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Plenarsitzung

Transkript

Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Brücken fallen in Deutschland zusammen, siehe Dresden, und auch in Magdeburg sind Brücken nicht mehr richtig befahrbar bzw. kann man sie nur noch mit 30 km/h befahren, und das, obwohl wir jährlich Milliarden und Abermilli-arden aus Deutschland heraus in andere Länder überweisen, zum Teil auch für Infrastrukturprojekte. Das denkt sich niemand aus, aber es ist leider traurige Realität. Dort klappt das alles. Dort baut man die Infrastruktur neu auf. Dort baut man Radwege; manchmal nur bis zur Hälfte, aber das Geld ist trotzdem geflossen. 

In Deutschland müssen wir Sonderschulden aufnehmen, um Infrastrukturprojekte zu bewerkstelli-gen, die normalerweise schon vor Jahren hätten bewerkstelligt werden müssen. 

Ich sage es gleich vorweg: Die 500 Milliarden €, die man für Infrastruktur ausgeben will, werden am Ende nicht in die Infrastruktur fließen, weil es nicht umsetzbar ist; denn es gibt nicht ausreichend Firmen - wir leben in Zeiten des Fachkräftemangels  , die das am Ende umsetzen können. Diese 500 Milliarden € werden für alles Mögliche ausgegeben, aber kaum für das eigentlich Vorgesehene, nämlich für die Infrastruktur. Das ist traurig, aber es ist die Realität. 

Das liegt unter anderem an den Planungsverfahren und der übermäßigen Bürokratie, die wir in Deutschland haben. Ich erinnere mich immer an eine Sache. Intel wurde, glaube ich, schon angespro-chen. Als wir als Ausschuss für Infrastruktur und Digitales eine Ausschussreise nach Irland, nach Dub-lin unternommen haben, um unter anderem Intel zu besuchen, haben wir mit dem Baudirektor zu-sammengesessen, der uns die Baufortschritte im Zusammenhang mit dem Intel-Werk in Dublin er-klärt hat. Er hat darüber gesprochen, wie schnell das alles ging, wie gut man vorangekommen ist und wie die Hochreinlufthallen, die wirklich sehr anspruchsvoll waren, zustande gekommen sind. 

Ich werde nicht vergessen, wie unsere Bauministerin oder Ministerin für Infrastruktur und Digitales Frau Dr. Lydia Hüskens folgende Frage an den Baudirektor gestellt hat: Wie ist es denn, werden die Unterlagen, die mit der Planung und den Anträgen zu tun haben, digital eingereicht oder in Papier-form? Er hat ihr dann - ich hatte den Eindruck, ein wenig höhnisch - erklärt, dass hierbei von Millio-nen und Abermillionen Dokumenten die Rede sei, also Lkw-Ladungen voll, und dies natürlich nur digi-tal erfolgen könne. Daraufhin hat sie gesagt, dass wir dann in Sachsen-Anhalt schon ein Problem hätten.-  So viel zu dem Zustand der Digitalisierung in unserem Bundesland. 

Eine weitere sehr interessante Geschichte, die ich in Dublin sehen musste, erlebte ich, als ich abends mit meinen Kollegen zum Abendbrot in ein Lokal gegangen bin. Um sechs Uhr abends ist dort eine Straße abgesperrt worden. Jemand hat sich einen Helm aufgesetzt und hat sich mit einer Fahne hin-gestellt. Mitten in der Innenstadt wurde eine zweispurige Straße plus Busspur abgesperrt. 

Ich habe die Straße passiert und mir das angeguckt. Es war noch nicht allzu viel passiert. In den Sei-tenstraßen standen Baumaschinen. Das kennen wir auch in Deutschland: Es werden Straßen ge-sperrt, dort steht ein Bagger, der bewegt sich dreimal und dann passiert ein halbes Jahr lang nichts mehr. Ich dachte mir, dass es dort auch so laufen wird. 

