Elrid Pasbrig (SPD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aprilfrostnächte dieses Jahres und deren verheerende Auswirkungen auf unsere Obst- und Weinbaubetriebe stellen uns letztlich vor die Fragen: Wollen wir Obst- und Weinbau in Sachsen-Anhalt oder wollen wir ihn nicht? Was ist, wenn das Schulobst verschwindet, wenn es keine Äpfel mehr vom Süßen See oder keine Weine mehr aus dem Saale-Unstrut-Anbaugebiet gibt und wenn der ohnehin schon geringe Selbstversorgungsgrad an Obst bald nahe Null geht? Das sind leider keine Schauermärchen - nein. Es ist ein reelles Szenario, wenn wir jetzt nicht handeln - jetzt akut und, mindestens genauso wichtig, für die Zukunft präventiv. Wenn wir nicht handeln, dann stehen bald viele der 27 Obstbauern und der 86 landwirtschaftlichen Weinbaubetriebe vor dem Aus. Die Folgen sind dabei weit mehr, als dass nur Obst nicht mehr im Direktverkauf, in den Supermarktregalen oder in den Weinflaschen angeboten werden kann. Nein, der Erhalt des Obst- und Weinbaus in Sachsen-Anhalt ist auch für den Erhalt der Kulturräume und für den Tourismus unerlässlich.
(Zustimmung bei der SPD, bei der Linken, bei der FDP, bei den GRÜNEN, und von Sandra Hietel-Heuer, CDU)
Die Nachtfröste im April stellen unsere Obstbauern und Winzer vor existenzbedrohende Probleme. Von bis zu 100 % Ernteausfall ist die Rede. Über die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs sind wir uns hoffentlich alle einig. Es stellen sich drei wesentliche Fragenkomplexe:
Erstens. Können wir aktuelle Schäden zumindest teilweise ausgleichen, damit die Obstbauern laufende Kosten decken und ihren Betrieb bis zur nächsten Ernte weiterführen können?
Zweitens. Wie können wir die Betriebe bei der Versicherung vor solchen Schäden unterstützen? Wie machen wir teure Versicherungsbeiträge gerade jetzt, wo ohnehin Einnahmen wegbrechen, für die Obstbauern erschwinglich? Und: Muss eine solche Versicherung in Zukunft zum Standard statt zur Option werden?
Drittens. Wie können die Obstbauern ihre Früchte zukünftig besser vor Frostschäden schützen und welche Rolle kann dabei unsere Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau spielen?
Den Obstbauern sei an dieser Stelle versichert, dass wir ihre Existenzängste ernst nehmen und dass wir mit Hochdruck an Möglichkeiten zur Unterstützung arbeiten.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Wie kann das konkret aussehen? - Zur Deckung der Schäden und der laufenden Kosten - denn die Pflege der Bäume bzw. der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gehen ja weiter - können Kredite, bei denen die Zinslast über den Landeshaushalt gedeckt wird, eine Möglichkeit sein. Eine Ad-hoc-Unterstützung ist aber nur sinnvoll, wenn diese auch durch zukünftige Einnahmen abbezahlt werden kann. Wir müssen auch bei dieser Art Schäden darüber diskutieren, wie sich die Betriebe besser davor schützen und besser dagegen versichern können.
Bei diesen Versicherungen sollte geprüft werden, inwiefern das Land einen Teil der Kosten übernehmen kann. Während es im Weinbau bereits eine EU-Förderung für die Absicherung von witterungsbedingten Risiken gibt, besteht eine solche Förderung im Obstbau noch nicht. Die Betriebe rechnen bereits schon jetzt, wie sie - trotz der ausfallenden Erlöse - ihre laufenden Kosten decken können. Eine teure Versicherung ist dann eine zusätzliche Belastung. Klar ist aber: Durch sich verändernde Vegetationsphasen kann es wiederholt zu diesen frühen Blüten kommen. Das macht den Obst- und Weinbau auch in Zukunft verwundbar. Sich davor zu schützen und zu versichern, wird unerlässlich sein. Hierbei muss geprüft werden - ich sagte es bereits , ob das Land unterstützen kann.
Bleibt zuletzt noch die Frage nach Schutz- und Präventionsmaßnahmen. Neben den bekannten Maßnahmen wie Frostschutzberegnung, Frostschutzkerzen oder Feuer, die uns aus den Bildern der besagten Frostnacht noch vor Augen sind, müssen wir über die bessere Einbindung unserer Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau sprechen. Es gilt also, die dortige Abteilung Obstbau zum einen schwerpunktmäßig auf die Erforschung solcher Schutzmaßnahmen anzusetzen und zum anderen finanziell so auszustatten, dass sie dieser wichtigen Aufgabe nachkommen kann.
Im MDR wurde von heimischen Obstbauern die provokante Frage gestellt: Will man Obstbau in Ostdeutschland behalten - ja oder nein? Für Sachsen-Anhalt kann ich eine Antwort auf diese Frage geben: Ja, wir wollen und wir brauchen den Obstbau in Sachsen-Anhalt.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Lassen Sie uns gemeinsam im Ausschuss eine Lösung erarbeiten, die diesem Bekenntnis auch Taten folgen lässt. Ich bitte um Zustimmung zur Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Vielen Dank.