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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 2

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024 - HG 2024)

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/3037


Meine sehr verehrten Damen und Herren! Logischerweise wird der Gesetzentwurf zunächst vom Minister der Finanzen eingebracht. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 180 Minuten, also die Redezeitstruktur G, vereinbart. Wenn der Minister seinen Part eingebracht hat, dann werde ich vorlesen, in welcher Reihenfolge und für wie viele Minuten die einzelnen Fraktionen sprechen werden. 

Herr Minister, Sie haben das Wort. Wir freuen uns auf Ihre Ausführungen. 


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Bin ich einigermaßen zu verstehen? 

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Ja, aber ich würde die lieben Kollegen Abgeordneten bitten, sich wirklich zu konzentrieren. Wir haben im Moment noch eine verdammt schlechte Akustik. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: O ja! Sehr speziell! - Angela Gorr, CDU: Das stimmt!) 

Es muss noch eine ganze Menge justiert werden. Der eine oder andere wird sicherlich gern zuhören wollen. Vielleicht sollten also Gespräche nach draußen verlegt werden, wenn es so etwas gibt. Danke. - Herr Minister.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Ich hoffe, dass eine Haushaltseinbringung viel Aufmerksamkeit erregt. - Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung bringt heute in erster Lesung einen ausgeglichenen Haushaltsplanentwurf 2024 ein. Die Erwartungen der Fraktionen haben wir damit erfüllt. Eine geordnete parlamentarische Beratung im vierten Quartal 2023 und eine Verabschiedung des Haushalts noch in diesem Jahr sind damit erreichbar. Eine vorläufige Haushaltsführung werden wir dieses Mal nicht benötigen. In Anbetracht der erst Ende März 2023 erfolgten Verabschiedung des laufenden Haushalts war dies ein zeitlicher Kraftakt für die Landesregierung.

Der Ihnen vorliegende Haushaltsplanentwurf 2024 der Landesregierung war auch finanzpolitisch herausfordernd, da die Ausgabebedarfe - auch deutschlandweit bei Bund, Ländern und Kommunen - steigen. Die Gründe hierfür sind uns allen bekannt: Inflation, Tariferhöhungen, Zinswende und Investitionsbedarfe. Nicht zu vergessen sind Investitionen in Transformationsprozesse wie Digitalisierung und Klimaneutralität. 

Meine Damen und Herren! Die Einnahmeentwicklung ist dagegen weniger dynamisch und aufgrund der Schuldenbremse begrenzt. Jede Finanzministerin, jeder Finanzminister in Deutschland steht daher vor der Herausforderung, auf der einen Seite die steigenden, aber notwendigen Ausgaben für die staatlichen Aufgaben und die Transformation zu finanzieren.

Mit Blick auf den Transformationsprozess beginnen wir heute, Impulse zu setzen. Das mag im Einzelfall dem einen oder anderen zu wenig erscheinen und es gibt daher auch viele Forderungen nach mehr. Wichtig ist aber, dass ein Weg zur Transformation eingeschlagen wird und die Finanzierung der staatlichen Aufgaben gewährleistet ist. Das gilt auch für die Finanzierung der Kommunen. 

Mit dem Entwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, der heute ebenfalls eingebracht wird, sieht die Landesregierung im FAG gegenüber dem Jahr 2023 eine Steigerung um mehr als 13 % auf fast 2,1 Milliarden € vor. 

Dagegen steigt das Haushaltsvolumen des Landes gegenüber dem Vorjahreshaushaltsplan um nur knapp 4 %. Die Kommunen bekommen ab dem Jahr 2024 somit deutlich mehr. Die Landesregierung kommt der Aufgabe der ausreichenden Finanzausstattung der Kommunen damit mehr als nach. Dabei dürfen Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt entgegen dem Bundestrend Steuermehreinnahmen erwarten. Im Einzelnen werde ich dann unter TOP 19, unter dem das neue FAG eingebracht wird, auf dieses Thema eingehen. 

Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite führen Inflation, Tarifentwicklung und Transformationsbedarf zu der Notwendigkeit, strukturelle Einsparungen auf der Ausgabenseite vorzunehmen. Es besteht somit der Zwang nach Weniger und das Erfordernis, effizienter zu handeln. Effizienz wiederum erfordert Transformationsinvestitionen, wie die derzeitig notwendige Digitalisierung. 

Der Spagat, notwendige Mehrausgaben für erforderliche Transformationsprozesse vorzusehen und gleichzeitig strukturellen Einsparungen auf der Ausgabenseite nachzukommen, ist die Aufgabe der zukünftigen Jahre. Die Mehrausgabenbedarfe können nicht mehr über Steuermehreinnahmen, durch Rücklagenentnahmen oder durch höhere Bundeszuweisungen kompensiert werden. Ich möchte das wiederholen: Weder durch Steuermehreinnahmen noch durch Rücklagenentnahmen, noch durch höhere Bundeszuweisungen sind wir in der Lage, die Mehrbedarfe hierfür zu kompensieren.

Nein. Dieser Wandel muss von einer Landesregierung in Abwägung aller Interessen vorangetrieben werden. Das sind die Interessen des Landes und der Kommunen, die Interessen der Wirtschaft und der vielfältigen Institutionen, bspw. in den Bereichen Kultur, Umwelt, Soziales, Bildung und Sport. 

Freiwillige Leistungen müssen hinterfragt, Pflichtaufgaben müssen effizienter gestaltet werden. Unser Personalkörper muss strukturell, qualitativ und quantitativ angepasst werden - heute mehr denn je. Renditen aus der Digitalisierung und der Entbürokratisierung müssen erzielt, eingefordert und auch haushaltswirksam entlastend vereinnahmt werden. Es ist eine Herkulesaufgabe, vor der aktuell jede Regierung in Deutschland steht - wir in Sachsen-Anhalt ganz besonders.

Mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf haben wir den Wandel in der Ausgabenstruktur begonnen. Ich bin froh, dass wir den von mir bereits im Jahr 2021 als alternativlos prognostizierten Weg nun zumindest einschlagen. 

Erstmals mussten die Ministerien zwischen dem Mehr und dem Weniger im Rahmen eines Ausgabeneckwerteverfahrens eigenständig über ihre Aufgabenschwerpunkte abwägen. Dieser Prozess und das sich anschließende Einigungsprozedere waren extrem herausfordernd. Wir haben lange und intensiv darum gerungen. Meine Damen und Herren! Wir haben es geschafft, Ihnen den HPE heute fristgerecht vorzulegen. 

Der vorliegende Haushaltsplanentwurf hat ein Volumen von knapp 14,3 Milliarden €. Innerhalb von fünf Jahren ist das Haushaltsvolumen um 2,6 Milliarden € gestiegen. Das bedeutet ein jährliches Wachstum von 4 %.

Zum Haushaltsvolumen kommt noch das „Sondervermögen Corona“ hinzu, mit einer Jahresscheibe für das Jahr 2024 in Höhe von 338 Millionen € plus nichtverbrauchter Vorjahresmittel. Damit stehen fast 3 Milliarden € mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 und mehr als 500 Millionen € mehr als im Jahr 2023 zur Verfügung. Wenn ich mir im Augenblick die Abflusszahlen des Corona-Sondervermögens anschaue, dann werden sich diese Zahlen sicherlich auch noch erhöhen.

Meine Damen und Herren! Die Einnahmeseite bietet kaum Spielraum, um den eingangs beschriebenen finanzpolitischen Herausforderungen zu begegnen. Das trifft den Bund und die Länder gleichermaßen. Einige mögen noch auf Rücklagen zurückgreifen können, wir aber nicht. Unsere allgemeinen Rücklagen sind bereits seit dem Jahr 2022 aufgebraucht. Auch der Bund wird uns nicht mit zusätzlichen Einnahmen helfen können. 

