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Plenarsitzung

Transkript

Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Bürger-geld, das das Hartz IV seit dem Jahr 2023 abgelöst hat, beschäftigt uns politisch. Die Ausge-staltung dieser sozialpolitischen Leistung ist vielfach auch im Landtag von Sachsen-Anhalt diskutiert und auch kritisiert worden. Für die einen geht es nicht weit genug, wie wir bereits gehört haben, und für die anderen viel zu weit. Für uns Freie Demokraten ist klar, dass es ei-ne Reform braucht. Darauf werde ich später genauer eingehen. 

Es ist auch klar - das möchte ich voranstellen -, dass es in Deutschland viele fleißige Men-schen gibt, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen, die arbeiten gehen und einen wertvol-len Beitrag zur Gesellschaft leisten. Aber es gibt eben auch andere, die sich auf Sozialleis-tungen ausruhen. Das darf nicht die Zukunft sein. Arbeit muss sich immer deutlich mehr loh-nen als Arbeitslosigkeit. 

(Beifall bei der FDP)

Aber woher kommen wir eigentlich? - Im Jahr 2002 wurde Hartz IV unter dem Kanzler Schröder eingeführt. Es stellte einen großen Schritt in dem deutschen Sozialsystem dar. Es sollte damit gelingen, Arbeitslose schneller zurück in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Je-doch zeigte sich schnell, dass einige diese Sozialleistung als soziale Hängematte nutzten und das Sozialsystem ausnutzten. Dies führte unweigerlich zu einer Belastung und zu einem Un-verständnis der Leistungsbereiten. 

Mit der Einführung des Bürgergeldes im Jahr 2023 sollten die Fehlanreize des Hartz IV mi-nimiert werden. Diese Sozialleistung sollte an die gesellschaftlichen Gegebenheiten ange-passt und gerechter gestaltet werden. Unter anderem wurden die Regelsätze angepasst, was allerdings so oder so anstand und wahrscheinlich passiert wäre, ebenso die Karenzzeit oder die Anrechnung von Vermögenswerten oder Freibeträgen. Auch Weiterbildung und das Er-langen von Berufsabschlüssen sollten intensiviert werden. 

Eine für uns Liberale wichtige Anpassung ist die Erhöhung des Freibetrags für Auszubildende aus Familien im Leistungsbezug, um Leistungsgerechtigkeit zu erhöhen. Demnach können diese Auszubildenden 520 € aus Einkünften ohne Anrechnung behalten. Von Einkünften dar-über hinaus können 30 % behalten werden. Bei mehr als 1 000 € sind es 10 %. Azubis bleibt damit mehr vom ersten selbst verdienten Geld, und das ist richtig und deutlich leistungsge-rechter, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Doch trotz dieser Anpassung zeigt sich schnell Kritik. Lohnt es sich dennoch zu arbeiten? - Gerade Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Niedriglohnsektor haben sich diese Frage gestellt. Ist der Abstand zwischen dem Lohn und der Sozialleistung nicht groß genug? Dass dann Unmut entsteht, ist selbstredend. Leider sind in den Verhandlungen zum Bürger-geld einige unserer liberalen Ideen nicht berücksichtigt worden. Deshalb fordern wir auch eine grundlegende Überarbeitung, um die bestehenden Fehlanreize zu verringern. 

Trotz der zunächst geplanten positiven Impulse des Bürgergeldes zeigt sich schnell, dass der Unmut in der arbeitenden Bevölkerung wächst und die Frage verhärtet, ob es sich dennoch lohnt zu arbeiten? - Das hängt zum Teil mit den Regelsätzen zusammen. Der Abstand zwi-schen den Sozialleistungen und dem Einkommen ist oft nicht groß genug. Es sind die finanzi-ellen Fehlanreize, die für die negativen Auswirkungen des Bürgergeldes ausschlaggebend sind. Ich weiß, dass das von linker Seite immer wieder verneint wird, aber es passiert. Gera-de wenn man bspw. in Jugendeinrichtungen in Brennpunktvierteln unterwegs ist und dort mit den Leitern spricht, wird klar, dass es viel zu viele junge Menschen gibt, für die das Bürger-geld bequem genug ist, um das Leben danach auszurichten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen wir ändern.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Als Freie Demokraten wollen wir daher eine grundlegende Überarbeitung und Reform des Bürgergeldes. Der Fokus muss sein: Zu arbeiten, statt Bürgergeld zu beziehen. Denn nur so sind Chancengerechtigkeit und auch Selbstbestimmung möglich, und das sollte oberste Prio-rität haben. Arbeit muss sich immer mehr lohnen als der Bezug von Bürgergeld. Es muss da-her gelten, erwerbsfähige Arbeitslose zur aktiven Bringschuld, zur Eigenverantwortung und zur Beweislast zu verpflichten. 

Zur Reform des Bürgergeldes haben wir als Freie Demokraten daher klare Forderungen. Wer arbeiten kann, der soll auch arbeiten gehen. Daher müssen die betroffenen Menschen gezielt dabei unterstützt werden, in Arbeit integriert zu werden. Das kann entweder durch direkte Vermittlung oder aber durch Erlangen eines Berufsabschlusses oder durch Weiter-bildung erfolgen. Denn nur so kann Hilfsbedürftigkeit langfristig überwunden werden. Wäh-rend andere Parteien die Menschen in die Abhängigkeit vom Staat treiben wollen, ist es un-ser Ziel, dass die Menschen auf eigenen Beinen stehen können. Qualifizierung schafft Per-spektiven und macht den Weg zurück in den Arbeitsmarkt möglich. Der Staat gibt hierbei Hilfestellung, soll aber nicht als dauerhafter Versorger fungieren. 