Als ich zweieinhalb Stunden später vom Abendbrot zurückkam, war der Asphalt schon hochgenom-men. Es haben ca. 80 bis 100 Leute auf dieser Baustelle, also auf einer Straße mit einer Länge von ca. 300 m, gearbeitet. Ich bin dann an den Vorarbeiter herangetreten und habe ihn gefragt, wann die Baumaßnahme beendet sein wird, weil ich verwundert war, dass sie so schnell schon begonnen wor-den ist, und er guckte um ca. halb zehn auf seine Uhr und sagte, morgen früh um 3 Uhr - eine 300 m lange zweispurige Straße plus Busspur. Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. 

Am nächsten Tag sind wir mit dem Reisebus vorbeigefahren und die Straße war schon wieder be-fahrbar, der Asphalt war aufgetragen, die Markierungen waren gezogen und die Sache war über Nacht erledigt. Das würde in Deutschland nicht gehen, weil wahrscheinlich irgendwelche Lichtgutach-ten erstellt werden müssten, damit nicht irgendjemand geblendet wird; von dem Lärm ganz abgese-hen. Das ist also der Zustand, der in anderen Länder herrscht, im Vergleich zu dem Zustand, den wir in Deutschland haben. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht seit Jahren in allen Wahlprogrammen, dass alles entbürokratisiert und verschlankt werden soll. Passiert ist bisher noch nichts. Und jetzt, wo plötzlich 500 Milliarden € bereitgestellt werden sollen, wacht man auf. 

Das Problem in Deutschland besteht einfach darin, so sage ich, dass zu viele mitreden. Wir haben ein Tiefbauamt. Eine Baumaßnahme betrifft grundsätzlich mehrere Behörden, mehrere Dienstleister, mehrere Versorger, bspw. das Tiefbauamt, das Wasserwerk, den Stromanbieter, den Telekommuni-kationsanbieter, die Verkehrssicherheit und die Genehmigungsstellen. Es muss alles miteinander ko-ordiniert werden. Ehe eine Baugenehmigung erteilt wird, haben andere Länder schon ganze Häuser-zeilen gebaut, und ich rede über Hochhäuser. 

Man muss nur in die arabischen Länder gucken, wie schnell das dort vonstattengeht. In Deutschland herrscht eine völlige Überregulierung und ein völliger Genehmigungswahnsinn. 

Zusätzlich fehlt der Zeitdruck. Man sieht das häufig. Wenn ich z. B. auf der A 2 in Richtung Braun-schweig unterwegs bin, dann fahre ich durch eine lange Baustelle. An der Autobahn wird gearbeitet; sie wird saniert. Gefühlt steht alle paar Kilometer ein Bagger, in dem niemand sitzt und arbeitet. Das liegt einfach daran, dass diese Fristen, die festgelegt werden, so großzügig sind, dass die Baufirma keinen Druck hat, schneller zu arbeiten. Das heißt, auch an dieser Stelle besteht ein großes Problem. 

Dann werden die Verantwortlichkeiten hin- und hergeschoben. Niemand übernimmt richtig Verant-wortung. Es ist immer der andere schuld - das führte ich gerade aus  ; wenn das Tiefbauamt nicht schuld ist, dann sind eben die Wasserwerke schuld. So dreht man sich immer im Kreis und es geht nicht vorwärts. 

In Deutschland haben wir, so sage ich es, ein systemisches Problem. Das kann man so klar sagen. Die Leuchttürme dieses systemischen Problems sind im Ausland natürlich wahrnehmbar oder wahrge-nommen worden und dafür lacht man uns aus. Ich denke z. B. an den Berliner Flughafen BER. In den 1990er-Jahren hat man angefangen, diesen zu planen. Im Jahr 2006 hat man mit dem Bau begonnen und eröffnet hat man ihn im Jahr 2020. Man hat also beinahe 30 Jahre an diesem Flughafen herum-gedoktert. 

Wenn man guckt, welche Fehler aufgetreten sind, dann sind es natürlich ständige Planänderungen. Immer wieder kommen neue Politiker ins Amt, die sich beweihräuchern wollen und irgendwelche tol-len Maßnahmen als ihre verkaufen wollen und dann ständig Änderungen vornehmen. Es wurde kein Generalunternehmen eingesetzt, sondern es ist durch viele verschiedene Baufirmen zu einer chaoti-schen Koordination gekommen. Die Gewerke schieben sich dann die Schuld wiederum gegenseitig zu. Das ist ein großes Problem. Man ist nicht einmal in der Lage, ein Generalunternehmen festzulegen, damit das alles vernünftig vonstattengeht. 

