Sebastian Striegel (GRÜNE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Chancen-Aufenthaltsrecht bietet vielen Menschen in Deutschland eine echte Bleibeperspektive. Dass es ein Erfolg ist, darin bin ich mir mit dem Kollegen Erben nun wirklich einig. Das Bundesgesetz trat zum Jahreswechsel in Kraft. Als sich letztes Jahr abzeichnete, dass das Gesetz kommen würde und dann im Juni ein Referentenentwurf vorlag, haben viele andere Bundesländer eine Vorgriffsregelung beschlossen, mit der sie von Abschiebungen von Personen, die ab diesem Jahr vom Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren könnten, absahen. Das war ein zutiefst humaner Schritt, es war nach meiner Überzeugung menschlich geboten und es hätte eben auch im Interesse des Landes Sachsen-Anhalt selbst gelegen.
Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht gesetzliche Beschränkungen aufgehoben und Menschen weitere Rechte zuerkannt. Dass Sie bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes an der Abschiebepraxis festgehalten haben, hatte endgültige und fatale Konsequenzen für doch einige Betroffene. Es ist mir unverständlich, wie Sie diese Entscheidung verantworten konnten. Im Interesse unseres Landes war dieses Verhalten jedenfalls nicht. Denn auch aus Sachsen-Anhalt sind Menschen tatsächlich abgeschoben worden. Sie haben, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, damit auch Ihren Koalitionspartnern von der SPD und der FDP einiges zugemutet und eine wirkliche Chance für das Land vertan.
Bei der Einbringung des Antrages waren wir uns weitgehend einig. Wir sprachen uns für den Antrag der Linksfraktion aus. Herrn Erben und Frau Dr. Richter-Airijoki von der SPD sprach der Antrag, ich zitiere, aus dem Herzen. Auch Herr Kosmehl war sich sicher, dass etwas passieren sollte und auch etwas passieren würde. Passiert ist dann in Sachsen-Anhalt aber nichts; gar nichts. Ich kann mich an keine eingehende inhaltliche Debatte im Innenausschuss zu diesem Antrag erinnern. Er wurde mehrmals von der Tagesordnung abgesetzt und die Behandlung verschoben. Als das Bundesgesetz in Kraft trat und damit der Antrag obsolet geworden war, brachten die Koalitionsfraktionen schließlich die uns heute vorliegende Beschlussempfehlung ein. Ihr Inhalt ist die bloße Aufforderung, sich an Bundesrecht zu halten. Nun ja, ehrlich gesagt, bin ich davon ausgegangen, dass eine Landesregierung sich gesetzeskonform verhält.
Mir bleibt entsprechend zum Schluss nur übrig zu sagen: Alle hier jedenfalls die demokratischen Fraktionen beklagen unterschiedslos in jeder Fachdebatte den Mangel an Arbeits- und Fachkräften. Ihnen ist bewusst, dass wir Einwanderung brauchen. Es ist nicht lange her, da hat der Landtag von Sachsen-Anhalt festgestellt, dass Sachsen-Anhalt ein Einwanderungsland ist. Wir benötigen aber keine Lippenbekenntnisse. Die Entscheidung von Menschen, sich dauerhaft in Sachsen-Anhalt niederzulassen, hängt elementar von dem Gefühl ab, hier auch willkommen zu sein. Das erreichen wir nicht, wenn die Landesregierung sich dafür feiert, wie viele Abschiebungen ihr im letzten Jahr auf den letzten Drücker noch gelungen sind. Das erreichen wir nur durch konkrete Verbesserungen der Lebensbedingungen. - Vielen herzlichen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Henriette Quade, DIE LINKE)