Ich erinnere daran - Sie konnten es, glaube ich, in der letzten Woche sehen und lesen  , das Bundesministerium der Finanzen twitterte in der vergangenen Woche: Jahrzehnt der Verteilungspolitik ist beendet. Jahrzehnt des Erwirtschaftens muss folgen.

Inflationsbedingte Steuermehreinnahmen, wie durch die Herbststeuerschätzung im Jahr 2022 für das Jahr 2023, sind nicht zu erwarten. Stattdessen müssen bundesgesetzliche Steuerentlastungspakte vom Land mitfinanziert werden - wir haben vorhin das Thema bereits angesprochen  , das beschlossene Wachstumschancengesetz, aber auch das Entlastungspaket 3 aus dem Jahr 2022. Die Schuldenbremse schränkt uns bei der Kreditfinanzierung ein. Kreditaufnahmen sind nur im Rahmen einer symmetrischen Konjunkturbereinigung möglich.

Im Haushaltsplanentwurf sieht die Landesregierung eine Entnahme aus der Konjunkturrücklage in Höhe von 44 Millionen € vor. Für Sie noch einmal zur Erinnerung: Mit dem Jahresabschluss 2022 haben wir ja nicht nur weit mehr als 700 Millionen € getilgt, sondern wir haben auch eine Konjunkturrücklage in Höhe von 348 Millionen € geschaffen. Eines jedoch lässt die Schuldenbremse zu: eine Kreditfinanzierung für finanzielle, oder anders ausgedrückt, wertschaffende Transaktionen. 

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich den Haushaltsplanentwurf anschauen, dann sehen Sie, dass dieser, wie in den beiden Vorjahren, eine Kreditermächtigung für die Landesgesellschaft IPS enthält. Denn nur so können wir derzeit dringende große Bau- und Liegenschaftsprojekte im Landesinteresse überhaupt realisieren, die über den Kernhaushalt nicht mehr finanziert werden können.

Mittel in Höhe von 190 Millionen € plant die Landesregierung hierfür ein. Dazu muss ich noch einmal deutlich sagen: Das ist eine Ermächtigung. Liegt der Projektfortschritt oder liegen entsprechende Immobilienprojekte nicht so weit vor, so wird die Kreditermächtigung auch nicht beansprucht. Es ist eine reine Kreditermächtigung über einen Betrag in Höhe von 190 Millionen €.

Auf der Ausgabenseite treffen mehrere Entwicklungen das Land besonders hart. Im Herbst beginnen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Mit einem Tarifabschluss ist frühestens Anfang Dezember 2023 zu rechnen. Für Sie: Die erste Verhandlungsrunde wird im Oktober sein, die zweite im November und die letzte um den 8., 9., 10. Dezember. Im Gegensatz zu den Verhandlungen von Bund und Kommunen sieht das Regelwerk bei den Ländern keine Schlichtungsverfahren vor. Ich gehe davon aus, dass wir im Dezember einen Abschluss bekommen werden.

Wenn ich mir den hohen Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen von Anfang dieses Jahres anschaue, gehe ich davon aus, dass es auch für die Länder deutliche Tarifsteigerungen geben wird. Dieses Tarifergebnis wird auch auf die Beamten übertragen. Orientiert man sich an dem Tarifergebnis von Bund und Kommunen, ist für Tarif- und Besoldungserhöhungen bei den Personalverstärkungsmitteln im Einzelplan 13 auch Vorsorge getroffen worden. 

Sie kennen die Zahlen. Wir haben das hier schon des Öfteren ausgeführt. Sollte es zu der Sonderzahlung in Höhe von 3 000 € kommen, die ja bis Ende des Jahres 2024 steuer- und sozialversicherungsfrei ist, dann bedeutet dies Ausgaben für das Land in Höhe von ungefähr 170 Millionen €. 

