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Plenarsitzung

Transkript

Carsten Borchert (CDU):

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine junge Frau steht vor einer dritten Klasse und unterrichtet eine Stunde zum Thema Adjektive. Es geht drunter und drüber. Die Kinder hören nicht zu. Die Studentin redet zu leise und erklärt sich um Kopf und Kragen. Sie hat mit ihrer Nervosität zu kämpfen und wird von den Schülern nicht als Lehrperson wahrgenommen. Am Ende der Stunde haben die Schüler quasi keinen Lernzuwachs und die Studentin fühlt sich schlecht. Man könnte denken, hierbei handelt es sich um eine Studentin im dritten Semester, die gerade ihr erstes Praktikum absolviert. Aber nein, es ist bereits die vorletzte Woche ihres Praxissemesters im letzten Semester ihres Masters of Education.

Die Sommerferien beginnen in zwei Wochen. Danach sollte sie eigentlich planmäßig ihren Vorbereitungsdienst bzw. ihr Referendariat antreten. Stattdessen fehlt es an Lehrerpersönlichkeit, an Empathie für die Kinder und an Selbstbewusstsein, um vor der Klasse souverän auftreten zu können, vor allem an Wissen und Fertigkeiten, Unterrichtsstunden sinnvoll zu planen und vorzubereiten. 

Diese Erfahrungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen Lehrkräfte in unseren Schulen nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit immer wieder. Sie betreuen Praktikanten in ihren letzten Semestern, die auf den schulischen Alltag und auf den Umgang mit Kindern nicht genügend vorbereitet sind bzw. sich darauf nicht einstellen können. 

Man kann es wohl als Praxisschock bezeichnen, wenn man jahrelang studiert und dann in einem Beruf ankommt, für den man nicht geeignet oder nicht gut genug vorbereitet ist. Im Grunde kann man die aktuelle Situation im Lehramtsstudium kurz und knapp wie folgt beschreiben: Zu wenig Praxis, zu viele Abbrecher. Das muss tiefgründig verändert werden. 

Neben den Ländern Thüringen und Brandenburg sind wir nun das dritte Bundesland, welches mit einem dualen Lehramtsstudium auf Bachelor-Niveau startet. Damit haben Studierende schon während des Studiums die Möglichkeit, umfangreiche Praxiserfahrungen zu sammeln und ab dem dritten Semester die schulische Realität zu erfahren, sodass der Praxisschock beim Übergang zum Referendariat ausbleibt. 

Sie können Theorie und Praxis damit von Beginn an sinnvoller verzahnen. Mit dieser Maßnahme steigt die Attraktivität des Studiengangs Sekundarschullehramt in unserem Bundesland. 

Dieser Modellstudiengang muss als zusätzliche Möglichkeit genutzt werden, um gezielt weitere Zielgruppen für ein Lehramtsstudium zu gewinnen. Bei positiver Evaluation des Modells - und sie kann nur positiv sein - und Zufriedenheit mit diesem Modell bei Studierenden und Schule sollte das Ziel sein, hierfür ein regelhaftes Format zu finden. 

Für eine Bildungspolitik im Sinne der Schüler setzen die Koalitionsfraktionen auf zielgerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Dafür ist die Einrichtung des dualen Studiengangs der richtige Schritt. Dieser kann aber nur ein kleiner Anfang sein. Wir als Koalition stehen in der Pflicht, schnellstens die Studiengänge unserer Universitäten an die Erfordernisse der heutigen Zeit anzupassen. - Vielen Dank.