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Plenarsitzung

Transkript

Gordon Köhler (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ein Video aus Schleswig-Holstein geht derzeit in den sozialen Medien viral. Es geht um einen zwölfjährigen Weißen, der von gleichaltrigen türkischen Mitschülern quasi abgepasst wird. Er wird gewürgt, er wird geschlagen, er wird bespuckt und er muss vor seinen Peinigern knien. Das Ganze wird gefilmt. Er wird dadurch ein weiteres Mal verhöhnt. Das geht, wie gesagt, durch die sozialen Netzwerke.

Der bayerische Innenminister Herr Herrmann verdeutlichte das Problem, als er gestern die Kriminalitätsstatistik für Bayern vorstellte. Er bestätige den bundesweiten Trend, und zwar, dass nichtdeutsche Täter Kriminalitätstreiber sind. Auch die „Volksstimme“ kam in der gestrigen Ausgabe zu dem Ergebnis, dass immer mehr Straftaten im Umfeld von Schulen begangen werden und dass diese Straftaten mehrheitlich migrantisch geprägt sind.

Meine Frage an die Landesregierung lautet: Wie gedenkt man, den Angstraum Schule wieder in einen sicheren Ort zu verwandeln? Und wie gedenkt man, die Schulwege sicherer zu machen, und dafür zu sorgen, dass Gewalt in unseren Schulen und in deren Umfeld eingedämmt wird? - Danke.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Zieschang, bitte.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herr Abgeordneter, wir müssen gar nicht nach Schleswig-Holstein oder nach Bayern schauen. Wir haben hier im Land die Polizeiliche Kriminalstatistik vorgestellt. Der Vorstellung haben wir entnommen, dass wir uns bei der Aufbereitung der Zahlen für das Jahr 2023 auch mit dem Themenkomplex Jugendkriminalität sehr intensiv beschäftigt haben.

Wir müssen konstatieren, dass im Bereich der Jugendkriminalität die Zahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist, und zwar insgesamt um 9,6 %. Wenn Sie sich an die damalige Diskussion über die Polizeiliche Kriminalstatistik erinnern, dann wissen Sie, dass wir damals einen deutlichen Anstieg der Zahl der Jugendgewaltstraftaten konstatiert hatten. Die Fallzahl ist jetzt fast gleichgeblieben. Aber wenn wir die Straftaten insgesamt in den Blick nehmen, dann sehen wir, dass die Zahl der Straftaten von Jugendlichen und von Heranwachsenden im Alter zwischen 14 und 21 Jahren auch bei uns im Jahr 2023 zugenommen hat.

Wir haben zudem - auch das treibt mich sehr stark um - einen besonderen Fokus auf Straftaten von Kindern; deren Straftaten erfassen wir in der Statistik, obwohl sie noch nicht strafmündig sind. Wir müssen sagen, dass wir bei den Kindern eine deutliche Zunahme der Zahl der Straftaten feststellen mussten, nämlich einen Anstieg um 19,8 %.

Das ist jetzt erst einmal die Situationsbeschreibung, die uns als Gesellschaft Sorge bereiten muss. Das gilt insbesondere für den Anstieg bei der Kinderkriminalität; denn es geht darum, die Kinder gar nicht erst dahin zu führen, dass sie kriminelle Karrieren beginnen. 

Es ist immer eine gesellschaftliche Aufgabe vieler Akteure, Jugendkriminalität zu begegnen. Es gibt die repressiven Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden, sprich von Polizei und Justiz. Diese werden auch in Sachsen-Anhalt genutzt. Aber es geht natürlich darum, die Ursachen von Jugendkriminalität zu bekämpfen. Dafür müssen wir häufig ganz andere Parameter mit in den Blick nehmen. Wenn es um Kinder- und Jugendkriminalität geht, dann sind Schulen gefragt. In allererster Linie sind natürlich Elternhäuser gefragt. Das gesamte gesellschaftliche Umfeld ist gefragt. 

Sie fragten: Was tun wir in Sachsen-Anhalt? - Wir hatten das Thema Jugendkriminalität im Jahr 2022 und auch im Laufe des Jahres 2023 insbesondere in der Stadt Halle (Saale) präsent, dort sehr stark auch im Umfeld von Schulen. Als wir die Zahlen näher betrachteten, zeigte sich auch dort, was für Jugendkriminalität sehr, sehr häufig gilt: Man kennt sich irgendwie. Es gibt immer ein gewisses Näheverhältnis, nicht unbedingt der Art, dass man sich gut kennt, aber es gibt aus der Schule, aus der Nachbarschule eben doch gewisse Kennverhältnisse. 

