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Plenarsitzung

Transkript

Guido Henke (Die Linke): 

Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Kollegin Lüddemann, Sie werden sich erinnern: Ich habe Sie in der vergangenen Woche gefragt, ob diese Debatte nicht entbehrlich ist.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Ja, ich sehe das so. 

Eine Aktuelle Debatte ohne Beschlussvorschlag beklagt den schlechten Zustand der Infrastruktur - ob in Verantwortung des Bundes, des Landes oder der Kommunen. Es ist bereits erwähnt worden: wegweisende konstruktive grüne Anträge heute oder in den laufenden Beratungen zum Landeshaushalt fehlen.

Allein dieses fraktionsübergreifende Bejammern löst die über Jahrzehnte entstandenen Kalamitäten nicht. Auch die Ursachen sind unzureichend beschrieben; ich spreche nicht von grüner Regierungsbeteiligung. Zwar sind physikalische und chemische Prozesse für die Alterung von Bauwerken entscheidend, deren rechtzeitige Unterhaltung und ggf. Ersetzung sind allerdings Ergebnis menschlichen Handelns. Politische Entscheidungen, öffentliche Unternehmen in private Rechtsformen zu überführen oder vollständig zu privatisieren und einem schöngeredeten Wettbewerb um die wirtschaftlichsten Projekte oder auch zeitlichen Verschiebungen auszusetzen, trafen Politiker, auch GRÜNE.

(Zustimmung bei der Linken)

Hier sind kritische Fragen zu stellen. Frau Lüddemann, Sie schlugen vorhin vor, bei der Errichtung eines Brückenbauwerkes einen Fonds einzurichten und dann Geld anzusparen, um den Neubau nach 30 Jahren zu finanzieren. - Das kann doch nicht Ihr Ernst sein? Sie wollen dem Wirtschaftskreislauf Geld entziehen, das Geld der Inflation aussetzen und meinen, auf diese Art und Weise genug Mittel zur Verfügung zu stellen? - Das habe ich als Spaß empfunden.

Die Antragstellerin wünscht sich eine anspruchsvolle Diskussion zu fast allen Teilen der Verkehrsinfrastruktur. Im vorliegenden Landeshaushaltsplanentwurf sind weniger Mittel für Landesstraßenbau und -unterhaltung vorgesehen; wir sprachen schon davon. Stattdessen werden im Landeshaushalt mehr Mittel auch für die klammen Kommunen und für die Instandhaltung ihrer Straßen gebraucht. Für die Landesstraßenbaubehörde sind mehr Mittel und mehr Personal notwendig, jedoch greift in den nächsten zwei Jahren der Einstellungsstopp auch bei der Landesstraßenbaubehörde. Das senkt zwar die Personalausgaben deutlich, könnte das Land aber teuer zu stehen kommen.

(Zustimmung bei der Linken)

Das wären jedenfalls gute und unterstützenswerte Anträge der GRÜNEN gewesen - nichts davon. Jetzt, kurz vor der Bundestagswahl, lassen sich die maroden Straßen, Schwellen und Brücken nicht mehr sanieren.

Und dann sind da noch die Kommunen, die wie in Magdeburg, für Schäden allein aufkommen sollen. Kollege Grube hat das eben sehr ausführlich erläutert; ich kann das kürzer fassen. Bei der Verantwortung der Kommunen fällt mir ein, Frau Ministerin: Sie schulden mir noch eine Antwort auf die Frage, wer die Kosten für Ertüchtigung und Wiederherstellung der Kreisstraße 1163 im Bördekreis übernimmt. Das ist diejenige Straße, die am High-Tech Park vorbeiführt und als Baustraße unbedingt gebraucht wird. Der Landkreis sagt: Wir lassen uns diese Straße weder zerfahren noch richten wir die her noch bauen wir die wieder neu.

(Zuruf von Ministerin Dr. Lydia Hüskens)

Darauf brauche ich noch eine Antwort, es ist schon fast sechs Wochen her, als ich Sie das gefragt habe; das war noch im vergangenen Jahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für Bau- und Infrastrukturprojekte ist langfristige Planungssicherheit unerlässlich. Ein Denken in Zeiträumen von Haushaltsplänen oder in der Laufzeit von Fördermittelprogrammen genügt überhaupt nicht.