Für Sie: Der Bund hat das Thema bei den Pensionen dergestalt gelöst, dass er nicht einen festen Betrag für alle Pensionäre zur Verfügung stellt, sondern er hat es den erworbenen Anwartschaften zugeordnet. Das heißt, hat jemand eine Mindestanwartschaft von 35 %, dann bekommt er 35 % von 3 000 €; hat er das maximale Volumen von 71,75 % der Pensionsansprüche erreicht, dann sind es die 71,75 %. Das war etwas umstritten. Man hat sich aber dazu durchgerungen. Ich finde es eigentlich auch eine sehr kluge Lösung.

Für Sie auch noch - das wird sicherlich Gegenstand der nicht ganz einfachen Verhandlungen dazu sein  : Das ist der Sockelbetrag. Denn wenn ein Sockelbetrag hierbei sehr hoch ausfällt, dann haben wir wieder das Problem der Verfassungsgemäßheit - Stichwort: Abstandsgebot  , was dann wieder die nächsten Fragen aufrollt. Wir wollen sehen, dass wir auch hierbei zu einer vernünftigen Lösung kommen, die letztlich für die Länder in der Umsetzung und in der finanziellen Belastbarkeit noch einigermaßen tragbar sind.

Kommen wir zum Thema Personal. Bei dem hohen Personalbestand in Sachsen-Anhalt wird natürlich durch Tarif- und Besoldungserhöhungen besonders viel Finanzspielraum gebunden. Ich habe es vorhin gesagt, wir müssen in der Zukunft abbauen. Wenn wir uns den 24er anschauen, dann werden Sie sagen: Mensch, Finanzminister, dort ist eine Steigerung um 415 VZÄ auf 23 404 vorgesehen; wie ist das denn mit der Aussage, die Sie vorhin getroffen haben, noch vereinbar?

Ich kann sagen: Hierbei kommen zwei Effekte zum Tragen. Erstens haben Bildung und Innere Sicherheit bei der Landesregierung Priorität. Die Personalkörper dieser Bereiche werden zur optimalen Aufgabenerfüllung weiter ausgebaut. Das VZÄ-Ziel von 7 000 Vollzugsbeamten bei der Polizei und eine Unterrichtsversorgung von 103 % werden durch die Ausbildung und die Übernahme von Anwärtern und Referendaren konsequent weiterverfolgt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens - damit komme ich zurück zum Ausgangspunkt meiner Rede - brauchen wir auch Fachkräfte, wie IT-Experten, die die Transformation der Verwaltung vorantreiben und begleiten sollen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Genau!)

Insoweit kommt die Steigerung um 415 VZÄ im Haushaltsentwurf entsprechend zustande.

Wir brauchen allerdings - das habe ich vorhin bereits gesagt - beim Thema Personal dringend und schnell eine Trendwende. Betrachten Sie einmal die Zahlen: Rund 4,5 Milliarden € werden im Jahr 2024 in die Personalausgaben fließen. Diese sind folgendermaßen aufgeteilt: In der Hauptgruppe 4 sind es 3,3 Milliarden €, in der Hauptgruppe 6 sind es 900 Millionen €. Es kommen die Pensionslasten hinzu, nämlich die Zahlungen in den Pensionsfond, mit 300 Millionen €. Wenn Sie das zusammenrechnen, dann sind das 4,5 Milliarden € oder - lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen - mehr als 30 % des Haushaltsvolumens.

Damit sind wir in den neuen Ländern mittlerweile bei dem Volumen der alten Länder angekommen. Wir hatten über Jahre weitaus geringere Personalausgaben. Aber mittlerweile hat sich das angeglichen. Insoweit, sage ich einmal, sind mittlerweile mehr als 30 % des Haushalts bereits durch unseren Personalkörper gebunden. 

Die gleichen Probleme, meine Damen und Herren, haben die Kommunen; auch deren Personalkörper ist zu groß und muss angepasst werden. Digitalisierungsinitiativen müssen auch dort schnell und konstruktiv aufgegriffen werden. Das neue FAG verschafft den Kommunen sicherlich eine kurzfristige Verschnaufpause; aber mittelfristig ist eine deutliche Trendwende unabdingbar. 

