Eva von Angern (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zunächst Folgendes feststellen: In der letzten Wahlperiode konnten wir von einem Abgeordneten der AfD-Fraktion hören, dass Frauen, die im Frauenhaus Schutz suchen, vor allem Frauen von gehörnten Ehemännern sind, die also berechtigt im Frauenschutzhaus sind. Heute konnten wir aus der gleichen Fraktion hören, dass Frauen sich durch das Putzen des Hauses ablenken können.
Ich kann Ihnen nur sagen, das ist eine üble Diffamierung von Frauen,
(Lebhafter Beifall bei der LINKEN, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)
die vor Gewalt flüchten und Schutz suchen.
(Zurufe von der AfD)
Aber ich denke, es ist für alle Frauen in diesem Land auch nicht unwichtig, dies zu wissen.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Sie müssen sich nicht als Retter der Frauen aufspielen! Sie machen die Frauen kaputt! - Weitere Zurufe von der AfD)
Ich möchte aber zunächst mit einem Dank beginnen, einem Dank an die FDP-Fraktion dafür, dass sie diesem Thema treu geblieben ist.
(Unruhe bei der AfD)
Ich kann mich gut an die Rede des Finanzpolitikers Herrn Bernstein hier bei der zweiten Lesung des Haushaltes erinnern, in der er offengelegt hat, dass es eigentlich der Plan war, Hauswirtschafterinnen für die Frauenschutzhäuser bereits in diesem Jahr zu realisieren, und dass das lediglich am Gleichstellungsministerium gescheitert ist. Ich bedauere das sehr. Bleiben Sie bitte dran. Bei den Kindern und bei der Kinderbetreuung hat es mehr als 15 Jahre gedauert, bis Landesmittel zur Verfügung gestellt worden sind. Ich hoffe, dass es hier nicht so lange dauern wird. Deswegen werden wir Ihrem Antrag heute auch zustimmen.
Der Alltag in den Frauenschutzhäusern ist den wenigsten hier im Haus, aber auch in Sachsen-Anhalt überhaupt vor Augen bzw. bekannt. Das ist auch sehr verständlich; denn Frauenschutzhäuser arbeiten im Verborgenen. Allein die Tatsache, dass Frauenschutzhäuser über 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche und 350 Tagen im Jahr offen sind - im Übrigen haben es die Mitarbeiterinnen auch während der Pandemie überwiegend geschafft, die Frauenschutzhäuser offenzuhalten , erfordert enorm viel Kraft. Das müssen wir hoch anerkennen, zumal wir wissen, wie wenige Mitarbeiterinnen in den Frauenschutzhäusern arbeiten. Deswegen sage auch ich heute selbstverständlich ein ganz herzliches Dankeschön an diese Frauen, die diese Arbeit täglich leisten.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich kann mich daran erinnern - das ist erst ein paar Jahre her , dass ich mit allen Mitarbeiterinnen der Frauenschutzhäuser beim Paritätischen zusammensaß. Sie haben sich, als die Bundesmittel für Investitionen in Frauenschutzhäuser kamen, - übrigens danke für das heutige Votum aus der Koalition; daran besteht dringender Bedarf in den Frauenschutzhäusern gefragt: Was würden wir denn eigentlich mit diesem Geld, wenn wir es wirklich frei zur Verfügung hätten, machen? - Der erste Wunsch waren Hauswirtschafterinnen. Ich wusste damals selbst nicht, dass es in den Frauenschutzhäusern keine Fachkraft für die Reinigung gibt. Man möge sich vorstellen: Wir werden heute gegen 22:30 Uhr fertig sein und dann verteilen wir hier die Reinigungsarbeit im Plenarsaal.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der AfD - Unruhe)
Das ist völlig absurd und völlig unverständlich. Ich sage das auch vor dem Hintergrund - das ist eine richtige Entscheidung gewesen ,
(Zurufe von der AfD)
dass die Frauenschutzhaus-Finanzierungsrichtlinie vorsieht,
(Unruhe bei der AfD)
dass selbstverständlich eine hohe Fachlichkeit
(Unruhe bei der AfD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Meine Damen und Herren!