Lassen Sie mich kurz beim Thema Fördermittel ein bisschen abschweifen. Was mich als Kommunalpolitiker regelmäßig ärgert, ist, wenn Minister einschweben, ein Fototermin gemacht wird, huldvoll Fördermittelbescheide übergeben werden und das Ganze als Wirtschaftsförderung verkauft wird. Das hilft uns Kommunen herzlich wenig, weil wir keine langfristige Planbarkeit haben. Davon müssen wir wegkommen.

(Zustimmung bei der Linken)

Zum Thema Bahnanlagen: Vor fast 30 Jahren wurde die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft gegründet. Ich hatte das schon mehrfach kritisiert. Eine Aktiengesellschaft hat das gesetzliche Ziel, Rendite zu erwirtschaften und nicht, einen Versorgungsauftrag laut Grundgesetz zu erfüllen. Ein Wettbewerb auf der Schiene ist sowieso Unfug und nicht möglich.

Auch die DB InfraGO AG, auch wieder eine Kapitalgesellschaft, als neuer Generalsanierer gewinnträchtiger Bahntrassen zeigt kein Umdenken, sondern nur ein Umleiten von Zügen auf andere überlastete Strecken. Die Kosten für die gescheiterte Abellio-Auftragsübergabe und die Rückabwicklung und jetzt DB Start     Nur mal so, wenn wir von Entbürokratisierung sprechen: Allein für das Haushaltsjahr 2026 sind im aktuellen Entwurf 820 000 € für Vertrags- und Ausschreibungsmanagement der NASA GmbH vorgesehen. Die Frage ist: Kann man das nicht anders machen?

Wir haben keine Lehren gezogen. Die Autobahn GmbH des Bundes ist auch eine Kapitalgesellschaft. Warum wurde die geschaffen? Um einen neuen Schattenhaushalt zu ermöglichen, um privaten Investoren Anlagemöglichkeiten zu bieten - als größter Autobahnbetreiber des Landes. Ja, aber wir feiern uns, dass wir eine Niederlassung davon haben auf Kosten von Neuerrichtung. Allein für den Neubau der notwendigen Straßenbaumeisterei Bernburg sieht der Landeshaushalt bis 2027  20 Millionen € vor. Ich habe nicht oft Anlass, der „Mitteldeutschen Zeitung“ Beifall zu klatschen, aber als dort von einer Geldverschwendungs-GmbH geredet wurde, konnte ich dem nur zustimmen.

(Zustimmung bei der Linken)

Wir haben eine bewährte Struktur der Zusammenarbeit der Straßenmeistereien zerschlagen, um für teuer Geld neue Parallelstrukturen zu schaffen.

Nach Angaben jener Autobahn GmbH nutzt ein einzelner Lkw die Straßen mehr ab als Tausende Pkw. Hier leiden die Brückenbauwerke besonders. Aber die GRÜNEN haben als hiesige Regierungskoalitionäre die Zulassung des Euro-Trailers am 8. Dezember 2016 mit beschlossen - das sind diese ewig großen schweren Monster. Und die FDP-Kollegen einschließlich ihrer Verkehrsministerin setzen sich für die Zulassung der Giga-Liner ein. Das soll Verkehr reduzieren und entlasten. Die Brückenbauwerke werden das, denke ich, nicht so darstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Woche wurde ein ungewöhnliches Bündnis zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und dem VDV, dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, bekannt. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern sie eine langfristige, kostendeckende Finanzierung und gute Vergütungen für die Mitarbeiter. Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft werden in den nächsten zehn Jahren insgesamt 127 Milliarden € benötigt, davon mindestens 60 Milliarden € für das Schienennetz und 28 Milliarden € für den ÖPNV. Das schreit nach langfristiger Planung weg von Aktiengesellschaften und GmbHs.

(Beifall bei der Linken)

Leider - das ist mein Fazit aus der heutigen Debatte - bleibt das Hauptproblem bestehen: das sogenannte marktwirtschaftliche Herangehen, eben nicht Mobilitätssicherung, nicht Versorgungsauftrag. Im Vordergrund steht Artikel 87e Abs. 4 des Grundgesetzes. Danach ist den Verkehrsbedürfnissen Rechnung zu tragen; genau das passiert nicht. Wir erleben Personalabbau, Verschlankungen, Einsparungen mit dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung, die ursächlich sind für das beklagte Defizit. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.