Holger Hövelmann (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich muss erst einmal ein wenig schlucken.
(Ulrich Siegmund, AfD: Die Wahrheit tut weh! - Zuruf von der AfD: Das wundert uns nicht!)
Ich habe bei dem letzten Redebeitrag nicht den Eindruck gehabt, dass es Ihnen um die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegangen ist,
(Christian Hecht, AfD: Doch: abschalten!)
sondern ich habe den Eindruck gehabt, dass es Ihnen ausschließlich darum gegangen ist, dass er nicht das sendet, was Sie gerne wollen, dass er sendet.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Verehrte Kollegen aus der AfD-Fraktion, es ist wiederum nicht der Auftrag, den wir als Politik wahrzunehmen haben, das Programm vorzugeben.
(Christian Hecht, AfD: Aber Lüge und Desinformation, oder was?)
Aber lassen Sie mich zur von der CDU beantragten Aktuellen Debatte kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reformstaatsverträge liegen mittlerweile öffentlich vor. Herr Minister Robra hat dargestellt, worum es inhaltlich geht.
Ich will für die SPD sagen: Aus unserer Sicht ist darin wirklich viel Gutes. Die Staatskanzleien der Länder haben im Entwurf eine ganze Reihe von vernünftigen, zielführenden Überlegungen aufgegriffen, die unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk besser machen können.
Wir begrüßen den Abbau von Doppelstrukturen, die Errichtung gemeinsamer Mediatheken oder die Reduzierung der Zahl der Programme. Das erhöht die Transparenz, das erhöht die Wirtschaftlichkeit des Rundfunks, ohne ihn inhaltlich auszuhöhlen.
Gleichwohl sollte man an einer Stelle, lieber Herr Minister, noch einmal kritisch darauf schauen, und zwar, ob der „KiKA“ in Zukunft tatsächlich nur digital ausgestrahlt werden soll. Ich glaube, viele Eltern wissen das Angebot des „KiKA“ zu schätzen, insbesondere sonntags um 7 Uhr.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)
Manche Großeltern wissen das auch. Deshalb lassen Sie uns darüber noch einmal reden.
Aber im Antrag zur heutigen Aktuellen Debatte geht es um etwas anderes, nämlich um ein Indexmodell, das auf der Fahrt oder auf der Strecke der Verhandlungen der Staatskanzleien im Gespräch ist - der Preis. Die CDU-Fraktion hat in dem Antrag heute klargestellt, dass ein solches Modell aus ihrer Sicht nicht infrage kommt.
Ich werde versuchen, einen etwas differenzierteren Blick auf die Finanzierungsfrage zu legen. Ja, es stimmt: Wenn der Rundfunkbeitrag in Zukunft indexiert würde, dann würden Landtage weniger Spielraum für Eingriffe haben. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, erinnern wir uns: In der Vergangenheit konnten die Parlamente und auch unser Parlament wenig Einfluss nehmen. Streng genommen durften wir den Staatsverträgen nur zustimmen, so zumindest die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, und trotzdem haben wir bei den Debatten buchstäblich um jeden Cent gerungen.
An manchen Stellen ging es nach meinem Eindruck jedenfalls nicht mehr darum, in welcher Höhe der Rundfunkbeitrag gerechtfertigt wäre, sondern es wurden persönliche und politische Kritiken an einzelnen Programmen genutzt, um den Rundfunkbeitrag und dessen Entwicklung an sich zu blockieren. Einen Teil davon haben wir heute schon gehört.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Genau das soll eigentlich nicht passieren. Der Rundfunkbeitrag ist dazu da, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unabhängig von einzelnen politischen Meinungen zu finanzieren. Ob wir nun jede Sendung, jeden einzelnen Ausschnitt gut finden, darf keine Rolle spielen.
Ich will für meine SPD sagen: Glauben Sie nicht, dass wir jede Berichterstattung, die wir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen oder hören, toll finden. Es gibt vieles, was uns nicht gefällt.
(Guido Heuer, CDU: Vor allen Dingen zurzeit!)
Aber bei den Debatten über die Finanzierung tritt es immer wieder auf, dass wir uns über den Inhalt streiten, also über das, was wir gerne wollen, und nicht über das, was eigentlich unsere Aufgabe ist.
Wir wissen alle um die allgemeinen Preissteigerungen in den letzten Jahren. Davon ist auch der Medienbereich betroffen. Ein Index mit einem vernünftig gesetzten Rahmen könnte diese Preissteigerungen für das von uns letztlich bestellte Programm abbilden. Damit würde man die Finanzierung etwas sichern, ohne diese sachfremden Debatten führen zu müssen.
Natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen die Sparbemühungen der Anstalten weitergehen. Aber das hat Grenzen. Schauen wir auf unseren eigenen Sender, auf den Mitteldeutschen Rundfunk. Der MDR besitzt die schlanksten Strukturen aller Rundfunkanstalten.
(Guido Kosmehl, FDP, lacht)
Wir sind in aktuellen Debatten immer wieder stolz darauf, dass wir im Vergleich zu allen anderen so gut dastehen, allerdings nicht immer, wenn wir uns die Anzahl und die Situation der freien Mitarbeiter dort ansehen, zum Vorteil der Beschäftigten. Trotzdem rechnet auch der Mitteldeutsche Rundfunk zukünftig mit erheblichen Defiziten.
Nun kann man sagen, ein Teil davon ist auch mit hohen Pensionsrückstellungen verknüpft. Ja, das ist so. Das haben wir immer wieder kritisch angemerkt. Das ändert aber nichts am Kernproblem. Ohne eine ausreichende und gesicherte Finanzierung wird der Programmauftrag schlechter ausgefüllt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass wir viele Strukturen in Frage stellen und überlegen müssen, wie es besser gehen kann. So etwas ist weder bei einem Hausbau noch bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfach. Ich sehe aber doch deutliche Fortschritte auf der Baustelle.
Wir müssen als Landtag - wir machen das in der Enquete-Kommission sehr verantwortungsbewusst - weiterhin konstruktiv daran mitwirken. Wenn wir dann im nächsten Jahr - Minister Robra hat die Zeitschiene angedeutet - hier im Parlament über die Rundfunkreformen debattieren und möglicherweise auch ein neuer Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorliegt - schauen wir, ob er kommt oder nicht , dann sollten wir darüber nüchtern diskutieren. Das meine ich nicht auf Alkohol bezogen, sondern nüchtern in den Argumenten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachfremde Argumente, wie wir sie auch heute wieder gehört haben, senken selten den Preis, auch wenn er dem einen oder anderen zu hoch erscheint. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)