Deswegen haben wir damals für Halle einen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Dieser war vonseiten der Landesregierung ganz bewusst von vornherein ressortübergreifend angelegt worden. Nicht nur Justiz und Inneres, die das Thema der Jugendkriminalität schon lange - bereits seit dem Jahr 2022 - sehr eng auch mit dem Ordnungsamt in Halle begleiten, waren eingebunden. Im Jahr 2023 sind viele andere mit an Bord gewesen. Dazu zählen sowohl das Bildungsministerium als auch das Sozial- und Integrationsministerium. Gleiches galt natürlich spiegelbildlich für die unterschiedlichen Dezernate und Beigeordnetenzuständigkeiten in der Stadt Halle. 

Ich glaube, das, was wir beschrieben haben, ist genau richtig: Wir können uns nicht darauf ausruhen, dass wir das Problem Jugendkriminalität über Polizei und Justiz lösen. Wir müssen die Schulen mit an Bord nehmen. Wir müssen schauen, welche Angebote es in der Stadt für Jugendliche gibt, wie die Situation bei Streetworkern und Sozialarbeitern ist und wie man die Eltern mehr in die Verantwortung nimmt. Dabei war das Thema Fallkonferenzen sehr wichtig. Das gilt gerade auch bei Kindern, bei denen wir Taten wegen fehlender Strafmündigkeit wie gesagt sowieso nicht strafrechtlich weiterverfolgen können. 

Mein Beispiel war immer: Wer in der Schule häufig abwesend ist, dem muss man sehr, sehr früh ein Stoppschild dahin gehend zeigen, dass man sich in Deutschland an Recht und Ordnung zu halten hat. Dazu gehört eben auch die Schulpflicht und deswegen hat man zu erscheinen. Dafür muss man im nächsten Schritt auch die Eltern mit an Bord nehmen, damit sie das Thema jeweils mit angehen. 

Was will ich damit also sagen? - Wir haben das Thema Jugendkriminalität nicht erst jetzt auf dem Schirm, weil wir die Zahlen präsentiert haben. Vielmehr haben wir das im Laufe des Jahres 2023 gesehen. Ich habe an unterschiedlichen Stellen berichtet, dass wir beobachten, dass die Zunahme der Jugendkriminalität, aber zum Teil auch der Kinderkriminalität ein bundesweiter Trend ist. Deswegen haben wir uns auch auf der Innenministerkonferenz damit beschäftigt - dies auch mit der gemeinsamen Zielstellung, noch stärker in die Analyse zu gehen. 

Letzte Bemerkung dazu, auch wenn wir über das gesamte Thema der Jugendkriminalität im Laufe der Landtagssitzung noch weiter debattieren werde. Ich bin sehr froh, dass man sich angestoßen durch die Polizeiinspektion Halle - diese leistet, wie ich finde, durch Regionalbereichsbeamtinnen und -beamte, aber auch durch viele junge Kolleginnen und Kollegen in der Landespolizei im Bereich der Bekämpfung der Jugendkriminalität wirklich spitzenmäßige Präventionsarbeit an den Schulen - neben der sehr, sehr guten präventiven Arbeit auch entschieden hat, eine Umfrage unter Schülern zu initiieren. Bis Ende dieses Monats werden, glaube ich, letztlich 2 000 Schülerinnen und Schüler in Halle befragt werden, um das subjektive Sicherheitsempfinden stärker losgelöst von der Statistik, die uns vorliegt, in Erfahrung zu bringen, um damit vielleicht auch noch ein bestehendes Dunkelfeld zu erhellen. Auch das werden wir dann der Befragung entnehmen.

Ich habe mich sehr gefreut, dass die Martin-Luther-Universität gesagt hat: Das ist auch für uns interessant. Denn am Ende geht es um gesellschaftspolitische und soziologische Entwicklungen. Wenn man die Ursachenbekämpfung angeht, dann muss man die Gesellschaft mit in den Blick nehmen. Deswegen begleitet die MLU das. Wenn ich es richtig weiß, dann gab es gestern sogar eine große gemeinsame Veranstaltung von MLU und Landespolizei oder Polizeiinspektion Halle, um diese Themen gemeinsam weiter aufzubereiten.