Dann haben wir nicht nur ein großes Problem im Zusammenhang mit dem Berliner Flughafen, das nicht nur bundes-, sondern weltweit wahrgenommen worden ist, sondern an dieser Stelle ist auch an den Bahnhof Stuttgart 21 zu erinnern. Er ist im Jahr 1995 geplant worden. Der Baubeginn war im Jahr 2010. Die Elbphilharmonie in Hamburg ist ebenso ein Problem, wie das Flughafenterminal 1 in Hamburg oder der Tunnel zwischen Dänemark und Deutschland, wobei sich Dänemark mit Blick auf seinen Abschnitt natürlich im Plan befindet und Deutschland seit Jahren hinterherhängt. Ein weiteres gutes Beispiel ist die Nordverlängerung der A 14, die noch immer nicht fertig ist. Das läuft schon Jahr-zehnte. 

Der Blick in andere Länder macht deutlich, dass es besser gehen kann. Wenn man sich z. B. damit be-schäftigt, wie in den USA oder dem arabischen Raum gebaut wird, dann stellt man schnell fest, dass Infrastrukturprojekte dort oft pragmatischer, klarer und schneller umgesetzt werden: weniger Akteu-re, weniger bürokratische Hürden, mehr Verantwortung auf Projekt- und Entscheidungsebene. Das ist einfach so. 

Deutschland dagegen ist überreguliert, zersplittert und risikoscheu, und genau das muss sich ändern. Wenn hier wieder zügig gebaut werden sollen, dann muss diese Überregulierung und diese Zersplitte-rung abgebaut werden. 

In den USA wird geplant, entschieden und gebaut. Bei uns wird geplant, gestoppt, geprüft, geklagt und dann neu geprüft, und so läuft es in einer Endlosschleife. In den USA gibt es einen Verantwortli-chen, bspw. den Gouverneur oder den Bürgermeister, der dann sagt, wir machen das jetzt; denn dort sind die Bundesstaaten dafür verantwortlich. Dann ist dafür eine Behörde zuständig, es gibt ein Verfahren und es wird eine Genehmigung ausgesprochen und dann läuft das. 

In Deutschland reden der Bund, das Land, der Kreis, die Kommune, der NABU, die Telekom, die Was-serversorger mit, das Lärmkonzept muss stimmen und es muss ein Lichtgutachten erstellt werden, wenn nachts gearbeitet werden soll und der Datenschutz spielt auch noch eine Rolle. Am Ende wird alles auf ein Faxgerät gelegt und niemand weiß, wie man es richtig bedient, und die Show geht wieder von vorne los. Das ist eine Art Endlosschleife. 

(Beifall bei der AfD) 

Wer in Deutschland bauen will und Tempo will, der muss die Verantwortung nicht von Schreibtisch zu Schreibtisch schieben, sondern er muss anfangen, zu handeln. So einfach ist das. Das, was Sie ausgeführt haben, Herr Gürth, finde ich gut. Man muss aber dazu sagen, dass Sie seit 1990 im Land-tag sitzen und auch auf der Landesebene die Möglichkeit besteht, einzugreifen und Dinge zu verein-fachen. Beispielsweise muss die Landesbauordnung entrümpelt werden. Das haben Sie inzwischen schon ein wenig begriffen. 

(Zustimmung bei der AfD) 

Vereinfachte Verfahren für Standardprojekte, wie Straßen, Radwege oder Brückensanierungen, könnten umgesetzt werden. Es müsste geprüft werden, ob landeseigene Genehmigungsfiktionen eingeführt werden können. Sie zeigen immer nur auf den Bund bzw. auf die EU und hier passiert nichts. 

Man müsste eine zentrale Projektsteuerung schaffen und einen Infrastrukturkommissar einführen, der quasi übergeordnet einen Hut aufhat, sodass nicht immer alle die Schuld auf jemand anderen schieben können. Er hat dann den Hut auf und muss dafür die Verantwortung tragen. Man könnte standardisierte Abläufe und Musterverfahren schaffen und die Kommunen unterstützen. Man könn-te einen Planungspool und Fachberatungen anbieten. Aber das findet eben alles so nicht statt. 