Meine Damen und Herren! Die Zinswende ist auch da. Das Jahr 2022 mit Zinsausgaben in Höhe von ca. 270 Millionen € wird für uns eine lange Zeit das Jahr mit den geringsten Zinsausgaben bleiben. Wir planen im Jahr 2024 mit 85 Millionen € mehr als im Jahr 2022. Ab dem Jahr 2025 werden die Zinsausgaben weiterhin deutlich steigen, weil die Refinanzierung auslaufender Kredite teurer wird. 

Auch dieser Effekt trifft das Land in besonderer Härte, weil wir im Bundesvergleich natürlich mit mehr als 22 Milliarden €, 22,3 Milliarden €, 22,4 Milliarden €, sehr hohe Schulden haben. Obwohl wir sicherlich ein gutes Schuldenmanagement bei mir im Haus haben - ein Referat beschäftigt sich nur mit dem Geld, das wir auf der einen Seite aufnehmen, das wir auf der anderen Seite vergeben  , wird der Trend nicht umzudrehen sein. 

Für Sie: Wir haben immer rund 1 Milliarde € im kurzfristigen Bereich. Die gesamten Schulden, die 22 Milliarden €, werden innerhalb von zehn Jahren einmal umgewälzt. Daran sehen Sie bereits, dass zwar die Zinswende da ist, sie uns aber noch nicht vollständig trifft. Das wird sich dann im Laufe der nächsten Jahre entsprechend auswirken.

Meine Damen und Herren! Bevor wir jetzt immer weiter auf Zahlen eingehen, lassen Sie mich konkret aufzeigen, an welcher Stelle die Landesregierung ihre Schwerpunkte im Haushaltsplanentwurf setzt. 

Ich möchte beispielhaft einige Schwerpunkte aufzeigen; wirklich beispielhaft einige Schwerpunkt, es gibt mehr. Das ist jetzt auch nicht in der Weise aufgeführt, dass man hierbei zwischen den Schwerpunkten unterscheiden kann. Ich sage einfach einmal, welche es im Einzelnen sind.

Schauen wir uns die Staatskanzlei und das Ministerium für Kultur an: Dort haben wir mit der Stärkung des Haushalts der Regierungszentrale inklusive der Repräsentation des Landes einen Schwerpunkt, der entsprechend finanziell untersetzt wird. Mittel in Höhe von rund 50 Millionen € sollen für die Förderung der Theater- und Orchesterlandschaft und Mittel in Höhe von 3,5 Millionen € für die Jahrestage „500 Jahre Bauernkrieg“ und 500. Todestag von Thomas Münzer zur Verfügung gestellt werden. Das sind nur einige Schwerpunkte aus dem Einzelplan 02 und dem Einzelplan 17.

Wir kommen zum Ministerium für Inneres und Sport, zu Einzelplan 03. Darin kommt es zu einer Verstetigung der Straßenausbaubeiträge in Höhe von 15 Millionen € im Zuge der Abschaffung, die wir beschlossen haben. Es kommt zu einer Stärkung der Landespolizei; bis 2026 sollen 7 000 Polizeivollzugskräfte ihren Dienst aufnehmen. Zudem - das ist aus meiner Sicht wirklich wichtig - erfolgt die Weiterentwicklung des IBK Heyrothsberge zur Stärkung des Brand- und Katastrophenschutzes,

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Andreas Silbersack, FDP)

und zwar nicht nur durch eine personelle Verstärkung, sondern auch im baulichen Bereich ist dort einiges zu tun. 

Im Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sind es die Themen Kinderförderung und natürlich Investitionen in die Krankenhauslandschaft, die uns in der Zukunft sicherlich noch viel mehr beschäftigen werden. 

