Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich ist es im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie eine der Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, zu entscheiden, wie mit dem anhaltenden Flächenbedarf und dem bereits hohen Versiegelungsgrad umgegangen werden soll.
Auch in Sachsen-Anhalt diskutieren wir darüber, wofür wir unsere Flächen in Zukunft nutzen wollen. Aber, Frau Lüddemann, zur Einordnung Ihres Antrages muss ich auf zwei Punkte hinweisen:
Erstens. Die Nachhaltigkeitsstrategie, auf die sie hier rekurrieren, umfasst eine Vielzahl von Zielen. Der Flächenverbrauch ist eines davon. Die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie sind nicht immer alle gleichzeitig und auch nicht widerspruchsfrei zu realisieren.
Wir nehmen aktuell wahr - ich glaube, die meisten von uns im Raum finden das gut , dass Sachsen-Anhalt immer attraktiver wird, etwa für Unternehmensansiedlungen. Farasis, Daimler, Florida Eis - ich finde, das ist eine besonders schöne Ansiedlung , aber auch Intel sind nur einige Beispiele.
Wir nehmen wahr, dass dies zu mehr Nachfrage etwa im Wohnungsbau führt. Wir nehmen wahr, dass aktuell beinahe jeder Bürgermeister einen Radweg bauen will. Das ist sicherlich eine Investition, die Sie sofort unterstützen werden. Wir nehmen wahr, dass auch PV-Anlagen versiegeln. Wir nehmen wahr, dass für Windkraftanlagen entsprechende Flächen benötigt werden.
Wir, meine Damen und Herren, wollen die Wirtschaftskraft in unserem Land weiter verbessern. Wir wollen gut bezahlte Arbeitsplätze für die Menschen im Land schaffen. Wir wollen Mobilität sichern und wir wollen Energiesicherheit garantieren. All das sind ebenso wichtige Ziele wie etwa der Bodenschutz. Wir nehmen deshalb alle Ziele ernst. Wir nehmen sie verantwortungsvoll an und wir werden dabei den Zielwert des Flächenverbrauchs fest im Auge behalten.
Zweitens. Die zusätzliche Flächennutzung für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Sachsen-Anhalt liegt seit vielen Jahren bei etwa 1 ha pro Tag, wobei Grünanlagen einbezogen sind. Wir sprechen also nicht über versiegelte Flächen, sondern über zusätzliche Siedlungs- und Verkehrsflächen insgesamt.
Sachsen-Anhalt hat, wenn man das mit Deutschland insgesamt vergleicht, wenig versiegelte Flächen und wenig Siedlungs- und Verkehrsflächen. Wenn man in das Bundesland Baden-Württemberg schaut - Sie nannten gerade Darmstadt , dann stellt man fest, dass der der Siedlungsgrad dort ganz anders ist. Dort sind die Flächen deutlich stärker versiegelt und es besteht eine größere Handlungsnotwendigkeit.
Da wir in Deutschland insgesamt schauen, wie wir mit dem Thema umgehen, würde ich es fair finden, wenn in den Bundesländern, die in der Vergangenheit einen deutlich höheren Flächenverbrauch hatten, jetzt eine deutlich höhere Verantwortung gesehen wird, mit der Aufgabe umzugehen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU)
Wir stehen zu unserer Verantwortung, aber ich werde mit Interesse beobachten, wie etwa Länder wie Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen - übrigens sind das Länder, in denen die GRÜNEN an der Regierung beteiligt sind - mit ihrer Verantwortung umgehen.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Dr. Hüskens, Sie haben die Uhr im Blick.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Frau Präsidentin, ich habe die Uhr immer im Blick, weiß aber auch um meine Rechte.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Trotzdem ist es gut, wenn man einen Hinweis bekommt.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ich danke Ihnen für den Hinweis. - Eine andere Herausforderung sehe ich in der Nachnutzung bereits versiegelter Flächen. Ich mache es jetzt ganz kurz: Das MID hat bereits gemeinsam mit den Kammern, mit den landeseigenen Gesellschaften und der Wissenschaft begonnen, eine praxistaugliche Möglichkeit zu suchen, wie entsprechende Flächen reduziert werden können.
