Oliver Kirchner (AfD):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Eine Politik für Land und Leute - das steht immer ganz oben auf der Liste der abzuarbeitenden Plattitüden, wenn ein Regierungspolitiker mit dem Volk in Berührung kommt. Doch was davon zu halten ist, ist längst jedem klar. Tatsächlich wird weder Politik für das Land noch für die Leute gemacht. Es wird die von oben diktierte Politik abgenickt, durchgewunken und umgesetzt, und sicherlich ist der Ministerpräsident in seiner befehlsempfangenden Funktion wahrlich nicht zu beneiden.
(Zurufe: Oh! - Das ist doch unglaublich! - Weitere Zurufe)
Dass in der Gestaltung der Landespolitik mittlerweile die Kreativität verlustig gegangen und der Spielraum des Möglichen lange nicht ausgeschöpft ist, ist ein Trauerspiel. Auch auf die Bedürfnisse der Bürger wird überhaupt keine Rücksicht mehr genommen, geschweige denn auf ihre Wünsche und Träume. Auch wenn die um sich greifende Lethargie derjenigen, die schon lange hier regieren, alles zu lähmen scheint, gibt es doch Hoffnung. Veränderung ist möglich, und das eben nicht nur im Land, sondern auch auf europäischer Ebene.
Der Grundstein wird hier gelegt. Mit den Entscheidungen, die wir hier treffen, schaffen wir Tatsachen, die bis hinauf zur EU wahrgenommen werden. Das ewige Duckmäusertum einer Landesregierung hat dafür gesorgt, dass auch die Lebensrealitäten von der Erwartung und den Befehlen aus Berlin und Brüssel geprägt sind. Leider hat die Regierung seit jeher versäumt, Einfluss auf die großen Entscheidungen zu nehmen, und wenn doch, dann leider nicht immer im Interesse dieses Landes.
Das ist auch dieses Mal wieder so. Gerade erhalten wir die Quittung dafür, Musterschüler einer Energiewende zu sein. Absehbar waren die Konsequenzen längst. Es ist sehr gewagt, ausgerechnet jetzt Krisenfestigkeit herzustellen, wo die Krise bald alles aufgeweicht hat, worauf man sich zuvor noch einigermaßen verlassen konnte; denn zur üblichen Hilflosigkeit dieser Politik ist noch das Verbot der Selbsthilfe hinzugetreten mit Verordnungen, die in Teilen per Gerichtsurteil schon einmal als verfassungswidrig bewertet wurden und dennoch wieder und wieder ausgeweitet werden.
Nachhaltig ist an alldem nur die selbst eingebrockte Schuldensuppe, die noch unsere Urenkel wahrscheinlich auslöffeln müssen. Der Ministerpräsident selbst begibt sich auf den Weg der Tatenlosigkeit, Kreativlosigkeit und fehlender Motivation. Anstatt eigene Akzente zu setzen und endlich ehrliche Politik für Land und Leute zu machen, vollstreckt er lieber weiter die Befehle aus Berlin,
(Beifall)
einem Berlin, das der Hauptsitz eines Verbundes aus 16 Bundesländern ist, in denen jeweils Menschen leben, die ein Eigenes und ein Gemeinsames haben. Ihre Lebenswirklichkeit entspricht nicht dem, was ihnen aus Berlin oder Brüssel vorgegeben wird. Sie reagieren empfindlich, wenn politische Utopien an ihnen durchexerziert werden. Die kleinen Städte und Dörfer des Landes bieten vielerorts einen traurigen Anblick. Zur Aufheiterung werden überall die Gesslerhüte von Klimaneutralität und Geschlechtergerechtigkeit aufgestellt. Wer sich vor ihnen nicht neigt, muss sich gefallen lassen, fortan als Menschenfeind markiert zu werden. So werden tatsächliche Probleme in einem künstlich entfachten Trubel erstickt. Wer am lautesten ruft: Haltet den Dieb!, kann sich unbehelligt mit der Beute verdrücken.
Bereits der Entwurf des Koalitionsvertrages verbreitet wieder den Dunst allgemeiner Ratlosigkeit. Ein Profil ist nicht zu erkennen, während Widersprüche einfach in klangvolle Verheißungen eingebettet werden. Grundsätzlich scheint die Devise gewesen zu sein, dass man lieber ein paar Worte mehr aufschreibt, als eine klare Aussage zu treffen. Schwerpunkte sind wenige festzustellen. Die viel beschworene Digitalisierung ist das Aspirin, das jedes Übel lindert. Nun darf die Digitalisierung sicher nicht vernachlässigt werden, sie ist aber leider kein Universalmittel, das alle lebenspraktischen Funktionen ersetzen kann.
Auf ausländische Konzerne und neue Technologien wird gewartet. Die Wartezeit vertreibt sich das sonst offenbar so sorglose Sachsen-Anhalt damit, eben rasch einmal das Weltklima zu retten, ohne sich darüber im Klaren zu sein, welchen konkret messbaren Einfluss dieses Land darauf überhaupt nehmen kann.