Das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt setzt Schwerpunkte in den Einzelplänen 06 und 15 unter anderem mit der Stärkung der Lehramtsausbildung in Magdeburg und Halle um weitere 2,5 Millionen €, mit der Verstetigung der Forschungsförderung und Exzellenzinitiative mit rund 20 Millionen €, mit der Verbesserung des Hochwasserschutzes mit zusätzlichen 10 Millionen € - insgesamt stehen hierfür rund 90 Millionen € zur Verfügung - und auch mit zusätzlichen 1,1 Millionen € für Maßnahmen eines besseren Artenschutzes; dafür sind insgesamt 8,3 Millionen € vorgesehen.

Im Bildungsministerium - das habe ich schon gesagt - erfolgt die Fokussierung auf das Erreichen einer Unterrichtsversorgung von 103 %. Um die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, stellen wir 14 200 VZÄ zur Verfügung und darüber hinaus noch einmal 200 VZÄ aus den Personalverstärkungsmitteln. 

Das Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten priorisiert in den Einzelplänen 08 und 09 folgende Maßnahmen: Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ mit 157 Millionen €. Wir haben auch Mittel eingestellt für die Projektentwicklung des Hightech-Parks bzw. zur Unterstützung des Ansiedlungsprozesses von Intel. Die Themen Waldschutz, Aufforstung und Extremwetterbegegnung werden mit fast 10 Millionen € aufgegriffen. Die Tierseuchenbekämpfung wird mit knapp 4 Millionen € untersetzt. Das sind nur einige Schwerpunkte dieser beiden Einzelpläne.

Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz stellt im Einzelplan 11 unter anderem für die Landesjustiz 561 Millionen € zur Verfügung, sodass eine schnelle und gute Rechtsprechung zur Gewährleistung eines effizienten und widerstandsfähigen Rechtsstaates weiterhin sichergestellt ist. Außerdem wird die Digitalisierung der Landesjustiz im Rahmen des Budgets, das zur Verfügung steht, fortgesetzt.

Das Ministerium für Infrastruktur und Digitales hat unter anderem für den Ausbau der digitalen Infrastruktur, wie Glasfaser-, Festnetz-, und Mobilfunknetzausbau über 60 Millionen € bereitgestellt. 

(Zustimmung bei der FDP)

Knapp 90 Millionen € sind für den Landesstraßenausbau vorgesehen; das sind rund 6 Millionen € mehr als im laufenden Haushalt. Für die ressortübergreifende Infrastruktur und Querschnittsdienste in der IT sind rund 83 Millionen € eingeplant. Für die Einführung eines neuen Haushalts- und Kassensystems sind 11,6 Millionen € im HPE vorgesehen und berücksichtigt worden. 

Wir stellen im Einzelplan 20 auch sicher - das ist der Einzelplan, der für den Bau zuständig ist -, dass es zu keinen Baumaßnahmen kommt, die zeitlich unterbrochen werden müssen. 

Die Landesregierung stellt sich also sehr aktiv der Verantwortung und der Herausforderung, Landesaufgaben auf hohem Niveau zu gewährleisten und dem Transformationsprozess auf allen Feldern zu begegnen; und das nicht nur alleine für sich gedacht, sondern auch in ihrer Verantwortung für die Kommunen. 

Insgesamt sind die Ausgabevolumina in allen Facheinzelplänen gegenüber dem Ist 2022 um mindestens 8 % angestiegen. Das ist mehr als die prognostizierte Inflation in diesem Zeitraum. Auch gegenüber dem Haushaltsplan 2023 sind die Ausgabenvolumina aller Facheinzelpläne angewachsen.

