Guido Henke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Wir erleben seit Jahren eine Geschichte mit mehreren Fortsetzungen. Erster Teil: Vor mehr als zehn Jahren begann die Werbung für den Einsatz von Gigalinern, mehr als 25 m lang und bis zu 60 t schwer. Gigaliner konnten nicht durchgesetzt werden; es blieben Lang-Lkws, knapp 18 m lang und mit einem Gesamtgewicht von 40 t. Nach dem Willen der Koalition sollen diese nun im Feldversuch als 44-Tonner unterwegs sein können. Zu unterstellen ist: Irgendwann wird man zu den Forderungen nach 60 t-Gigalinern zurückkehren.
Zweiter Teil: In der vergangenen Wahlperiode ging es um die Zulassung von Euro-Trailern. Damals gab es noch keine Mehrheit für Gigaliner hier im Hause. Unsere Fraktion sprach sich hier im Plenum vor sieben Jahren gegen diese Entscheidung zugunsten der Erweiterung des Lkw-Verkehrs aus und warb stattdessen für den Ausbau des Schienennetzes in der Fläche und für mehr Betriebsanschlussstellen. Bei dieser Haltung bleibt DIE LINKE.
(Zuruf)
Dritter Teil: Die FDP argumentiert seit November erneut für Lang-Lkws, weil jene nur ein Gesamtgewicht von 40 t hätten. Sie feiert die Verlängerung der siebenjährigen Befristung der Zehnten Änderungsverordnung durch Bundesverkehrsminister Dr. Wissing.
Bereits im Vorjahr meldete Landesministerin Dr. Hüskens geeignete Strecken in Sachsen-Anhalt für das bundesweite Positivnetz. Der heute zu beratende Antrag soll gewiss der Umsetzung dieses Ziels dienen. Für Vor- und Nachläufe im kombinierten Verkehr sind schon heute 44-Tonner im normalen Straßenverkehr zulässig. Das soll nach dem Willen der Antragsteller ausgeweitet werden, begründet mit der Behauptung, es würden im 44-Tonner mehr Güter auf weniger Fahrten befördert werden können.
Geehrte Damen und Herren! Hier rechnet sich die einbringende Koalition die Welt schön. Denn die zu transportierenden Warenmengen im kombinierten Verkehr passen sich nicht den vorhandenen Transportkapazitäten an, sondern umgekehrt, der Transporter wird passend zu den Gütern ausgewählt. Es bleibt also ein Märchen; denn das hieße, bis zum Ziel, also bis zum Endkunden, würden nur volle Lkw geordert und die Verteilungssorgen wären um ein Drittel geringer.
Der Fahrermangel wird dadurch auch nicht verringert. Ich wiederhole meine an dieser Stelle vorgebrachte Kritik vom letzten Monat zu den schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche. Bei der Mauterweiterung ging es nicht um eine Sozialmaut oder um eine Erweiterung kostenfreier Park- und Raststätten. Das könnte helfen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Emissionen zu senken, da Parkplatzsuchfahrten entfallen und gleichzeitig Schäden an kommunaler Infrastruktur in Randlage der Autobahn durch wildes Parken minimiert werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Tatsächlich führt der vorliegende Antrag zu mehr Verkehr, zu größeren und schwereren Lkw zulasten der Straßen- und Brückenbauwerke. Von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses unseres Landtages, meiner Fraktionskollegin Monika Hohmann, erfuhr ich, dass allein in den letzten zweieinhalb Jahren 29 Petitionen von Menschen und Bürgerinitiativen im Landtag wegen Gefährdungen, Lärm, Fahrbahnbeschädigungen und Belastungen in den Ortslagen und an Fernstraßen durch den Lkw-Verkehr eingegangen sind. Dort wird sich niemand über 44- oder 60-Tonner freuen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vierter Teil. Wozu werden die im Antrag geforderten Feldversuche benötigt? Auf der Bundesebene gab es doch schon einen mehrjährigen Feldversuch. Die Ausführungen der Ministerin machen mir etwas Angst. Ich denke, wir werden keinen Feldversuch auswerten, sondern wir werden am Ende lediglich eine Schadensaufnahme machen müssen. Wie gleichen wir das wieder aus?
Das Bundesverkehrsministerium begründete die erwähnte Entfristung der Zehnten Änderungsverordnung zum Lang-Lkw mit seinen Erkenntnissen aus dem Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen nach den dortigen Feldversuchen. Jetzt kommt es: Danach gab es z. B. plötzlich keinen erhöhten Erhaltungsaufwand für die Infrastruktur. Ich weiß nicht, woher die das nehmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich vermisse auch bei diesem Antrag eine haushälterische Vorsorge, einmal für den Feldversuch und einmal für die Schadensbeseitigung.
Fünfter und letzter Teil: DIE LINKE ordnet diesen Antrag in eine sorgfältige Orchestrierung ein. Ihnen geht es um die Förderung der Autobranche, der Lkw-Hersteller. Offen steht in der Begründung: Die Markteinführung von schweren Elektro-Lkw und Brennstoffzellenlastern soll unterstützt werden.
(Zuruf: Ja, mit Markt habt ihr sowieso ein Problem!)
Um die bisherige Nutzlast zu retten - das hörten wir gerade - planen Sie, das Gesamtgewicht der Fahrzeuge zu erhöhen - zugunsten der privaten Hersteller, zulasten der Anwohner und der öffentlichen Straßen und Brücken. Die Fraktion DIE LINKE wird diesen Antrag ablehnen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)