Ähnlich dubios wie die Datenlage zum Klimakomplex sind auch die Einschätzungen zu den Coronamaßnahmen. Immer wieder wird der Eindruck erweckt, die Pandemie sei wie eine Naturkatastrophe über den Landeshaushalt hereingebrochen, der sich ansonsten natürlich konsolidiert hätte. So ein Pech! Gerade als es gut lief, kam Corona. Doch tatsächlich sieht die Lage etwas anders aus. Die finanzielle Situation des Landes war auch schon vor der Pandemie, den Maßnahmen und der dadurch verursachten finanziellen Misere katastrophal, und sie ist es heute umso mehr.
Darauf folgt eine neue Stufe der Abhängigkeit vom Staat als vormundschaftlichem Umverteiler. Der Wegelagerer gibt sich als Notfallhelfer. Erst wurde jedermann an der Selbsthilfe gehindert, dafür erhält er nun das, was er sich unter normalen Umständen erarbeitet hätte, als Zuteilung. So lebt man die Selbsthilfekräfte; denn mit dem öffentlichen Leben verhält es sich nicht anders als mit einem menschlichen Körper. Man kann ihn nicht ohne bleibenden Schaden an- oder abschalten. Je länger er im künstlichen Koma liegt, umso unwahrscheinlicher wird die Rückkehr zu einem selbstbestimmten Leben. Die Menschen wollen ihr Leben aber nicht fristen, sie wollen es tätig und täglich ausgestalten. Daran werden sie in einem bislang beispiellosen Ausmaß gehindert.
Zum Schaden gibt es dann auch noch den Spott. Wo Busse und Bahnen selten fahren, tun sie das wenigstens klimaneutral. Wenn es keinen Arzt mehr im Ort gibt, wird doch immerhin der Rentenbescheid geschlechtergerecht adressiert. Wo der polizeiliche Schutz vor Diebstahl und tätlichen Übergriffen mangelhaft ist, wird dafür unnachsichtig gegen Hasskriminalität im Netz vorgegangen, und wenn das letzte Wirtshaus im Ort geschlossen ist, belehrt der Koalitionsvertrag darüber, dass die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst in städtischen und ländlichen Regionen ein wichtiges Element der Daseinsvorsorge ist.
(Beifall)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der direkte Mehrwert, der den Bürgern in den betroffenen Kommunen durch die Errichtung von Windkraftanlagen und den Ausbau des Stromnetzes in Aussicht gestellt wird, kann eigentlich nur in der Ehre bestehen, weiterhin in dem Land mit den höchsten Stromrechnungen leben zu dürfen. Immerhin sind wir auf diesem Gebiet dank Ihrer Politik Rekordhalter geworden. Am bürgerlichen Hut, den sich die CDU vor Jahrzehnten aufgesetzt hat, flattern jetzt das rote und das grüne Band so im Wind, dass die Sicht auf die Realität davon bedrohlich eingeschränkt zu sein scheint.
Man fragt sich in diesem Zusammenhang, was eigentlich die Landespolitik unserer Regierung ausmacht. Im Koalitionsvertrag werden wir zwar von wortreicher heißer Luft erschlagen, aber keineswegs von Antworten. Stattdessen grüßen Zukunftsverheißungen wie europapolitische Bildung, interkulturelle Weiterentwicklung, Reallabore, smarte Lösungen für die Agrarwirtschaft und Repowering von Windkraftanlagen. Mit diesen Worthülsen wird also alles besser. Maker Spaces, Science Labs sollen uns voranbringen, indessen wird die gute alte Gastfreundschaft durch Weltoffenheit ersetzt. Es soll weniger Ungleichheit, aber mehr Vielfalt geben, und nachts ist es bekanntlich kälter als draußen.
Der Strukturwandel scheint als digitale Fata Morgana am Horizont. Landesentwicklung und Verkehr heißen jetzt Infrastruktur und Digitales. Über Breitbandinternet, sofern es das gibt, erreichen die Auswirkungen der Schmalspurpolitik noch den letzten Winkel. Tausende Arbeiter der Kohleindustrie sollen in einem Kompetenzzentrum für digitales und digital gestütztes Unterrichten aufgefangen werden. Die Ansiedlung von Bundesbehörden und Institutionen wie einer Agentur für Cybersicherheit soll Industriearbeitsplätze sichern. Der neue Rohstoff heißt Bürokratie. Anders als Braunkohle wird er nicht abgebaut, sondern er vermehrt sich bei Gebrauch auf wundersame Weise.
(Beifall)
Die Bekämpfung der Bürokratie soll mit noch mehr Bürokratie in Form von Kontrollgremien und Gesetzentwürfen erfolgen. Die Menschen einer ganzen Region werden also zukünftig durch staatlich finanzierte Beschäftigung ohne tatsächliche Wertschöpfung beschäftigt, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Statt mit Arbeitslosengeld auf der heimischen Couch sitzt der Kumpel dann im schäbigen Büro und lässt sich zum Cybersicherheitsexperten umschulen. Das klingt nach einem Superplan.