Die Anmeldungen der Ministerien wurden im Verhandlungsprozess um insgesamt 776 Millionen € über alle Einzelpläne hinweg reduziert. Gravierend hierbei ist allerdings, dass in einer Vielzahl von Fällen ein reales Weniger daraus entsteht, dass Ausgabenansätze trotz der hohen Inflation nahezu konstant bleiben mussten. Das war zugegebenermaßen sehr schmerzhaft und hat das Haushaltsaufstellungsverfahren nicht zu einem Selbstläufer gemacht. Weil immer wieder unterstellt wird, ein Einzelplan wurde besser oder schlechter behandelt, will ich in aller Deutlichkeit sagen: Jeder Einzelplan hat seinen Beitrag liefern müssen, ohne Ausnahme. Auch Sie, liebe Mitglieder des Landtages, werden im parlamentarischen Verfahren gefordert sein. Der Wandel der Ausgabenstruktur ist unvermeidbar.

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat sich im vorliegenden HPE auf eine globale Minderausgabe von knapp 3 % verständigt. Wenn man es genau ausrechnet, sind es 2,93 %. Wir schätzen damit den Bodensatz der veranschlagten, aber nicht abfließenden Ausgaben auf diesem Niveau ein. Bodensatz heißt - das möchte ich ganz deutlich sagen -, dass heute noch nicht identifiziert werden kann, wo diese globalen Minderausgaben erwirtschaftet werden. Deshalb ist eine konkrete Veranschlagung in den Einzelplänen nicht möglich. 

An dieser Stelle möchte ich auf das Thema Effizienz genauer eingehen. Diese ist leicht zu fordern, aber schwer zu erreichen. Entbürokratisierung und Bürokratieabbau betreiben EU, Bund und Länder nun schon seit Jahrzehnten; dennoch stehen wir dort, wo wir heute stehen. 

Meine Damen und Herren! Auch das gehört zur Wahrheit und das kann sich auch jeder selbst vor Augen halten: Angst vor Kontrollverlust, überzogene Mitsprache, Einbringungs- und Einflussmöglichkeiten, Verantwortungsdiffusion und die Überfrachtung von einfachen Aufgaben mit heterogenen und vielfältigen politischen Zielen verhindern, den gordischen Knoten der Bürokratie zu durchschlagen. Wollen wir effizienter werden - ich glaube, hierüber besteht Einigkeit  , müssen wir die Hinderungsgründe persönlich und institutionell abbauen. Mit der Konzentration neuer Bauvorhaben bei der IPS und der Zentralisierung des Fördermanagements bei der Investitionsbank gehen wir beispielhaft voran.

Aber, meine Damen und Herren, auch an der mittelfristigen Finanzplanung arbeitet die Landesregierung zurzeit mit Hochdruck. Eines kann ich bereits heute zweifelsfrei feststellen: Die Aufstellung der kommenden Haushaltsplanentwürfe wird für die Landesregierung wesentlich schwieriger. Wir müssen wesentlich mehr Effizienzrendite heben. Überdurchschnittliche Schulden, die hieraus resultierenden Zinslasten und ein großer Personalkörper bei stark schrumpfender Bevölkerung sind in der Zukunft nicht mehr in dieser Weise finanzierbar. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP) 

Das gilt nicht nur für das Land, sondern auch für seine Kommunen. 

Meine Damen und Herren! In dem Entwurf des Haushaltsgesetzes ist gegenüber den Vorjahren vor allem eine Änderung wesentlich: Nach § 15 Abs. 6 des Entwurfs sollen den Landkreisen im Jahr 2024 über die FAG-Erhöhung hinaus zusätzlich 35 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. So können mögliche Mehrbelastungen der Landkreise, die durch die aktuelle Rechtsprechung zu den Kreisumlageverfahren entstehen können, pauschal abgefedert werden. Dies belastet den Landeshaushalt nicht direkt, da eine Finanzierung aus Ausgaberesten des Ausgleichsstocks aus Vorjahren vorgesehen ist. Insoweit bleibt es bei den 40 Millionen € auch für das Jahr 2024. Wir haben zudem Mittel zur Verfügung, um weiteren Kommunen im Jahr 2023 zu helfen.

Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass sich die Landesregierung auf einen Einstellungsstopp für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2024 verständigt hat. Dies ist in den Allgemeinen Bestimmungen zum Haushaltsgesetz in Anlage 2 Nr. 12 als neue Regelung für das Jahr 2024 aufgenommen worden. 

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich diesen Haushalt noch anhand von zwei wesentlichen finanzwirtschaftlichen Quoten einordnen. Die Investitionsquote liegt mit 16% im Jahr 2023 immer noch sehr hoch; im Jahr 2023 betrug sie 15,9 %. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP) 

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Schauen Sie einmal in die Haushalte der anderen Länder, insbesondere in die der alten Bundesländer, dann werden Sie dort kaum eine zweistellige Investitionsquote sehen. Wir mit einer Quote von 16 % liegen noch recht gut. Hieran zeigt sich, dass der Transformationsprozess auch angegangen werden soll.

Die Steuerdeckungsquote verharrt bei rund 66 % auf dem Niveau des Jahres 2023 und weist damit nach wie vor eine hohe Abhängigkeit von Transferzahlungen Dritter aus. Wir müssen schauen, dass wir dabei in Zukunft besser werden. 

Mit dem Haushaltsplanentwurf, meine Damen und Herren, sind wir auf dem richtigen Weg. Lassen Sie uns dennoch nicht die Zukunft aus dem Blick verlieren und gemeinsam diese herausfordernde finanzpolitische Wegstrecke durch einen Wandel der Ausgabenstrukturen des Landes beschreiten. Dies sollten wir alle in der Haltung tun, dass nicht jeder Ausgabenwunsch, ob neu oder alt, erfüllt werden kann.

Ich bitte um Unterstützung des Haushaltsplanentwurfs und wünsche uns eine konstruktive Auseinandersetzung im Finanzausschuss und in den Fachausschüssen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD) 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Es gibt eine Frage. - Bitte. 


Jan Scharfenort (AfD): 

Herr Minister Richter, mir geht es um die globale Minderausgabe von 3 % des Haushaltes. Sie mussten ja zugeben, dass Sie bis jetzt noch keine Vorstellung davon haben, woher die Einsparungen kommen können. Das ist aber, so denke ich, nicht zufriedenstellend. Daher frage ich Sie: Wo können Sie sich denn vorstellen, diese Einsparung vorzunehmen? Oder machen Sie es pauschal, dass Sie den Ressorts vielleicht Budgets vorgeben? Wie können Sie sich das vorstellen? Ansonsten ist der Haushalt nicht seriös aufgestellt.


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Die globale Minderausgabe ist ein Instrument, das nicht neu ist. Ich glaube nicht, dass es zweifelhaft ist, dass es dieses Instrument überhaupt gibt und dass es eingesetzt werden kann. Wir können uns über die Höhe möglicherweise auseinandersetzen. Wir haben in der Vergangenheit eine globale Minderausgabe von bis zu 2 % gehabt. In Thüringen betrug sie 2,5 % in den Jahren 2021 und 2022. 

Das ist der Bodensatz. Wir gehen davon aus, dass wir aufgrund der schwierigen Umstände und aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit sehr wohl diese GMA ausbringen können und entsprechend verankern können. Wenn wir im Einzelnen - das ist der Bodensatz - in der Lage wären, das auf jeden Einzelplan definitiv zu berechnen, dann könnten wir sie auch vertiteln. Das können wir aber nicht. Aber aufgrund der Erfahrungen habe ich die realistische Einschätzung, dass wir diese 2,93 % am Endes des Jahres 2024 auch erwirtschaftet werden. 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Minister Richter. - Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Debatte. Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, wenden wir die Redezeitstruktur „G“ an; das sind 180 Minuten. Die Redezeiten teilen sich wie folgt auf die Fraktionen auf: AfD: 30 Minuten, SPD: zwölf Minuten, LINKE: 16 Minuten, FDP: neun Minuten, GRÜNE: acht Minuten, CDU: 53 Minuten.