Die Digitalisierung der Behörden ist schleppend bzw. passiert nicht richtig. Landesmittel werden bü-rokratisch statt flexibel vergeben. Das Schlimmste an der ganzen Geschichte ist, dass der politische Willen hier in diesem Hohen Hause einfach nicht vorhanden ist. 

(Beifall bei der AfD) 

Das muss man so klar sagen. Denn wenn dieser vorhanden wäre, dann wäre schon viel mehr pas-siert. 

Jetzt bin ich am Ende meiner Ausführungen, weil die Redezeit leider ausgeschöpft ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der AfD) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Als Nächster spricht Dr. Falko Grube für die SPD. - Herr Kosmehl hat eine Frage. Das ist richtig. - Bitte sehr, Herr Kosmehl. 


Guido Kosmehl (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Büttner, ich glaube, das Vorbild, oder das, was Sie als Vorbild ge-nannt haben, und zwar die Vereinigten Staaten von Amerika, sollten Sie sich etwas genauer anschau-en und sich vor allem die Geschichte angucken. Allein seit dem Jahr 2000 sind in den Vereinigten Staaten von Amerika, glaube ich, zwölf große Brücken eingestürzt, weil das letzte große Infrastruk-turprogramm, der New Deal, in den 1930er-Jahren aufgelegt worden ist, also in Bezug auf die Inter-state-Highway-Struktur usw. 

Die USA als Vorbild für Infrastrukturmaßnahmen zu nennen     Im Übrigen sind Teile dieser Brücken, die Anfang der 2000er-Jahre eingestürzt sind, bis heute nicht wieder aufgebaut worden. So viel zum Thema Genehmigungsverfahren, aber vielleicht schauen Sie es sich noch einmal genauer an. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten. 


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): 

Vielen Dank. - Ich meine, die USA sind ein wenig größer als wir. Bei uns ist nur eine Brücke einge-stürzt, und zwar in Dresden. Die USA haben natürlich bedeutend mehr Einwohner. Ich kenne die Fäl-le, die Sie im Zusammenhang mit den Brücken beschrieben haben, nicht. Ich muss recherchieren, ob das, was Sie sagen, stimmt. 

Aber Fakt ist, dass es dort mit Blick auf die Bürokratie nicht so kompliziert ist wie bei uns. Das können Sie mir jetzt nicht erzählen. Es ist einfacher, viel einfacher. 

Ich war erst in New York und habe es mir angeschaut und mir erklären lassen, und zwar auch in Be-zug auf die Infrastruktur. Aber es ist, wie Sie sagen, von Bundesland zu Bundesland verschieden.

(Dr. Falko Grube, SPD: Das sind Staaten!)

Ich weiß nicht, in welchen Bundesländern die Brücken standen, von denen Sie gesprochen haben, aber es werden wahrscheinlich Bundesländer sein, die demokratisch regiert sind. 

(Lachen und Beifall bei der AfD)

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass dort solche Zustände herrschen. Aber ich glaube nicht, dass das Bundesländer sind, die von den Republikanern geführt werden; denn dann würde das garantiert nicht passieren. -Vielen Dank. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Eine kurze Nachfrage, Herr Kosmehl. 


Guido Kosmehl (FDP): 

Danke, Herr Präsident. - Ganz ehrlich, ich weiß, Sie haben Ihr Herz jetzt für die Young Republicans entdeckt. Üblicherweise machen das Demokraten und Republikaner in den Bundesstaaten gemein-sam, aber tatsächlich gibt es ganz viele Bundesstaaten, in denen Brücken eingestürzt sind und in de-nen die Republikaner seit 50 Jahren den Gouverneur stellen. Das ist nicht an der Parteizugehörigkeit festzumachen, sondern an der Frage der gemeinsamen Mehrheit in den Häusern, die man braucht. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Gut, dann sind wir jetzt durch.

(Beifall bei der AfD)