(Beifall bei der FDP)

Des Weiteren stehen wir Freien Demokraten für das Prinzip des Forderns und Förderns. Staatliche Unterstützungsleistungen gibt es aber nur dann, wenn die Leistungsberechtigten auch ihren Teil dazu beitragen. Wer sich weigert, an Maßnahmen teilzunehmen und damit die Arbeitsmarktintegration erschwert, der muss sanktioniert werden. Sozialstaat heißt nicht, dass immer nur die einen nehmen und die anderen geben. Viel eher heißt es, dass in einer schwierigen Lage unterstützt wird, damit man dann wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Bei fehlender Eigeninitiative der Leistungsbezieher müssen Sozialleistungen schrittweise re-duziert werden. Denn eines ist klar: Wer arbeiten kann, sich aber nicht um eine Arbeitsauf-nahme oder Qualifizierung bemüht, muss entweder eine Arbeit annehmen oder aber mit den Sanktionen leben. Das ist nur gerecht, gerade in Anbetracht der Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern unserer Gesellschaft. 

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Als weiteren Schwerpunkt setzen wir uns als Freie Demokraten für die intensive Zusammen-arbeit zwischen den Jobcentern sowie den Leistungsbeziehern und Leistungsberechtigten ein. Gerade die ersten Monate nach Beginn des Leistungsbezugs sind entscheidend. Je länger jemand arbeitslos ist und Leistungen bezieht, desto schwieriger wird die Rückkehr in den Ar-beitsmarkt. Deshalb braucht es dort eine enge Zusammenarbeit, insbesondere in den ersten zwölf Monaten. Gerade jetzt, wo der Arbeitsmarkt durch den demografischen Wandel auf jede Arbeitskraft angewiesen ist, müssen wir das doch viel stärker in den Fokus nehmen. 

Eine gelingende Arbeitsmarktintegration und auch die Verpflichtung derer, die arbeiten kön-nen, ist dafür zwingend notwendig. Umso wichtiger ist es, das bestehende Konzept des Bür-gergeldes zu reformieren, anstatt Fehlanreize zu setzen. Wir brauchen Anreize, um arbeiten zu gehen. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bürgergeld muss angepasst und die Fehlanreize müssen abgeschafft werden. Es gilt, die Leistungsgerechtigkeit wieder in den Fokus zu rücken. Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen den Sozialstaat ausnutzen, während andere hart arbei-ten und kaum mehr haben oder gar das Gefühl haben, dass sich arbeiten nicht mehr lohnt. Denn Arbeit muss sich immer lohnen. Nur so sind Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und eine gelebte Chancengerechtigkeit erst möglich.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte mit einem Zitat vom großen Liberalen Guido Westerwelle schließen, der einmal gesagt hat: Es gibt ein Recht auf Faulheit, aber es gibt kein Recht auf bezahlte Faulheit. - In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Pott. - Es gibt eine Frage von Herrn Lizureck. - Herr Lizureck, bitte. 

(Zuruf)

- Er bleibt stehen. Also ist das eine konkludente Zustimmung.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Erst einmal schönen Dank dafür. - Eine kurze Eingangsbemerkung. In den letzten zehn Jahren haben Tausende Fachkräfte unser Land verlassen; Ingenieure, IT Kräfte und insbesondere Menschen aus dem Gesundheitswesen. Nun haben wir die Maßgabe der Bundesregierung, die Grenzen aufzumachen, viele Menschen ins Land zu holen und damit Fachkräfte einzu-sammeln. Diese sind eigentlich mehrheitlich im Sozialsystem gelandet und haben damit den Faktor der sozialen Absicherung nach oben geschraubt. Dieser Faktor   jetzt kommt meine Frage - sorgt ja wiederum dafür, dass der Faktor Arbeit belastet wird, der wiederum - weni-ger Reallohn - dafür gesorgt hat, dass die Menschen abwandern, die die Möglichkeit haben, woanders mehr Geld zu verdienen. Sehen Sie auch diesen Zusammenhang? 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Pott. 


Konstantin Pott (FDP):

Ganz grundlegend sind die Freien Demokraten für eine qualifizierte Zuwanderung in den Ar-beitsmarkt. Das haben wir hier in diesem Haus und auch im Bundestag mehrfach deutlich gemacht. Deswegen müssen wir die Anreize für die schaffen, die wir hier brauchen, die sich hier etwas aufbauen wollen, die mit anpacken und das Land voranbringen wollen. Wir brau-chen keine Einwanderung in die Sozialsysteme. Dabei gilt natürlich auch: Es gibt ein Recht auf Asyl. Das werden wir auch nicht aushebeln. Aber grundlegend muss qualifizierte Zuwan-derung in den Arbeitsmarkt immer das Ziel sein; denn das wird unsere Wirtschaft voranbrin-gen. Mit Blick auf den Fachkräftemangel brauchen wir jede Arbeitskraft, die anpacken möchte. Das wird auch jedes Unternehmen hier im Land bestätigen. 

(Beifall bei der FDP)


Frank Otto Lizureck (AfD):

Ich bedanke mich für die klaren Worte.