Es ist ein guter Ansatz, auf Bund und EU einzuwirken, um abgewanderte Branchen wieder zurückzugewinnen. Das muss jedoch mit einer Stärkung und Entlastung der einheimischen Unternehmen einhergehen. Stattdessen steht leider zu befürchten, dass es auf die Ansiedlung internationaler Unternehmen hinausläuft, die dann oft genug nach Ablauf aller vertraglichen Fristen ihre Zelte abbrechen, um weiterzuziehen, nicht ohne dabei vieles mitzureißen, was sich hoffnungsvoll an diese Illusion geklammert hat.
Die kleinen und mittelständischen Unternehmen machen den höchsten Anteil an der Wirtschaft unseres Landes aus. Das ist weniger ein Problem, vielmehr könnte es sogar Teil der Lösung sein. Eine durchwachsene Vielfalt an Wirtschaftseinheiten ist weniger anfällig als einige wenige Großunternehmen, an deren Fortbestand sich ganze Regionen auf Gedeih und Verderb gekettet sehen. Die mittelständischen Unternehmen sind lokal verankert. Sie wechseln nicht ohne Weiteres den Standort, um Lohnkosten zu sparen. Hier in Mitteldeutschland schreckt man auch vor harter körperlicher Arbeit nicht zurück.
Genau das sieht der Koalitionsvertrag als problematisch an. Einheimische sollen in die neuen steuergeldfinanzierten Behördenarbeitsplätze abgeschoben werden, während wie es in dem Koalitionsvertrag heißt „qualifizierte ausländische Fachkräfte und ausbildungswillige junge Menschen aus dem Ausland“ geworben werden sollen. Anstatt also die Fähigkeiten des eigenen Nachwuchses zu nutzen, entsteht ein Volk von alimentierten Verwaltern für ein Heer von Wanderarbeitern aus der ganzen Welt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das klingt clever und bequem. Es kommt aber niemandem in den Sinn, dass dieser Zustand nicht nur für die Herkunftsdeutschen entwürdigend ist, sondern ebenso für die heimatlos gemachten Arbeiter. Es werden Menschen hin- und hergescheucht für Rechnungen, die niemals aufgehen werden. Was wir erleben, ist also gar keine politische Gestaltung. Wir erleben eine Landesregierung ohne Ideen, ohne Motivation und ohne Kompetenz. Es fehlt eine große Idee, der man seine Politik unterordnet.
In Deutschland gibt es 2,1 Millionen Menschen, die entweder keine oder keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Ich muss ganz ehrlich sagen: Dort müssen wir doch ran. Sie sprechen unsere Sprache, sie leben in unserer Kultur und sie haben unsere Schulbildung durchlaufen. Das sind die Menschen, die wir in Arbeit bringen müssen. Stattdessen verliert man sich im Klein-Klein von Problemen, die man weder lösen, geschweige denn genau beschreiben kann.
Die Folgen davon tragen wie immer Familien, Mittelständler und Nachbarschaften. Das Rückgrat dieses Landes ist eben nicht diese Landesregierung. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn man es ernst meint mit einer Politik für Land und Leute, dann würde man sich darauf besinnen, wer dieses Land aufrechterhält. Es sind eben die Eltern, die ihre Kinder morgens zur Schule bringen, bevor beide arbeiten gehen müssen,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die sich nicht durchseuchen lassen wollen!)
um sich das Leben halbwegs vernünftig leisten zu können.
Ihnen muss unter die Arme gegriffen werden. Dazu gibt es konkrete Vorschläge. Es sind die Unternehmen, die die enorme Abgabenlast geduldig ertragen, während hier im Haus, in Berlin und in Brüssel immer wieder neue Steuern ersonnen werden. Diese Menschen müssen endlich und dauerhaft entlastet werden.
Es sind die Dorfgemeinschaften und die Nachbarschaften, die trotz staatlicher Zwangsmaßnahmen einen Zusammenhalt pflegen, der weit über die propagierte Weltoffenheit hinausgeht. Diesen Menschen gebührt Dank und Respekt - nicht in Form eines feuchten Händedrucks oder explodierender Worthülsen, sondern in Form einer wirklichen Anerkennung.
(Beifall)
Meine Damen und Herren! Sie, Herr Ministerpräsident, sind das politische Gravitationszentrum des Merkelschen Gehorsams.
(Beifall - Lachen)
Nun ist sie weg. Wir hätten von Ihnen ein Treuegelöbnis für unser Bundesland erwartet. Bekommen haben wir
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Funktioniert denn nichts in Ihrer Blase?)
ein Treuegelöbnis in Richtung einer völlig verfehlten grünen Politik und ein Treuegelöbnis in Richtung SPD.
(Zuruf: Wir sind doch gar nicht in der Koalition! - Weitere Zurufe)
Das ist es, was die Menschen in Sachsen-Anhalt im Juni 2021 abgewählt haben.
(Beifall)
Wir gehen jetzt den Sachsen-Anhalt-Weg, den Sie versprochen haben, und wir gehen ihn bis zum Ende: für Sachsen-Anhalt, für den Mittelstand und für diejenigen, die dieses Land jeden Tag mit ihrer Hände Arbeit lebenswerter und sozialverträglicher machen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)