Chris Schulenburg (CDU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Der Flüchtlingsgipfel vor einigen Tagen war kein großer Gipfel von klaren Ergebnissen, um die Gemeinden und die Landkreise in diesem Lande tatsächlich zu entlasten und um irreguläre Migration einzudämmen.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages beklagte eine - ich zitiere - „Vertagung drängender Probleme“. Und ein weiteres Zitat: „Dieses Treffen war für uns unterm Strich eine ziemliche Enttäuschung.“ - So äußerte sich der Präsident des Deutschen Städtetages. - Ich fasse das einmal zusammen: Die kommunale Familie ist „not amused“. Ähnliche Worte finden sich in der Protokollerklärung der Bundesländer Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Das zentrale Problem ist die fortgesetzte irreguläre Migration. Alle bisher von Bundesseite getroffenen Maßnahmen haben nicht zu einer nachhaltigen Zuzugsbeschränkung geführt. Die vor wenigen Tagen veröffentlichten Kostensteigerungen in den Landkreisen von Sachsen-Anhalt machen deutlich, dass die geplanten Mittel nicht ausreichen und dass die Landkreise nun selbst nachbessern müssen.
Selbstverständlich und auch verständlicherweise richten sich daher die Forderungen der kommunalen Familie in Richtung des Bundes.
Die versprochene 1 Milliarde € - so steht es im MPK-Beschluss - ist an die Digitalisierung gekoppelt. Daher bleibt abzuwarten, was tatsächlich beim Land und bei den Landkreisen ankommt.
Das Problem der sicheren Herkunftsländer ist noch immer nicht gelöst. Beispielsweise bei den Ländern Georgien und Moldawien, wo die Anerkennungsquote gen null tendiert, muss zügig gehandelt werden. Wir dürfen in diesem Punkt einfach keine Zeit mehr verstreichen lassen; denn jeder Einzelne, den wir ohne ein großes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zurückschicken können, ist eine Erleichterung für alle, und zwar erst recht für den deutschen Sozialstaat.
Die Bundesregierung muss den außenpolitischen Druck auf die Länder erhöhen, die kein großes Interesse zeigen, ihre eigenen Leute zurückzunehmen, die Wirtschaftshilfe zurückfahren und Visa-Vergaben erschweren. Das kann ein Bundesland wie Sachsen-Anhalt allein nicht wuppen. An dieser Stelle ist der Bund gefragt, auch im Interesse der anderen Bundesländer zügig aktiv zu werden.
Die gestiegenen Zahlen machen eines deutlich, nämlich dass keine nachhaltigen Aktivitäten auf Bundesebene zu spüren sind. Im Dezember haben wir hier eine Migrationsdebatte geführt. Wen wird es wundern? - Der abzuschiebende 30-jährige Sexualstraftäter aus Afghanistan, der ein junges Mädchen vergewaltigte, ist noch immer in Baden-Württemberg. Ein halbes Jahr lang ist nichts passiert. Das ist die große Rückführungsoffensive von Straftätern durch die Bundesregierung.
Man lässt auf der Bundesebene wieder viel kostbare Zeit verstreichen. Man hat es schon erwähnt. Im Mai, also vor Kurzem, ist viel Papier beschrieben worden und erst im November sollen die nächsten Entscheidungen fallen.
Noch viel unverständlicher sind nach unserer Auffassung die kürzlich abgelehnten Binnengrenzkontrollen nach Polen, nach Tschechien und zur Schweiz durch die Ampelfraktion im Bundestag. Mit jedem aufgegriffenen Schleuser verhindern wir weitere illegale Schleusungen; denn ein erhöhter Kontrolldruck an der Grenze lähmt ein Schleusersystem in Gänze.
Abgeschobene, die versuchen, wieder einzureisen, müssen bereits an der Grenze gestoppt werden. Wenn der Rechtsweg ausgeschöpft wurde, dann darf an der Grenze nicht das Ticket zur freien Fahrt nach Deutschland gezogen werden.
Vor Kurzem hat die Unionsfraktion einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der zum Inhalt hatte, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern; denn oftmals ist es so - die Ministerin hat es erwähnt , dass die zuständigen Landesbehörden die Person zu Beginn der geplanten Rückführungsmaßnahmen nicht antreffen.
Ziel ist es nun, ein kurzfristiges Untertauchen dieser Person zu verhindern. Wir hoffen in diesem Fall auf die Unterstützung unserer Koalitionspartner, der FDP und der SPD.
(Ulrich Siegmund, AfD: Das fällt euch jetzt ein, wo ihr nicht mehr regiert!)
Friedrich Merz hat recht, wenn er die Ergebnisse des Treffens ebenfalls als enttäuschend bezeichnet. Gleichzeitig warnte er: Ohne wirksamen Grenzschutz, Druck auf die Herkunftsstaaten und eine echte Rückführungsoffensive schliddert Deutschland in eine neue Migrationskrise.
Ja, in den Jahren 2015 und 2016 wurden auch Fehler gemacht. Darauf haben wir als CDU-Landtagsfraktion immer hingewiesen.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Wann denn das? - Ulrich Siegmund, AfD: Uh!)
Aber aus Fehlern sollte man bekanntlich lernen.
(Zuruf von der AfD)
Die Integration und die Überführung derjenigen, die in den Jahren 2015 und 2016 zu uns in den Arbeitsmarkt gekommen sind, sind größtenteils nicht gelungen. Deshalb ist schwer nachzuvollziehen, warum weiterhin so schleppend agiert wird.
Wir werden die aktuelle Migrationspolitik auf der Bundesebene weiterhin kritisch begleiten, und zwar so wie wir es in der Vergangenheit immer getan haben. Wir sind in dieser Sache der kritische politische Geist und werden es weiterhin sein.
(Lachen bei der AfD)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU)