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Plenarsitzung

Transkript

Sebastian Striegel (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung zur Änderung des Aufnahmegesetzes, die heute zur Abstimmung steht, setzt die konsequente Aus-höhlung der Grundrechte von Asylsuchenden fort, die diese Koalition, Herr Kosmehl, bereits bei der Bezahlkarte an den Tag gelegt hat.

(Guido Kosmehl, FDP: Die Bezahlkarte hat die Ampel mit abgestimmt! Wie sehr muss man sich ver-leugnen? Eine Arroganz!)

Für die CDU ist das keine Überraschung. Bei der FDP hatte ich immer noch die Hoffnung, dass der Schutz von Grundrechten für sie von Belang ist, ganz unabhängig davon, wer der Grundrechtsträger ist.

Und bei der SPD wollte man gern hoffen, dass die Solidarität mit Geflüchteten noch Programm ist. - Weit gefehlt.

Das neue Aufnahmegesetz geht Herausforderungen nicht an, sondern verstärkt sie. Sie bewirt-schaften mit Ihrer restriktiven Politik Ihre Probleme, lösen sie aber nicht. Wir kritisieren den Gesetz-entwurf, weil wesentliche Teilen zum Schutz von vulnerablen Personen dort fehlen. 

Wir kritisieren ihn zudem, weil er weitgehende Betretungsrechte der Polizei und von privaten Sicher-heitsdiensten in den Gemeinschaftsunterkünften ermöglicht. So soll für das Betreten der Schlafräume bereits die Sicherstellung der Einhaltung der Nutzungsordnung in der Gemeinschaftsunterkunft aus-reichen.

Stellen Sie sich einmal vor, der Hausmeister käme in Ihre Mietwohnung, um bei Ihnen das nach der Hausordnung vorgesehene ordnungsgemäße Lüften zu kontrollieren, vielleicht gar zweimal täglich.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das kann nicht richtig sein. 

Begründet wird diese weite Auslegung damit, dass die Unterkunftsräume in einer Gemeinschaftsun-terkunft den grundrechtlichen Schutzumfang von Geschäftsräumen und nicht den von Wohnungen genießen würden. Die Rechtsprechung gibt das nicht her. In Rede standen dort Zimmer in Kranken-häusern, in denen man gerade liegt, um überwacht zu werden. 

Das ist bei Gemeinschaftsunterkünften nicht der Fall. Hierbei handelt es sich dem entgegen um Per-sonen, die furchtbare Dinge auf ihrer Flucht erlebt haben und davon oftmals traumatisiert sind. Nicht selten spielen bei Gewalterfahrung auch Sicherheitsbehörden eine Rolle. Diese Menschen brauchen Schutz vor einer Retraumatisierung. Es kann nicht sein, dass Sicherheitsmitarbeiter wegen Kleinigkei-ten sichere Rückzugsräume betreten. 

Hinzu kommt, dass die Überprüfung von Hausordnungen durch Gerichte regelmäßig schwierig ist, weil das Rechtsschutzbedürfnis wegfällt, wenn die Person nach ein paar Monaten wieder auszieht. 

Wissend um diese Umstände ist es auch politisch unverantwortlich, eine solche Regelung zu be-schließen. Wir lehnen die Beschlussempfehlung daher ab und stimmen dem Änderungsantrag der Linken zu. - Herzlichen Dank.