was ich heute schon gehört habe - sagen können, dass wir diesbezüglich im Bundesranking von Platz 16 auf Platz 9 vorgerückt sind. Da machen wir echte Fortschritte und das wird uns auch im Bereich der Personalentwicklung unterstützen.
(Zuruf von Kristin Heiß, Die Linke)
Wir haben auch noch über Dinge zu reden. Nehmen wir das Thema freie Schulen. Wir haben uns seit Jahren hier im Parlament in dieser Legislaturperiode für freie Schulen eingesetzt. Die freien Schulen gehören zur Schullandschaft wie die Luft zum Leben. Für uns sind die freien Schulen ein Kernelement der Schullandschaft insgesamt.
(Zurufe von der Linken und von den GRÜNEN)
Freie Schulen dürfen daher nicht schlechter gestellt werden als staatliche Schulen. Ein Rückgang der Schülerkostenansätze bei Förderschulen um 26,4 % oder um 8 447,08 € ist eben nicht kompensierbar. Aber auch andere Schulformen in freier Trägerschaft haben einen Verlust von 5,9 % bzw. 16,3 % zu verkraften. Das werden wir als FDP nicht akzeptieren.
(Beifall bei der FDP)
Die freien Schulen spielen eine wichtige Rolle für Vielfalt und Qualität in der Bildung. Wer versucht, sie zur Sparbüchse des Haushalts zu machen, handelt nicht kurzsichtig, sondern gefährdet ihre Existenz.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)
Wir brauchen eine Lösung, die Bildung nicht als Kostenfaktor, sondern als Zukunftsinvestition begreift, meine Damen und Herren.
Ein anderes Thema ist die Infrastruktur. Auch das wurde schon genannt. Wir müssen weiter in unsere Infrastruktur investieren. Wenn ich an die Zukunft denke, denke ich auch an das Zukunftszentrum in Halle; ein Leuchtturmprojekt, das weit über Sachsen-Anhalt hinaus strahlt. Es ist eben nicht eine Sache, die nur Halle interessiert, sondern eben das gesamte Land Sachsen-Anhalt. Aber Hand aufs Herz. Was bringt uns dieses Prestigeprojekt, wenn die Infrastruktur darum herum nicht mithält? Die landesbedeutenden Straßen in unseren Oberzentren Halle und Magdeburg brauchen dringend Aufwertung.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Wenn wir an den Einsturz der Carola-Brücke in Dresden am 11. September um 3:08 Uhr denken, dann muss doch jedem klar sein, wie wichtig es ist, dass auch unsere Straßen und Brücken sicher sind,
(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
sei es die Zerbster Brücke in Dessau-Roßlau oder sonst wo, meine Damen und Herren. In dem aktuellen Haushaltsplanentwurf fehlen dafür insgesamt 2,2 Millionen € für 2025 und etwa 18 Millionen € für 2026. Darüber müssen wir reden.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Kathrin Tarricone, FDP)
Ja, wir als FDP stehen für den Straßenbau. Aber bevor wieder jemand sagt, dass die FDP nur ans Auto denkt, möchte ich betonen: Der Radwegebau hier im Land ist ein Erfolgsmodell der FDP, meine Damen und Herren.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP - Lachen bei den GRÜNEN)
Wir haben zur Halbzeit der Legislaturperiode schon mehr straßenbegleitende Radwege gebaut als in der gesamten vorherigen Legislaturperiode.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Gut vorbereitet von anderen! - Guido Kosmehl, FDP: Der gesamten Legislatur! - Weitere Zurufe)
Wenn es um Infrastruktur geht, sind wir ganz vorne dabei,
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja, war aber auch denkbar klein!)
und das auf allen Wegen.
(Guido Kosmehl, FDP: Es reicht auch eine grüne Ministerin in Hessen!)
Wir werden also in den Haushaltsverhandlungen hierin genau schauen und auch den Städtebau überprüfen. Der Städtebau braucht eine Überprüfung. Hierüber müssen wir reden.
Das nächste Thema, das für uns als Freie Demokraten ganz wesentlich ist, ist der Datenschutz. Datenschutz ist kein Luxus, sondern eine grundlegende Notwendigkeit in unserem digitalen Zeitalter.
(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Sachsen-Anhalt hat mit der neuen Datenschutzbeauftragten Maria Christina Rost einen wichtigen Schritt getan, aber damit ist es eben nicht getan. Was nützt die beste Beauftragte, wenn ihr schlichtweg das Personal fehlt, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen? Genau deshalb brauchen wir dringend bis zu fünf zusätzliche Datenschutzstellen, die bisher im Haushalt nicht vorgesehen sind. Ohne diese personelle Verstärkung bleibt der Datenschutz in unserem Land eine leere Hülle.
(Zustimmung bei der FDP)
Wenn es um unsere Polizisten und Justizbeamten geht, dürfen wir keine halben Sachen machen. Deshalb setzen wir uns in den Haushaltsverhandlungen klar für die Einführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizei- und der Justizzulage ein. Warum? - Ganz einfach. Diese Menschen stehen tagtäglich an vorderster Front, sorgen für Sicherheit und Recht und setzen dabei ihre Gesundheit aufs Spiel. Es ist nur gerecht, dass sie im Ruhestand nicht schlechter gestellt werden als andere Beamte. Wenn wir von Wertschätzung sprechen, dann müssen wir das auch finanziell untermauern. Alles andere ist Augenwischerei, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Auch die Feuerwehren im Land haben unsere Wertschätzung. Deshalb werden wir uns die Feuerschutzsteuer noch einmal genau anschauen.
