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Plenarsitzung

Transkript

Guido Kosmehl (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mich hat es nicht verwundert, dass die CDU-Landtagsfraktion eine Aktuelle Debatte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk beantragt hat. Das Thema mit dem Indexmodell hat mich ein bisschen überrascht, weil damit eigentlich ein totes Pferd geritten wird. Denn die Stimmungslage bzw. die Nachrichtenlage waren eigentlich so - Staatsminister Robra hat es noch einmal deutlich gesagt  , dass das Thema vom Tisch ist. Aber wir können das Thema natürlich gern als Ankerpunkt heranziehen, um über die Frage zu diskutieren, wie wir denn jetzt zu einem auskömmlich und angemessenen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommen.

Ich werde auf verschiedene Punkte zu sprechen kommen, aber ein roter Faden, den ich mir ausgedacht habe, wird die Frage der Stellung des Abgeordneten sein. Kollege Hövelmann hat darauf hingewiesen, dass das System der Staatsverträge und der Ratifizierung im Landtag darauf angelegt ist, dass der Landtag keinen Einfluss auf inhaltliche Beratungen hat. Das bedauern wir natürlich von Zeit zu Zeit. Deshalb haben wir uns in der Enquete-Kommission am Anfang auch sehr intensiv mit dem verfassungsrechtlichen Rahmen auseinandergesetzt. Ich habe jeden angehörten Verfassungsrechtler gefragt, ob er ein anderes Modell kennt, zu dem man übergehen kann, um die Mitsprache des eigentlichen Rundfunkgesetzgebers, nämlich des Landtages zu stärken. Wir sind überwiegend zu dem Schluss gekommen: Es gibt kein anderes System. Also müssen wir mit dem jetzigen System arbeiten. Wir werden uns     Herr Robra hat die Tür aufgemacht: Nach der Reform ist vor der Reform. Ich gehe davon aus, dass er die Erkenntnisse der Enquete-Kommission in zukünftige Gespräche einbringt. 

Aber wie ist die Situation jetzt? - Die Ministerpräsidenten haben einen Reformstaatsvertrag beschlossen. Im Prinzip geht es um vier Staatsverträge: den Medienstaatsvertrag, den ARD-Staatsvertrag, den ZDF-Staatsvertrag und den Deutschlandradio-Staatsvertrag. Der Reformstaatsvertrag wird uns vorgelegt. Wir können dazu Stellung nehmen. Je nachdem, wie die Stellungnahme ausfällt, wird der Ministerpräsident den Reformstaatsvertrag bzw. die Staatsverträge unterschreiben. Danach bekommen wir es zur Ratifizierung vorgelegt. 

Stellungnahmen aufnehmen, der Ministerpräsident folgt der Mehrheit des Landtages und trägt das noch einmal vor. Wenn aber alle anderen nicht mitmachen, dann gibt es zwei Varianten. Entweder wir unterschreiben trotzdem oder aber die Staatsverträge bzw. der Reformstaatsvertrag kommen nicht. Die Frage wird sein, ob wir an der Stelle noch einmal einige Punkte inhaltlich aufmachen können, die uns in Bezug auf den Reformstaatsvertrag wichtig sind. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, darin sind einige Dinge enthalten, über die wir reden müssen. 

Kollege Kurze hat nicht nur heute, sondern schon in der Vergangenheit immer wieder sehr detailliert zu der Anzahl der Fernseh- und Hörfunkprogramme Stellung genommen. Jetzt kommen wir einmal zum Detail; denn gerade beim Hörfunk wird es eine spannende Frage geben. Vorgeschlagen sind vier Hörfunkprogramme je Landesrundfunkanstalt und ein weiteres Hörfunkprogramm je sechs Millionen Einwohner. Jetzt lautet die spannende Frage - diese ist im Text nicht geregelt worden  : Gelten die Einserwellen, also MDR Sachsen-Anhalt, MDR Thüringen und MDR Sachsen bereits als ein Hörfunkprogramm? Dann hätten wir noch zwei weitere. Nehmen wir dann Kultur, Info, Jump oder Sputnik? Was tun wir denn dann? Die Nutzung ist doch vorhanden. Natürlich sind private Hörfunkanbieter bei uns auch stärker im Markt. Das stellt man überhaupt nicht infrage. Aber es gibt doch einen Nutzerkreis. Gerade MDR aktuell - das ehemalige MDR Info - ist doch wichtig, um Nachrichten zu transportieren. Auch MDR Kultur hat seine Berechtigung, genauso wie Jump als Angebot für Jüngere. Das wird eine spannende Frage sein. Diesbezüglich ist der Text nicht genau. In den Anmerkungen steht, der MDR könne mit sieben rechnen. Das würde dafür sprechen, dass wir alle Einserwellen behalten können. Aber diesbezüglich ist der Text nicht genau. Es kommt wieder darauf an, wie wir es auslegen. 

Ich bin dankbar, dass einzelne Vertreter in der Rundfunkkommission dem Versuch nicht erlegen sind, Deutschlandradio, Deutschlandfunk abzuschaffen oder in das ZDF zu integrieren. Ich habe das an mehreren Stellen gesagt: Ich brauche kein Mainzelmännchen im Radio. Das ZDF ist ein Fernsehprogramm und Deutschlandradio bzw. Deutschlandfunk ist ein Hörfunkprogramm. 

(Zustimmung von Stefan Gebhardt, Die Linke)

Das bleibt bestehen. Das ist gut. 

