Rüdiger Erben (SPD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Ausstellung europäischer Haftbefehle Frau Ministerin hat es eben erwähnt macht sehr deutlich, wenn die Gefahr besteht, dass die Entscheidung der Staatsanwaltschaft durch das übergeordnete Justizministerium beeinflusst werden könnte, dann darf diese keinen europäischen Haftbefehl erlassen.
Insofern haben wir tatsächlich einen Reformbedarf in Deutschland. Denn, seitdem ist die Zusammenarbeit von deutschen mit anderen europäischen Strafverfolgungsbehörden zwar nicht blockiert, aber sie ist komplizierter geworden.
Kompliziert ist für mich das Stichwort. Es ist, wie sehr häufig bei der AfD, man versucht, einfache Antworten auf komplizierte Fragen zu geben. Das Leben lehrt einen, dass das meistens nicht so funktioniert. Deswegen ist es auch der völlig falsche Weg, wie von der AfD gefordert, die Einzelweisungsbefugnis nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes komplett abzuschaffen.
Das sagen nicht wir, das sagen selbst die betroffenen Generalstaatsanwälte in Deutschland. So eindeutig ist die Meinung in der Justiz tatsächlich nicht. Zwar votiert beispielsweise der Deutsche Richterbund klar für die Abschaffung der sogenannten externen Weisungen.
(Eva von Angern, DIE LINKE: Auch in Sachsen-Anhalt?)
- Doch! - Bei vergangenen Reformanläufen auf Bundesebene zeigten sich deutliche Vorbehalte sowohl in den Staatsanwaltschaften selbst als auch bspw. in der Rechtswissenschaft und bei den Vertretern der Anwaltschaft.
Das Demokratieprinzip unseres Grundgesetzes sieht vor, dass eine lückenlose Legitimationskette zwischen den staatlichen Organen und dem Souveränen, dem Volk, besteht. Das heißt in diesem Fall, dass Staatsanwaltschaften als Teil der Exekutive in ihrem Handeln gegenüber dem Volk verantwortlich sind.
Die Parlamente als Volksvertretungen haben dementsprechend auch eine Kontrollfunktion. Bei jeder Abschaffung der Einzelweisungsbefugnis wären die Staatsanwaltschaften jedoch faktisch eine zweite unabhängige Justiz im Land neben den Richtern. Die Justizminister könnten zwar noch allgemeine Weisungen erteilen, die Strafverfolgung wäre aber von der Kontrolle des Dienstherren und der Parlamente losgelöst. In so einem Fall wäre das Tor für ungerechtfertigte Entscheidungen oder gar Willkür Einzelner aber erst recht geöffnet. Auch deshalb ist der Antrag der AfD-Fraktion abzulehnen.
Die Regierungskoalition sieht jedoch, dass in Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden auf europäischer Ebene durch die Einzelweisungsbefugnis weiterhin schwierig ist. Als Zwischenlösung wird der europäische Haftbefehl aktuell durch Richter ausgestellt. Wir wollen mit unserem Alternativantrag eine Überprüfung erreichen, ob dies in der Praxis weiter verfolgt werden soll oder ob eventuelle Anpassungen der Weisungsvorschriften sinnvoll sind. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)