Zum Bereich Sport. Wer den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken will, fängt am besten bei den Kindern an. Das geht über den Sport. Sport ist mehr als nur Bewegung. Er bringt Menschen zusammen, fördert Teamgeist und lehrt Respekt. Deshalb haben wir mit dem Programm „Vereine machen Schule“ Sportgutscheine eingeführt, die jedem Kind Zugang zu Vereinen und sportlichen Aktivitäten ermöglichen. Das ist nicht nur eine Frage der Gesundheit, sondern auch eine der sozialen Gerechtigkeit. Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass im Land ein „Haus des Sports“ für die Sportfamilie, die Landesfachverbände und die Kreis und Stadtsportbünde geschaffen wird.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Kommen Sie bitte zum Ende.
Andreas Silbersack (FDP):
Ich komme zum Schluss. - Dieser Haushalt ist keine Schönwetterveranstaltung. Es ist eine Chance, unser Land auf Kurs zu bringen und zu halten. Das erfordert klare Entscheidungen. Wir müssen dorthin investieren, wo es zählt: in die Bildung, in die Infrastruktur und in die Sicherheit unserer Bürger. Ja, das bedeutet auch, dass wir nicht jeden Wunsch erfüllen, sondern klug priorisieren. Aber genau dafür stehen wir als FDP: die Verantwortung für klare Worte und für Lösungen, die uns wirklich nach vorne bringen.
Dieser Haushalt ist nicht perfekt, aber wir werden ihn so gestalten, dass er den Menschen in Sachsen-Anhalt dient. Denn am Ende zählt nicht, wer schöne Versprechungen macht, sondern wer die besten Lösungen bietet. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Silbersack, einen Augenblick, bitte. Herr Lieschke hat noch eine Frage. Wollen Sie die beantworten?
Andreas Silbersack (FDP):
Ja.
Matthias Lieschke (AfD):
Werter Herr Silbersack, klar ist letztendlich, dass die Coronanotlage beendet ist. Die Aktion, die jetzt gemacht wird, nach dem Motto: Notlage wieder ausrufen, sorgt dafür, dass die Schuldenbremse umgangen wird. Sie sind Anwalt. Sie wissen letztendlich, dass man das auch alles schieben könnte und sagen könnte Also, bei uns im Landkreis Wittenberg war es so, dass als Notlage gesagt wurde: Wir müssen jetzt alle neue PCs kaufen, damit man die Coronasachen abarbeiten kann. - Bei Homeoffice ziemlich dämlich, aber egal, ist passiert.
Meine Frage ist folgende: Sie sagten, dass die FDP-Fraktion jetzt für eine Notlage stimmen wird und dass das einstimmig ist. Nun habe ich in der „MZ“ gelesen, dass Herr Pott sagte, dass er der Notlage nicht zustimmt. Wie ist das? Sind Sie sich einig in der FDP-Fraktion oder sind Sie sich nicht einig? - Wahrscheinlich kommt er erst nach der Abstimmung rein; wir werden sehen, wie das ist. Aber er sagte ganz klar, dass er gegen diese Notlage stimmt. Sind Sie sich einig oder nicht in Ihrer FDP-Fraktion?
Andreas Silbersack (FDP):
Vielen Dank für die Frage, Herr Lieschke. Selbstverständlich haben wir Liberalen - deshalb habe ich das auch gesagt - es uns mit der Frage, wie wir zu der Notlage stehen, nicht leicht getan. Und es ist das Recht eines jeden Abgeordneten, für sich persönlich eine Meinung zu haben; genau diese hat Konstantin Pott.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und bei der CDU)
Deshalb finde ich das auch völlig in Ordnung. Was Sie tatsächlich nicht richtig einordnen, ist, wie sich die rechtliche Situation darstellt. Und gerade weil ich Anwalt bin und weil ich ein Stück weit auch Verfassungsrecht kenne, kann ich Ihnen sagen, dass die Notlage eben nicht verfassungswidrig ist. Wenn Sie sich einmal mit dem Verfassungsrechtler Kluth unterhalten, wird er genau dieses bestätigen.
Ich will es einfach noch einmal verdeutlichen. Wenn Sie eine Katastrophe haben, wie es nun einmal Corona war oder was wir im Ahrtal erlebt haben, oder wenn es ein Krieg wäre,
(Zuruf von Daniel Roi, AfD)
dann müssen Sie einfach im Nachgang schauen, dass Sie nachlaufen, dass Sie resilienter werden, dass Sie die Dinge aufbauen. Herr Lieschke, was erzählen Sie denn den Leuten in den überfüllten Psychiatrien, die wir derzeit im Land haben? - Dass im Grunde genommen genau auf diese Zeit keine Rücksicht genommen wird.
(Zuruf von Felix Zietmann, AfD - Weitere Zurufe)
Diese Gesellschaft braucht Resilienz. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir diese Notlage fortschreiben, meine Damen und Herren.