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Plenarsitzung

Transkript

Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist Weltkindertag; zumindest einer von zwei möglichen, die wir in Deutschland begehen. Viele Kita-Kinder in unserem Land bleiben heute zu Hause - oder auch nicht, weil sie auf dem Domplatz sind  , und zwar nicht, weil wie in Thüringen Feiertag wäre, sondern um die Kita-Mitarbeiterinnen zu unterstützen, die heute auf dem Domplatz statt im Kindergarten oder im Hort Bambule machen, um auf die Situation in unseren Kitas hinzuweisen, die weder für die dort Arbeitenden noch für die Kinder wirklich gut ist. 

Sicherlich sorgt heute auch unsere Debatte dazu für Aufmerksamkeit. Denn die Idee hinter dem vorliegenden Antrag ist sehr gut.

(Zustimmung von Nicole Anger, Die Linke)

Aus der Not eine Tugend machen. - Kürzer und besser kann man das vorliegende Anliegen zu den Personalschlüsseln im KiFöG wohl nicht auf den Punkt bringen, wobei auch die im Antrag aufgeführte „demografische Rendite“ - das unterscheidet uns an der Stelle sehr deutlich - ein schöner Begriff ist, der einen ganz neuen Denkraum eröffnet. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Denn wo allgemein die demografische Entwicklung immerzu und stets als Krisendiagnose ins Feld geführt wird - das ist sie zweifelsohne  , kann man hierbei - das sieht man sehr deutlich - auch positive Effekte erzielen. Die Demografie bietet hierfür auch günstige Gelegenheiten. Anstatt das abzuwehren, sollte man es an dieser Stelle wahrnehmen. 

Zum Beispiel ist eine Verbesserung der Personalsituation in unseren Kitas, quasi zum Nulltarif, in Thüringen bereits umgesetzt worden, genau in der gleichen Situation: demografische Rendite. Auch hierzulande wäre es sinnvoll. 

Bevor wir also in den Einrichtungen die Arbeitszeiten des Personals reduzieren oder sogar Stellen abgebaut werden müssen, bietet sich an dieser Stelle die Gelegenheit, den Personalschlüssel im KiFöG endlich zu verbessern. Das ist grundsätzlich dringend nötig. Denn das Fachkraft-Kind-Verhältnis in Sachsen-Anhalt kommt nicht einmal in die Nähe der wissenschaftlichen Empfehlungen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Nicole Anger, Die Linke)

Dieses Nadelöhr für alle Bemühungen, um frühkindliche Bildung zu entwickeln und zu verbessern, ist im Grunde allseits bekannt. Auch die Ministerin bestreitet nicht, dass wir hierbei Schwierigkeiten haben. Maßnahmen, um hierbei entscheidend gegenzusteuern, stoßen aber bisher an fiskalische und personelle Grenzen. 

Die Debatten liefen bislang immer so: Wo sollen die vielen Fachkräfte herkommen, um den Personalschlüssel spürbar zu verbessern? Wer soll es dann bezahlen? - Die unter der Kenia-Koalition eingeführte Sonderförderung für Kitas mit besonderen Bedarfen in schwierigen Situationen war genau darauf eine Antwort, um gezielte Personalverbesserungen dort vorzunehmen, wo sie am dringendsten benötigt werden. 

Wenn die beste Variante, nämlich eine Anhebung des Mindestpersonalschlüssels für alle Kitas zu diesem Zeitpunkt nicht funktioniert hat, nicht gangbar war, dann sollte wenigstens die zweitbeste Variante umgesetzt werden. So ist es dann auch passiert. 

Jetzt öffnet sich aber ein Gelegenheitsfenster für die große, für die beste Variante: den Mindestpersonalschlüssel in Gänze anzupacken. Denn es wird sich ein Weg finden lassen, die Personalschlüssel so neu auszurichten, dass die sinkende Kinderzahl auf der einen Seite und der verbesserte Personalschlüssel auf der anderen Seite unter dem Strich zu einem finanziellen Landesanteil führen, der vergleichbar ist mit den aktuellen Haushaltsansätzen. 

Dabei wird man ein bisschen rechnen müssen. Ich will das auch nicht zu unterkomplex darstellen. Und ja, es wird auch nicht von allein langfristig völlig stabil sein. Aber es ist aktuell der beste Umgang mit der Demografie im Bereich der Kinderbetreuung. 

Verehrte Kolleginnen von der CDU und der FDP! Die Kitas sind nicht die Spardosen der Nation und auch die Elternbeiträge nicht. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Nicole Anger, Die Linke)

Das hat man bei Ihnen ein bisschen in den bisher geführten Debatten zur Haushaltsaufstellung heraushören können. Wir sind in Sachsen-Anhalt bei der Betreuungsquantität weit vorn, aber eben nicht bei der Betreuungsqualität, was nicht an den hoch engagierten Erzieherinnen im Land liegt - an dieser Stelle auch von uns einen großen Dank für die Leistung derjenigen, die in den Kitas jeden Tag unter schwierigen Bedingungen ihr Bestes leisten  , 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

sondern an den Rahmenbedingungen. Das hat Folgen für die Kinder, spätestens bei den Bildungschancen. Dazu ist bereits eine Menge gesagt worden. 

Die Betreuungsqualität in Sachsen-Anhalt ist am unteren Ende des bundesweiten Vergleichs. Sie dort zu belassen, nur um aus der Demografie ein paar Euro herauszuschlagen, sollte sich wirklich verbieten. Nutzen wir vielmehr die Gunst der Stunde und verbessern dank der demografischen Entwicklung - die an anderen Stellen immer ein Defizit ist - die Betreuungsqualität in unseren Krippen, Kitas und Horten. Nutzen wir die Situation in der jetzigen Zeit. 

Ob und wie man auch unabhängig bzw. zusätzlich zu der aktuellen demografischen Chance die Fachkraft-Kind-Relation verbessern und die frühkindliche Bildung stärken kann, darüber bin ich mir nicht ganz so sicher. Ich halte den Weg der genannten Sonderförderung, der weiteren Aufwertung und des Ausbaus der Fachberatung für einen gangbaren und vor allem planbaren Weg im Land.

Aber der Kern besserer frühkindlicher Bildung ist und bleibt ein besserer Personalschlüssel. Ich glaube, darin sollten wir uns alle an der Stelle einig sein. Es bietet sich die Chance, dies umzusetzen. Der Ausschussberatung stimmen wir ausdrücklich zu und sind sehr dankbar dafür, dass die Koalition dies mitträgt. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Frau Susan Sziborra-Seidlitz.