Eva von Angern (DIE LINKE):
Ich schaffe das, Frau Präsidentin.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau von Angern, ich glaube,
(Marco Tullner, CDU: Ruhe!)
man muss hier etwas
(Marco Tullner, CDU: Ruhe!)
mehr Ruhe im Saal haben, damit man Sie überhaupt verstehen kann.
Eva von Angern (DIE LINKE):
Ich möchte auch auf Folgendes hinweisen: In der Frauenhaus-Finanzierungsrichtlinie ist die Voraussetzung für den Erhalt des Geldes eine hohe Fachlichkeit bei den Mitarbeiterinnen. Wir reden hierbei über Hochschulabschlüsse. Wir reden also über Hochschulabsolventinnen, die - das steht nicht in ihren Stellenbeschreibungen, sie tun es dennoch - sich regelmäßig um die Gemeinschaftsräume kümmern. Darüber reden wir. Wir reden über die Gemeinschaftsräume und nicht über die individuell genutzten Räume der Frauen und der Kinder.
(Daniel Rausch, AfD: Die können sie doch selbst putzen! Das kann doch wohl nicht wahr sein! - Kathrin Tarricone, FDP: Haben Sie irgendwas nicht verstanden? Es geht um die Gemeinschaftsräume! - Daniel Rausch, AfD: Na und? Die können doch die Küche und das Klo putzen! - Unruhe)
Und, meine Damen und Herren, Sie haben jetzt leider nichts dazu gesagt,
(Unruhe bei der AfD)
aber wir haben einen Änderungsantrag gestellt. Ich hoffe, dass Sie sich erweichen können, auch diesem zuzustimmen. Selbstverständlich denkt man bei dem Begriff Frauenschutzhäuser nicht sofort an die Interventionsstellen. Aber die Interventionsstellen arbeiten wahrscheinlich noch stärker im Verborgenen. Sie sind hier im Zusammenhang mit dem Femizid in Bad Lauchstädt am 8. März dieses Jahres thematisiert worden.
Es ist gerade diese Interventionsstelle in Halle, die nicht nur für Halle, sondern für den Saalekreis, für den Burgenlandkreis und für den Landkreis Mansfeld-Südharz mit zwei Frauen arbeitet. Sie hat im Monat nicht nur 80 Fälle, sondern bis zu 130. Sie schaffen es derzeit nicht, zeitnah aufsuchende Beratungsmöglichkeiten anzubieten. Sie beraten in dem betroffenen Landkreis, im Saalekreis, per Telefon. Auch eine telefonische Beratung ist bei diesem Thema unendlich schwierig; denn dazu gehört natürlich auch Vertrauen, dazu gehört auch die Frage, wohin die Frauen danach gehen - ins Frauenschutzhaus, in die Frauenberatungsstelle, zum Anwalt etc. Das müssen die gerade telefonisch machen.
Ich bitte Sie wirklich herzlich: Denken Sie darüber nach, geben Sie sich einen Ruck. Es funktioniert so nicht. Wir alle können froh sein, dass diese Fälle inzwischen ins Hellfeld; denn das sind keine neuen Fälle. Das sind keine Fälle, die auf einmal wachsen, nach dem Motto: Nachahmungstäter. Die waren vorher schon da. Und diese Frauen brauchen nicht nur Schutz, sie brauchen vorher auch Beratung dazu, wie man ihnen helfen kann.
Deswegen bitte ich Sie, herzlich darüber nachzudenken, wie Sie auch dieses Thema aufgreifen können und wie Sie auch dort mehr Personal und mehr sächliche Mittel zur Verfügung stellen können. - Ich danke Ihnen überwiegend für Ihr Zuhören.
(Zustimmung bei der LINKEN)