Andererseits hat man versucht, der ARD jetzt irgendwelche Gremien aufzudrücken, weil man die Gremienarbeit verschlanken wollte. Dabei ist z. B. der ARD-Programmbeirat geschliffen worden, weil - das ist jetzt meine Interpretation, Herr Robra - zu viele Mitglieder der Rundfunkkommission im ZDF-Fernsehrat sitzen 

(Stefan Gebhardt, Die Linke, lacht)

und keine Idee haben, 

(Stefan Gebhardt, Die Linke: Keine Ahnung haben!)

wie die ARD und die Aufsicht in der ARD funktionieren. Es einem Vorsitzland zu geben, das dann quasi alle Programmbeschwerden und alles Weitere organisieren muss, heißt, dass wir uns von der föderalen Struktur der ARD verabschieden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das kann doch nicht Sinn und Zweck der Sache sein. 

(Beifall bei der FDP und bei der Linken - Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotzdem - obgleich meiner kritischen Bemerkungen - sind es erste Reformschritte, die wir brauchen, wenn wir den Anstieg des Rundfunkbeitrages dämpfen wollen und dafür Sorge tragen wollen, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Verfügung haben, der seinem Auftrag folgt und diesen erfüllt. 

Die Frage ist jetzt: Was tun wir Abgeordnete? Ich habe es schon beschrieben: Wir können nur zustimmen oder uns jedenfalls bei der Ratifizierung zu Wort melden. An der Stelle will ich sehr persönlich sagen: Die Ansicht von vielen Personen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk - beim ZDF, aber auch in den ARD-Anstalten  , dass es einen Zwang für die Landtage gibt zuzustimmen, vertrete ich nicht. Ich habe als Abgeordneter ein freies Mandat. Ich kann einer Vorlage zustimmen oder diese ablehnen. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Es gibt keinen Automatismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Landtage Staatsverträgen zustimmen müssen. Richtig ist - darauf hat der Kollege Gebhardt hingewiesen  : Die Staatsverträge müssen natürlich irgendwann im Landtag ankommen, damit wir auch die Möglichkeit haben, darüber zu befinden. Aber wie gesagt: Einen Automatismus, dass der Landtag einer KEF-Empfehlung folgen und zustimmen muss, gibt es nicht. Ich frage mich immer: Wer denn? - Die Landtagsmehrheit, die die Regierung stellt? Gibt es die Pflicht für die Opposition nicht? Muss die Opposition auch zustimmen oder kann sie sich einen schlanken Fuß machen? Das sind doch die Fragen, die wir irgendwann einmal klären müssen.

Herr Kollege Hövelmann - deshalb habe ich vorhin einen Zwischenruf getätigt; ich habe schon mehrfach versucht, das Thema mit Ihnen zu erörtern  : Das Bundesverfassungsgericht hat nichts zu der Frage des freien Mandates und zu der Frage gesagt, ob der Landtag und der Abgeordnete zustimmen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat jedenfalls gesagt, dass es so, wie es das Land Sachsen-Anhalt - also die Regierung, die den Vorschlag unterbreiten muss - macht, jedenfalls nicht geht. Denn wir sind in einer Verantwortungsgemeinschaft mit anderen Ländern und können nicht einzeln ausscheren.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf zwei kleine Punkte eingehen. Ich finde, die Verfassungsbeschwerde kommt tatsächlich zu einer Unzeit. Ich habe in meiner Funktion als Mitglied des MDR-Rundfunkrates in den Gremien darauf hingewiesen, dass ich den Zeitpunkt für verfrüht halte, jetzt zu klagen, weil nirgendwo - n i r g e n d w o - in einem Staatsvertrag verankert ist und auch nicht im Grundgesetz verankert ist, dass eine KEF-Empfehlung binnen einer bestimmten Frist umzusetzen ist. Vielmehr ist das System sehr klar formuliert. Natürlich besteht auch nach dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit der Länder, die KEF-Empfehlung zu hinterfragen und ggf. anders umzusetzen, als es die KEF vielleicht angedacht hat. In dem Verfahren sind wir jetzt. Das müssen wir jetzt zu Ende führen. 

Wir werden uns auch damit auseinandersetzen müssen, wie wir die Beitragsfestsetzungsverfahren zukünftig gestalten. Deshalb sage ich: Die Klagen kommen zu früh. Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht keine voreiligen Entscheidungen treffen wird. Aber das Gericht, das höchste deutsche Gericht, ist natürlich frei in seiner Ansicht.

Ich hätte gern, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch auf Herrn Siegmund reagiert, aber er ist leider nicht mehr im Saal und folgt der Debatte nicht mehr.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Gott sei Dank!)

Ich will es trotzdem für das Protokoll festhalten. In seiner Rede waren wieder einige Nebelkerzen dabei. Aber vor allen Dingen war auch eine Unwahrheit enthalten. Diese werden wir alle im Protokoll nachlesen können. Die CDU-Fraktion bzw. die Koalitionsfraktionen hätten beim letzten Mal nichts anderes tun können. Der Vorwurf, sie hätten im Bundesrat dagegen     Wie ein Reformstaatsvertrag zum Bundesrat kommt, weiß ich noch nicht.

(Stefan Gebhardt, Die Linke, lacht)

Der Vorwurf ging völlig fehl. In dem Fall muss ich Ihnen sagen: Sie haben sich wieder einmal nicht mit der Sache auseinandergesetzt. Dass Sie für das Thema Fake News sensibilisiert sind, wissen wir. Denn Sie selbst verbreiten davon genügend. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung bei der Linken)