Wir haben mit dem amtlichen Raumordnungsinformationssystem ein Instrument entwickelt, das zur Überwachung der Entwicklung aller relevanten Parameter zur Verfügung steht. Und wir haben auf der Grundlage des Landesentwicklungsgesetzes ein Potenzialflächenkataster entwickelt, das noch in diesem Jahr - das haben Sie richtig festgestellt - zur Verfügung stehen soll. Das heißt, wir haben uns bereits auf der Basis von Luftbildern auf den Weg gemacht, um ein entsprechendes Kataster zur Verfügung zu stellen.
Um dem Wunsch der Präsidentin nachzukommen, schlage ich vor, alles Weitere - der Antrag soll an die Ausschüsse überwiesen werden - in den Ausschüssen intensiv vorzustellen.
Ich sage abschließend: Wir als Ministerium sind durchaus stolz auf das, was wir in diesem Bereich entwickelt haben; denn es ist deutschlandweit vorweg. So etwas gibt es in vielen anderen Bundesländern noch nicht. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle ein gutes Instrument finden. - In diesem Sinne danke ich Ihnen.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Es gibt eine Frage, aber ich stelle schon jetzt fest, dass Sie die Redezeit um eine Minute und 50 Sekunden überzogen haben. Damit steht jeder Fraktion in diesem Haus eine entsprechend verlängerte Redezeit zu.
Jetzt kann Frau Lüddemann ihre Frage stellen.
Cornelia Lüddemann (GRÜNE):
Alle haben Glück. Eine Frage ist schon beantwortet worden. Ich befinde mich jetzt in der Erwartung - wenn das falsch ist, können Sie mich in Ihrer Antwort korrigieren , dass dieses Potenzialkataster in diesem Jahr kommen wird. Ich erwarte, dass sich darin die Ziele, die ich beschrieben habe Sie haben in Ihrem Redebeitrag sehr viel über den Flächenverbrauch an sich gesprochen; dies war mehr die Illustration, die Sache an sich - das habe ich selbst gesagt - ist das schlichte Kataster, in dem sich Bauherren informieren können. Ich sehe ein Nicken, also wird das so kommen. Sie kennen mich, ich werde gucken, wenn im November noch nichts vorliegt.
Sie haben auf die Nachhaltigkeitsstrategie insgesamt abgestellt. Diese wird, vermute ich, vom Kollegen Willingmann als Klimaschutzminister in Gänze verantwortet, aber jeder, so meine Vermutung, ist für seinen Bereich zuständig. Wenn Sie sagen, nicht alle Ziele, die darin niedergeschrieben sind, sind widerspruchsfrei zu realisieren, könnten Sie dann Beispiele für die Ziele nennen, die nicht widerspruchsfrei sind? Meinen Sie damit, dass es diesbezüglich Widerspruch innerhalb der Landesregierung gibt? Ich bitte um eine Erläuterung.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Wenn man ein Jahr zugrunde legt, in dem Intel realisiert wird, in dem eine Reihe weiterer Investitionen realisiert werden, in dem alle Radwege gebaut werden, die Sie immer haben wollen, in dem Fotovoltaikanlagen im Land gebaut werden, in dem die Windenergie ausgebaut wird usw., dann würde man das Flächenversiegelungs- und Nutzungsziel in diesem Jahr reißen.
Das gilt für eine Reihe weiterer Ziele. Der Bericht bezieht sich nicht nur auf das, worauf Sie jetzt fokussiert haben, sondern es gibt eine Vielzahl weiterer gesellschaftlicher Ziele, die darin dargestellt sind und auch dort gibt es ähnliche Punkte, bei denen man sagen kann, in dem einen Jahr geht das eine und in dem anderen Jahr nicht. Es werden auch immer wieder einmal Widersprüche auftauchen.
Deshalb ist das Thema Landesentwicklungsplanung insgesamt, wenn man sich die Flächen anschaut. wichtig; denn es gibt immer wieder unterschiedliche Interessen, die auf die gleiche Fläche zielen. Dann muss schlicht und ergreifend ein Konsens gefunden werden und dies wird nicht immer ohne Diskussion gehen.