Monika Hohmann (DIE LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mit einer positiven Nachricht beginnen. Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Vor wenigen Stunden gab es eine Einigung bei den Tarifverhandlungen für Sozial- und Erziehungsdienste. Das ist doch eine gute Nachricht. Den Kolleginnen und Kollegen in den Sozial- und Erziehungsdiensten, die in den vergangenen Tagen und Wochen wirklich engagiert gekämpft und gestreikt haben, ist es zu verdanken, dass es jetzt ein Ergebnis gibt.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Verhandlungsergebnis sieht im Einzelnen vor, dass es für die Beschäftigten zwei Entlastungstage pro Jahr geben wird. Zudem wird es die Option geben, dass Beschäftigte Teile ihres Gehalts in maximal zwei weitere Entlastungstage umwandeln können. Weiterhin sollen Erzieherinnen und Erzieher eine Zulage von 130 € bekommen. Bei Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sind es monatlich 180 € mehr. Hinzu kommen zahlreiche weitere Verbesserungen, die zu einer höheren Eingruppierung führen. Stufenlaufzeiten werden wieder an die allgemeinen Tabellen im öffentlichen Dienst angepasst, sodass schnellere Stufenaufstiege erfolgen und wieder Entwicklungsmöglichkeiten hergestellt werden. Nun bedarf es noch der Zustimmung der Beschäftigten, damit der Tarifvertrag für fünf Jahre gilt.
Sehr geehrte Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen das? - Natürlich hat das Tarifergebnis auch Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt. Wir brauchen mehr Fachkräfte, um diese positiv erkämpften Forderungen der Gewerkschaften auch umsetzen zu können. Um zukünftige Fachkräfte zu unterstützen und die Aufnahme eines Erzieherberufs attraktiv zu gestalten, erhalten Berufsfachschulen und Fachschulen in freier Trägerschaft derzeit auf Antrag eine Förderung zur Erstattung des Schulgeldes. Die Finanzierung erfolgt seit dem 1. August 2019 aus Mitteln des Gute-Kita-Gesetzes und ist zunächst bis zum 31. Juli 2022 befristet. In Sachsen-Anhalt gibt es 14 Berufsfachschulen und Fachschulen in freier Trägerschaft; 13 Schulen erheben Schulgeld.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen, dass dieses Verfahren, welches auch im Schulgesetz verankert ist, zum Ende des Schuljahres ausläuft.
Es gab bereits vor drei Jahren einige werden sich sicherlich daran erinnern , als wir § 18f in das Schulgesetz aufgenommen haben, kritische Stimmen von Anzuhörenden. Der VDP äußerte sich damals wie folgt ich zitiere :
„Der VDP Sachsen-Anhalt fordert deshalb vom Parlament ein Bekenntnis zur dauerhaften Gewährleistung der Schulgeldfreiheit. Sollte sich der Bundesgesetzgeber nicht dazu entschließen, eine entsprechende Verlängerung des ‚Gute-Kita-Gesetzes‘ und dessen finanzielle Untersetzung zu gewährleisten, müsste das Land ab dem Schuljahr 2022/2023 aus eigenen Mitteln die Schulgeldersatzkosten tragen. Gäbe es in Sachsen-Anhalt nicht entsprechende Ausbildungsangebote freier Schulträger, müsste das Land ohnehin die vollständigen Kosten der Ausbildung für alle Schülerinnen [und Schüler] tragen, was zu erheblichen, weit über die Gewährleistung der Schulgeldfreiheit hinausgehenden Mehrkosten führen würde.“
Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege äußerte sich so:
„Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege empfiehlt, unbedingt auf eine niederschwellige, transparente und auskömmliche Förderung der Schulen mit Schulgeldfreiheit hinzuwirken, um für möglichst viele Schülerinnen [und Schüler] in den Jahrgängen 2019 bis 2022 Schulgeldfreiheit zu erreichen.
Weiter ist die Schulgeldfreiheit für die Fachkräftegewinnung von so immenser Bedeutung, dass sie über die Zeit des [Gute-Kita-Gesetzes] gesichert werden muss.“
Ich vermute, meine Damen und Herren, dass die Stellungnahmen, die wir uns jetzt für die beantragte Gesetzänderung einholen werden, genau den gleichen Inhalt haben werden. Daher verstehe ich nicht, warum die Koalition nochmals eine Zeitbegrenzung in ihren Gesetzentwurf aufgenommen hat. Wir jedenfalls lehnen eine erneute Befristung ab, weil wir den Menschen im Land sagen wollen, dass sie hier eine wirklich unbefristete Schulgeldfreiheit haben müssten. Denn es ist ein falsches Signal, wenn wir Schülerinnen und Schülern, die ein Interesse an diesem Beruf haben, wieder nur für ein Jahr Schulgeldfreiheit versprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Heute diskutieren wir über einen Baustein zur Fachkräftegewinnung bei Erzieherinnen und Erziehern. Wir haben bei Weitem noch nicht alles ausgeschöpft. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass wir vor drei Jahren über die duale Berufsausbildung mit einer Ausbildungsvergütung in diesem Hohen Haus und auch in den Ausschüssen geredet haben. Die Landesregierung ich glaube, es stand sogar im Beschluss wollte sich auch im Bund dafür einsetzen, dass es diese duale Berufsausbildung mit einer Ausbildungsvergütung geben sollte. Ich muss heute aber leider feststellen, dass wir davon nichts zu sehen und noch auch nichts zu hören bekommen haben.
Wenn wir es also ernst meinen mit einer Entlastung der Erzieherinnen und Erzieher ich denke dabei auch an die Verbesserung des Personalschlüssels, an die weitere Einbeziehung von Krankheits- und Urlaubstagen oder auch an die Vor- und Nachbereitungszeiten usw. , dann müssen wir den interessierten zukünftigen Fachkräften ein vernünftiges Angebot unterbreiten. Das kann nicht heißen: Bringt erst einmal Geld mit, um eine Ausbildung zu absolvieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Zustimmung bei der LINKEN)